Der Gottesstaat hat leichtes Spiel mit dem Westen

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen traf  iranische Aktivistinnen – einer wurde ein Auge ausgeschossen
Angesichts der Brutalität im Iran waren Aufschrei und Anteilnahme im vergangenen Jahr groß. Die Weltpolitik klopfte dem Mullah-Regime auf die Finger - mit einer Feder.
Laila Docekal

Laila Docekal

Die Mullahs haben die schlechteren Karten, aber sind offenbar besser beim Pokern: Als die „Frau, Leben, Freiheit“-Bewegung vor genau einem Jahr losgebrochen ist, war die Anteilnahme aus Europa und den USA noch groß: Bilder von brutalen Übergriffen, über 20.000 Inhaftierte und Berichte über unvorstellbare Vergewaltigungsrituale und Folter in den Gefängnissen brachten das Regime der Islamischen Republik Iran in Bedrängnis. Der Aufschrei war so groß, dass das Land aus der UN-Frauenrechtskommission ausgeschlossen wurde. Es gab Sanktionen gegen einzelne Organisationen und Mitglieder der berüchtigten Revolutionsgarden. Die Weltpolitik klopfte dem Regime auf die Finger – mit einer Feder.

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Die Forderung der Diaspora und führender Vertreter der Oppositionsbewegung (darunter Friedensnobelpreisträgerin Shirin Ebadi oder der Sohn des letzten Schahs, Reza Pahlavi), die Revolutionsgarden auf die Terrorliste zu setzen, wurden trotz großer Zustimmung im EU-Parlament nicht umgesetzt. Zu groß war die Angst vor einer Atommacht Iran, wo die Mullahs nach wie vor einen Countdown zur Zerstörung Israels ausgerufen haben. Die zweifelhafte Handschlagqualität wird bei den Bemühungen um den ohnehin schon fast endgültig gescheiteren Atom-Deal ausgeblendet. Zu groß sind auch die wirtschaftlichen Bande – immerhin ist Deutschland der größte Handelspartner Irans in Europa. So stammt inzwischen sogar die Technologie, mit der die Kopftuchpflicht auf den Straßen überwacht wird, aus Deutschland. Dass der Iran Russland mit Drohnen für den Ukrainekrieg versorgt, wird zur Kenntnis genommen.

Die Mullahs wissen ihre Karten auch mithilfe von internationalen Geiseln gut auszuspielen: Ob Doppelstaatler, Touristen oder humanitäre Helfer – Schweden, Briten, Deutsche, Franzosen, Kanadier, US-Amerikaner werden unter dem Vorwand der Spionage festgenommen und zu jahrelangen Haftstrafen verurteilt. Und kommen nur im Tausch gegen im Westen verurteilte Terroristen und/oder sehr viel Geld wieder frei. Zwei Österreicher wurden im Juni befreit, einer sitzt noch immer im Iran fest.

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Aktuell geben die USA sechs Milliarden Dollar an eingefrorenen Geldern frei, um inhaftierte Bürger freizubekommen. Geiseldiplomatie, die sich für den Iran lohnt: Kein Wunder, dass nun wieder ausländische Staatsbürger festgenommen wurden. Im Staatsfernsehen werden dann gerne – meist unter Folter erpresste – Geständnisse gesendet.

So wird das nichts mit dem Ende des Terrors. Und man sollte sich nicht wundern, dass die Menschen davor fliehen.

laila.docekal@kurier.at

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