Warum sich drei Forschungszentren vernetzen

Warum sich drei Forschungszentren vernetzen
Wien, Graz und Innsbruck wollen ihre jeweiligen Krebs-Schwerpunkte gemeinsam nutzen und Forschung und Therapien vorantreiben.

Sogenannte Tumorboards, bei denen mehrere Experten die beste Therapie für den jeweiligen Krebspatienten besprechen, sind in Österreich auf regionaler Ebene längst üblich. Das bewährte System soll zukünftig auch im Forschungsbereich zum Nutzen der Patientinnen und Patienten eingesetzt werden. Das ist nur ein Aspekt, von dem Tumorpatienten in Zukunft im Rahmen des neu gegründeten „Austrian Comprehensive Cancer Network“ (ACCN) profitieren können.

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Expertise wird gebündelt

Konkret soll mit dem Zusammenschluss der drei bestehenden Comprehensive Cancer Center (CCC) an den Medizinischen Universitäten Wien, Graz und Innsbruck deren jeweilige Expertise in der Krebsforschung gebündelt werden. Für Martin Polaschek, Minister für Bildung, Wissenschaft und Forschung, ist das Netzwerk „ein Leuchtturmprojekt“. Die vertiefte Zusammenarbeit ermögliche unter anderem eine verbesserte Koordination der Forschenden über deren jeweilige Spezialisierung hinaus. Für den Onkologen Dominik Wolf, Leiter des CCC an der MedUni Innsbruck ein logischer Schritt. „Krebs ist eine sehr komplexe Erkrankung, er arbeitet immer als Netzwerk. Daher müssen auch wir vernetzt arbeiten.“

Zumal auch komplizierte Krebsformen zunehmen. Im CCC Innsbruck steht etwa die Lungenkrebsforschung im Zentrum, in Wien jene von Prostatatumoren, und in Graz liegt der Schwerpunkt in der aufgebauten Biodatenbank mit 900.000 Gewebeproben.

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Fortschritte will man nutzen

Besonders Biobanken „haben einen sehr großen Wert für eine individualisierte Medizin. Die technologischen Fortschritte jedes Standorts können wir durch das nun gegründete Netzwerk besser nutzen“, erklärt Urologe und Prostatakarzinom-Experte Shahrokh Shariat, Leiter des CCC Wien.

Das könnte zum Beispiel so aussehen, dass das Gewebe eines komplizierten Prostata- oder Lungenkarzinoms auf molekularer Ebene im Labor auf Biomarker untersucht wird. In einem gemeinsamen Tumorboard diskutieren die CCC-Experten dann die Behandlung des Patienten – und da könnte aufgrund der gesammelten Forschungsergebnisse eine Therapieoption abseits der bestehenden, zugelassenen ein besseres Ergebnis bringen.

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Zusammenarbeit wird bereits gelebt

In der alltäglichen Versorgung wird die Zusammenarbeit an den Medizinischen Universitäten bereits gelebt, betonen die Experten unisono. Doch für die Forschung und spezielle Bereiche wie etwa die Präzisionsonkologie sind größere Strukturen und mehr Daten notwendig. Urologe Shariat beschreibt den Plan hinter dem Zusammenschluss so: „Ein Patient in einer Region in Österreich soll vom gesamten nationalen Wissen der CCCs profitieren.“

Onkologe Philipp Jost, CCC-Leiter in Graz, betont zudem die Bedeutung der Früherkennung für das Netzwerk. „Die Rate muss erhöht werden. 50 Prozent der Lungentumore wären heilbar, wenn sie früher behandelt werden.“

Und: „Es geht auch darum, die Lebensqualität zu erhöhen und mit Patientenorganisationen zusammenzuarbeiten.“ Ebenso sind wissenschaftliche Studien ein Ziel von ACCN. Oft fehlen im kleinen Österreich die nötigen großen Datenmengen, sagt Shariat. „Gemeinsam haben wir diese aber und können sie nutzen.“ingrid teufl

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