Ein Schlag gegen die Staatsspitze mit Folgen

Ein Schlag gegen die Staatsspitze mit Folgen
Die Hausdurchsuchungen im Kanzleramt, dem Finanzministerium und der ÖVP-Zentrale sind der Höhepunkt in den Ermittlungen gegen die Volkspartei. Sie werden jedenfalls nicht folgenlos bleiben.
Richard Grasl

Richard Grasl

Jetzt ist klar, warum die ÖVP in den vergangenen Tagen so nervös wirkte. Die eigenartig anmutenden Pressekonferenzen der stellvertretenden Generalsekretärin Gaby Schwarz und von ÖVP-Frontmann Andreas Hanger waren offenbar der Versuch, die heute stattgefundenen Hausdurchsuchungen schon im Vorfeld als parteipolitisch motiviert zu diskriminieren.

Sie sind jedenfalls eine innenpolitische Bombe: Beschlagnahmungen von Laptops und Handys, vermutlich auch von Akten, im Umfeld eines Kanzlers kommen alle paar Jahrzehnte vor. Dass die Justiz grundsätzlich auch vor höchsten Amtsträgern keine Scheu hat, ist gut. Auch in anderen Ländern wird regelmäßig gegen Regierungschefs ermittelt, siehe Israels Premierminister Bibi Netanyahu oder Frankreichs Ex-Präsident Nicolas Sarkozy.

Doch die Justiz muss dafür auch ihre Gründe offenlegen. Denn Zwangsmaßnahmen können nur eines der letzten Mittel sein, um Ermittlungen voranzutreiben. In höchsten Regierungskreisen sind sie besonders sensibel. Und sie darf nicht den Eindruck erwecken, dass sie nur in eine Richtung gehen oder gar parteipolitisch motiviert seien.

Da muss sich die Staatsanwaltschaft auch Fragen gefallen lassen, wie: Warum wurde nach Straches Ibiza-Aussagen, in denen er über korrupte Parteienfinanzierung der FPÖ über Vereine sprach, nicht auch die FPÖ-Zentrale gefilzt? Und wo waren die Korruptionsjäger in der Zentrale der Wiener Grünen oder im Vizebürgermeister-Büro, als deren Planungssprecher offenbar im Zusammenhang mit vermeintlichen Spenden an seinen Verein das umstrittene Heumarkt-Projekt vorantrieb? 

Der heutige Schlag im Kanzleramt und in der ÖVP muss von der Leiterin der Korruptionsstaatsanwaltschaft, Ilse-Maria Vrabl-Sanda, erklärt werden. Sie hat monatelang dazu geschwiegen. Und klar ist auch, dass er Folgen haben wird: Wenn etwas strafrechtlich Relevantes gefunden wird, für die ÖVP. Wenn nichts gefunden wurde, wohl aber auch für die Behörde selbst.

Ergänzung um 15.18 Uhr:

Die Justiz muss nichts mehr erklären. Die Anordnung über die Hausdurchsuchung liegt mittlerweile in so gut wie allen Zeitungsredaktionen vor. Sie erhält ein dichtes Netz an Indizien, dass Thomas Schmid, ein Mitarbeiter aus dem Finanzministerium, die engsten Berater und Mitarbeiter von Kanzler Kurz über wohl illegale Machenschaften mit Umfragen und Inseraten gegenüber der Tageszeitung Österreich Bescheid wussten. Und dass auch Sebastian Kurz zumindest in diese Chats eingebunden war. Erklären muss sich nun der Kanzler.

Kommentare