Geschäft mit Afrika: Europa entdeckt den Kontinent der Chancen

Österreichs innovative Weltmarktführer wie Waagner-Biro sind seit Jahrzehnten in Afrika tätig. Hier ist eine Brücke der Firma im Senegal zu sehen. 
Die Chinesen sind längst da, der EU haben erst Ukraine-Krieg und Pandemie die Augen für andere Märkte geöffnet: Was Afrika braucht - und was innovative österreichische Firmen zu bieten haben.

Einseitige Abhängigkeiten von Russland oder China sind gefährlich: Das ist die Lehre der EU aus Pandemie und Ukraine-Krieg. Jetzt ist Diversifizierung angesagt, was die Augen für den von der EU lange vernachlässigten afrikanischen Kontinent öffnete.

Mittlerweile hat eine rege Besuchsdiplomatie europäischer Politiker nicht nur in Nordafrika, sondern auch in den Subsahara-Ländern begonnen. Es ist ein Wettlauf um Geschäftsbeziehungen. Die Reise von Bundeskanzler Karl Nehammer diese Woche nach Angola, Ghana und Ägypten ist eine Folge davon.

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Chinas Macht

Das ist auch für Afrika gut, sind doch große Teile des Kontinents viel zu stark auf China angewiesen. Die kapitalistische Diktatur geht strategisch und rücksichtslos vor, ist mittlerweile Besitzer von Infrastruktur wie Häfen und hat die Hand auf vielen Bodenschätzen. Auch betrachtet es Afrika als Abnehmer für Billigstware und als Aufmarschgebiet für die eigenen Arbeitsbrigaden. Chinesische Firmen nehmen nicht nur die eigenen Arbeiter, sondern oft sogar die eigenen Köche für die Versorgung ihrer Leute auf den Baustellen mit.

Vieles ist in Afrika mittlerweile chinesisch angeschrieben. Die Weltbank warnt vor diesen Abhängigkeiten seit vielen Jahren. Doch die meisten afrikanischen Länder haben niedrige Produktivität und hohe Verschuldung, die Inflation ist gerade wieder (auch durch den Ukraine-Krieg) enorm. Sie brauchen Investoren, da bot sich China an.

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Österreichs Know-how

Untätig waren europäische Unternehmen aber nicht. In der Alpenrepublik wird unterschätzt, wie viele österreichische Firmen mit Weltruf längst in Afrika tätig sind, etwa die Voest, Andritz, Alpla oder die auf die Errichtung von Gesundheitseinrichtungen spezialisierte Vamed. Sie hat seit 1985 bereits 100 Spitäler auf dem afrikanischen Kontinent errichtet. „Billiger als die Chinesen zu sein ist nicht unsere Kernkompetenz“, sagt Afrika-Direktor Thomas Hinterleitner. „Wir sind nachhaltig und gescheit. Bei uns steht der Workflow im Vordergrund und nicht das Gebäude. Daher können wir kleinere Einheiten bauen.“ In Afrika sei es aber wichtig, „vor Ort zu sein“. Daher begrüßt Hinterleitner auch die neue österreichische Besuchsdiplomatie: „Das wird extrem wertgeschätzt, wenn ein Staatschef selbst kommt. Das wird Brücken bauen.“

Apropos Brücken: Waagner-Biro hat in den vergangenen Jahrzehnten 60 Stahlbrücken allein in Angola errichtet. Die Voest wiederum sieht das große Schienengeschäft, denn der öffentliche Verkehr muss dringend ausgebaut werden. Noch ist der Kontinent quasi „Autoland“, man steckt überall im Stau.

Bevölkerungsexplosion

Riesige unbewältigte Themen sind Bildung, Bürgerkriege wie der aktuelle im Sudan, Kampf gegen Terror (bei dem manche Regionen sogar auf die brutalen russischen Wagner-Söldner setzen) sowie die Lebensmittelversorgung des weiter explosiv wachsenden Kontinents. Bis 2050 wird sich die afrikanische Bevölkerung auf 2,5 Milliarden verdoppelt haben. Die meisten Länder sind auf Importe angewiesen, weil die Landwirtschaft zu wenig industrialisiert ist. Fast immer herrscht kleinbäuerliche Struktur. Das muss sich ändern: eine Chance für österreichische Agrartechnik-Betriebe.

Missernten vorbeugen

Darauf setzt der Steirer Gottfried Pessl, dessen auf Wetterstationen und Software spezialisierter Betrieb ein Hidden Champion ist. Er will 100.000 Wetterstationen im Franchise-System auf dem ganzen Kontinent errichten. Für die Produktion gründet er gerade ein Werk in Südafrika. „Man braucht Partner, die gut im Land etabliert und keine Abenteurer sind“, erzählt er dem KURIER. Die handlichen Geräte messen Temperatur, Luft- und Bodenfeuchtigkeit, werden um 300 Euro pro Jahr vermietet, sind digital mit der Steiermark verbunden und schaffen kleine Jobs vor Ort, weil sie serviciert werden müssen. „Gute Wetter-Apps wie bei uns gibt es in Afrika nicht“, sagt Pessl. Die Geräte können Missernten und damit Hungersnöte vermeiden helfen.

Sprich: Die Probleme des Kontinents sind groß – die Chancen aber auch.

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