Kaum ein Stadion wäre gebaut, keine Weltmeisterschaft veranstaltet, keine Bewerbung für Olympische Spiele abgegeben worden – wenn sich nicht ein Machthaber etwas davon versprochen hätte. Welch lange Liste an mutmaßlich instrumentalisierten Sportevents (von Berlin 1936 bis Peking 2022) es gibt, erspare ich Ihnen an dieser Stelle.
Wenn jetzt aber Veranstalter Akteuren und Medien weismachen wollen, dass Sport unpolitisch sei und das doch bitte auch in Zukunft bleiben soll, dann sei ihnen gesagt: Dieser Zug ist längst abgefahren. Aber das wissen FIFA, IOC und Regierungen natürlich. Sport soll Menschen vereinen, im Idealfall die nationale Identität stärken.
„Lasst die Spieler doch einfache Fußballer sein“, hatte der iranische Trainer auf die Fragen der Journalisten geantwortet, die wissen wollten, wie seine Team-Mitglieder denn zu den Anti-Regime-Protesten in der Heimat stehen. „Konzentrieren wir uns auf den Sport“, hatte die FIFA in einem offenen Brief vor Beginn des Turniers gefordert.
Spannend. Denn Gastgeber Katar macht mit dieser Weltmeisterschaft nichts anderes als Politik. Die Veranstaltung der Fußball-WM ist Teil eines großen politischen Vorhabens namens Vision 2030. Das wichtigste Motiv der katarischen Außenpolitik ist es, sich weltweit einen Namen zu machen, sich zu vernetzen, unverzichtbar zu werden. Die Regierung setzt dabei auf eine Reihe von Strategien. Eine davon ist es, ganz viele Sportevents ins Land zu holen. Andere sind etwa der Gasexport, wirtschaftliche Investitionen, die militärische Zusammenarbeit mit den USA und die Afghanistan-Hilfe.
Auch im Iran wurde die Brücke zwischen Sport und Politik nicht zuerst von den Athletinnen und Athleten geschlagen, die sich kritisch gegen das Regime geäußert haben. Seit Jahren versucht das Regime dort, sich den Sport und insbesondere das populäre Nationalteam einzuverleiben. Das gipfelte in der Bestellung eines mächtigen Mitglieds der Revolutionsgarden zum Verbandspräsidenten.
Ja, Sport ist natürlich auch ein Instrument der Politik. Manchmal mehr, manchmal weniger. Und selbstverständlich ist es einfacher, Einfluss auf den Sport auszuüben, wenn dieser von der breiten Masse nur als Spiel wahrgenommen wird. Dass es aber gerade bei dieser WM nicht nur um Sport geht, das müsste jetzt allen bewusst sein.
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