Kommentar zur Absage im Kunsthistorischen Museum: Unfeine Künste

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KunstStoff. Eike Schmidts Kehrtwende ist ein Skandal . Sabine Haag verdient Dankbarkeit. Und einen neuen Vertrag.
Georg Leyrer

Georg Leyrer

Dass derjenige, der eines der wichtigsten Museen der Welt, das größte Österreichs, einen weltweiten Touristenmagneten und ein Aushängeschild des Landes, dass also derjenige, der dieses Haus übernehmen soll, einen Monat vor Amtsantritt absagt, das ist, man kann es nicht anders sagen, eine Sauerei.

Eike Schmidt galt vor seiner Designierung als karrierebewusster Jobhopper, der seine Laufbahn steil nach oben anlegte, es kaum wo lange aushielt und es am Weg oftmals eilig hatte.

Kaum aber war er als Nachfolger von Sabine Haag im Kunsthistorischen Museum designiert, begann er herumzudrucksen. Und zwar im Grätschgang: Den italienischen Medien erzählte er verlässlich, dass er an einer Verlängerung in Florenz interessiert sei.

Den heimischen Medien, die dann bei ihm nachfragten – auch dem KURIER –, sagte er verlässlich, dass er natürlich nach Wien komme.

Und nun kommt er also nicht. Für ihn war das Kunsthistorische Museum nur Verhandlungsmasse in Florenz.

Das hinterlässt nicht nur verbrannte Erde in Österreich, wo Schmidt nun sicher keinen Fuß mehr auf den Boden bekommen wird. Wenn ein Diplomat wie Alexander Schallenberg in seiner Reaktion auf die Absage die Verärgerung derart deutlich spüren lässt, dann heißt das etwas.

Es hinterlässt auch eine beschädigte Institution: Das KHM, Hort des Habsburgerschatzes, musste sich bei der Bestellung Schmidts einem nicht ganz unberechtigten Urteil stellen.

Dass das Haus nämlich ein wenig den Anschluss verloren hat, dass die Strahlkraft nicht mehr so groß ist, wie sie sein könnte.

Der aber, der für diese Strahlkrafterneuerung nun hätte sorgen sollen, pfeift drauf.

Und alle Augen richten sich nun auf jene, der die Politik das Misstrauen ausgesprochen hat, die Noch-Direktorin Sabine Haag. Die hat bereits seit Jahresbeginn das Haus mit geringerem Gehalt weitergeführt, bis Eike Schmidt hätte kommen sollen. Derartiges Pflichtbewusstsein angesichts der eigenen Abwahl legt wahrlich nicht jeder an den Tag.

Nun soll sie schon wieder einspringen.

Warum eigentlich?

Sie wurde vom damaligen Kulturminister Thomas Drozda (SPÖ) düpiert. Der lud sie ein, sich für eine Verlängerung zu bewerben, nur um dann wenige Wochen vor der Nationalratswahl 2017 einen neuen Direktor zu präsentieren.

Was damals die für die Wahl wichtigen Titelseiten gab – bei einer Verlängerung Haags hätte es die natürlich nicht gebracht.

Es wurde also schon damals das KHM der Politik geopfert.

Nun liegt auch noch der Verdacht nahe, dass die Prüfung Schmidts, mit dem Wahltermin vor Augen, nicht nach allen Regeln erfolgt ist – sonst hätte ein derartiger kulturpolitischer Super-GAU, wie er nun stattgefunden hat, wohl nicht passieren können. Übrigens am Tag nach Drozdas Rücktritt als SP-Geschäftsführer.

Wenn Sabine Haag nun wieder den KHM-Karren aus einem Dreck ziehen soll, für den sie nichts kann, dann werden alle Beteiligten gut daran tun, der Direktorin die entsprechende Dankbarkeit zu signalisieren. Und ihr noch einen echten Vertrag zu geben.

Die Wiener gehen, man kennt den Spruch, nur zweimal im Leben ins KHM. Haag tat das Ihre, um das zu ändern. Mehr geht immer. Aber jetzt braucht das Aushängeschild der „Kulturnation“ einmal eine Zukunftsperspektive, die mehr ist als ein Wahlsignal.

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