Die 10er Jahre: Besser, schneller, reicher, gieriger, unmoralischer im Sport
Bernhard Hanisch
29.12.19, 05:01War es mutig? Irgendwie schon. Kam es überraschend? Leider auch.
Am Ende der 2010er-Jahre outen sich österreichische Fußballerinnen. Frauen lieben Frauen. Tatsächlich. Was eigentlich in fortschrittlichen Zeiten wie diesen kommentarlos zur Kenntnis genommen werden müsste, löst noch immer einen Orkan der Reaktionen aus. Überwiegend positiv zwar, aber nur ein ernüchterndes Beispiel des Selbstbetrugs, mit dem sich die Menschheit durch die letzten Jahre gemogelt hat.
Normal ist nämlich noch gar nichts. In einer angeblich so offenen Gesellschaft und überhaupt im Sport, der sich gerne damit begnügt, nur ein Spiel mit den Emotionen zu sein.
Keine Gelegenheit lassen viele seiner wichtigsten Vertreter aus, Sauberkeit zu propagieren, eine sportliche Disziplin ist, unter dem Deckmantel der stets Völker vereinenden Wirkung um jede gesellschaftliche wie politischen Verschmutzung die Kurve zu kriegen. In dem zu Ende gehenden Jahrzehnt hat der Sport Großartiges zum allgemeinen Wohlbefinden beigetragen, sich aber auch der hemmungslosen Geschäftemacherei ausgeliefert, oder sich im Streben nach der Übermacht unerlaubter Mittel bedient.
Oftmals als Produkt des Irrsinns wurde kritisiert, eine Fußball-Weltmeisterschaft in die Wüste zu schicken. Egal, sie wird im Jahr 2022 stattfinden. Verkauft wurde das Spektakel an den Höchstbieter und in Katar mit vielen Todesopfern vorbereitet.
Spielerisch attraktiver, präziser und offensiver geworden sind die größten Ligen dieser Welt, doch die mit Milliardenbeträgen finanzierte Fußball-Industrie hat sich von den Bedürfnissen der Fans entfernt. Unantastbar blieben die Luxusprodukte Messi und Ronaldo im hoch bezahlten Business. Ein vom Schmerz gepeinigter, sich über halbe Fußballfelder kugelnder 200-Millionen-Mann aus Brasilien und ein Steak in Gold-Panier verzehrender Franzose fraßen sich als Nebeneffekte eines entrückten Systems in die Erinnerung.
Wer zahlt, schafft weiterhin an. Gut hat sie bisher funktioniert, die auf die Spitze getriebene Werbung der Funktionäre mit der Unschuld des Sports. Und Geldgeber aus Ländern, die Menschenrechte mit Füßen treten, bedienen sich vor allem der weltweit populärsten Sportart, weil es ihnen gerade in den politischen Kram passt.
Doch die globalisierende Vernetzung hat auch entlarvt, dass ein staatlich gesteuertes Dopingsystem nicht mehr unter dem Teppich verschwinden kann. Und gewachsen ist die Empörung darüber, Großveranstaltungen zu oft an undemokratische Regime zu vergeben, weil diese jede Gigantomanie erfüllen.
Verunreinigung
Die vergangene Epoche hat den Sport auf eine Gratwanderung geführt, in den 20ern wird es darauf ankommen, das Gleichgewicht zu halten. Österreich hat mit Hirscher und Thiem erlebt, wie wichtig es im politischen Gewirr geblieben ist, Vorbilder zu haben. Der Sport lieferte sie.
Allerdings muss die globale Macht des Sports in den Zwanzigern abseits von Toren, Metern und Sekunden viele Punkte sammeln. Eine Reaktion auf den Klimawandel wird erwartet. Das Publikum wird ganz genau hinsehen.
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