New Orleans nach dem Hurrikan: Diesmal hielten die Dämme

New Orleans nach dem Hurrikan: Diesmal hielten die Dämme
Mit 240 km/h ist „Ida“ auch durch New Orleans gedonnert und hat gewaltige Schäden hinterlassen. Die Katastrophe – wie einst bei Katrina – blieb aber aus

„Ida“ ist weg – und New Orleans sitzt auf den Trümmern des Hurrikans, der die Küsten des US-Bundesstaates Louisiana mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 240 km/h malträtiert hat. Nach ersten Bestandsaufnahmen hält sich die Zahl der Todesopfer bisher in Grenzen. Ein 60-jähriger Mann wurde von einem umstürzenden Baum tödlich verletzt. Auch die meisten Deiche, die zum Schutz der über 300 Jahre alten Stadt erneuert wurden, scheinen weitgehend gehalten zu haben. Dabei war die Zerstörungskraft des als Hurrikan der Kategorie 4 an Land gegangenen Monster-Sturms so immens, dass die 400.000 Einwohner von New Orleans im Dunkeln sitzen: Stromausfall.

New Orleans nach dem Hurrikan: Diesmal hielten die Dämme

Eine Million ohne Strom

Im gesamten Bundesstaat sind eine Million Menschen betroffen. Der Energieversorger Entergy bestätigte, dass „Ida“ zentrale Hochspannungsmasten gefällt habe. Die Reparaturarbeiten könnten Wochen dauern. Heißt: Wer keinen Notstrom-Generator besitzt, für den wird der schwül-heiße Spätsommer zur Qual. Gerade für die Krankenhäuser, die wegen Corona kaum mehr freie Betten haben, eine große Herausforderung. Auch die Mobilfunk-Netze und das 911-Notruf-System der Polizei funktionierten streckenweise am Montag immer noch nicht.

Abgedeckte Hausdächer

Im Morgengrauen bekamen Rettungsdienste bestätigt, was zuvor nur Live-Bilder von Web-Kameras im Stadtgebiet abgeliefert hatten: Bäume, die wie Streichhölzer umgeknickt waren. Abgedeckte Hausdächer. Aus dem Rahmen gedrückte Fensterscheiben an mehreren Bürogebäuden. Autos, die bis zum Schiebedach unter Wasser stehen. Abgerissene Balkone und Metall-Balustraden im Amüsier-Viertel French Quarter. Etliche eingestürzte Gebäude. Darunter auch das historische „Karnofsky“-Geschäft an der South Rampart Straße. Hier hatte Louis Armstrong mit Kohle und Schrott gearbeitet, bevor er zur trompetenden Jazz-Legende wurde.

Angst vor Umweltgiften

Noch unklar ist, ob die rund 600 Lagerstätten chemisch-toxischer Substanzen, die im Pfad von „Ida“ lagen, den Sturm überstanden haben. Umweltschützer befürchten eine „Katastrophe in der Katastrophe“. Die Öl-Industrie hatte früh Vorkehrungen getroffen. Im Golf von Mexiko wurden fast 300 Bohr-Plattformen evakuiert. Die Produktion stand still. Weshalb die Benzinpreise in den nächsten Wochen in Louisiana steigen werden.

New Orleans nach dem Hurrikan: Diesmal hielten die Dämme

Alles für Wiederaufbau

Präsident Joe Biden ließ sich stündlich unterrichten und versprach: „Sobald der Sturm vorüber ist, werden wir die ganze Macht dieses Landes für Rettung und Wiederaufbau einsetzen.“

Wie ein Supenteller

„Ida“ kam auf den Tag genau 16 Jahre nach „Katrina“ nach New Orleans. 2005 hielten an 54 Stellen Dämme, Deiche und Fluttore der Urgewalt nicht stand. Binnen Stunden standen fast 80 Prozent des Stadtgebiets – das sich wie der tiefe Teil eines Suppentellers darstellt – unter Wasser. Über 1.800 Menschen starben, Sachschaden: 130 Milliarden Dollar. Später stellte sich heraus, dass das für die Deiche verantwortliche „Ingenieurkorps der Armee“ für haarsträubende Konstruktionsmängel und Schlendrian beim Unterhalt des veralteten Schutzsystems verantwortlich war. Seither wurden 15 Milliarden Dollar in neue Deiche, ein gewaltiges Pumpwerk, etliche Fluttore und eine fast drei Kilometer lange und 1,60 Meter hohe Staumauer investiert. Nach ersten Einschätzungen hat das neue System „Ida“ erfolgreich getrotzt.

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