Terrorist gegen EU-Bürger: Die Geiselgeschäfte der Mullahs

Terrorist gegen EU-Bürger: Die Geiselgeschäfte der Mullahs
Ein Ex-Diplomat aus Wien hatte einen Terroranschlag geplant und saß dafür in Belgien in Haft – nun wurde er gegen einen Belgier getauscht, der wegen „Spionage“ im Iran inhaftiert war. Das hat System.

Der Stein kam Anfang Mai ins Rollen: Im Iran wurde der schwedisch-iranische Staatsbürger Habib Chaab hingerichtet – vorgeblich als arabischer Terrorist. Chaab hatte sich aus dem Exil für Minderheitenrechte eingesetzt.

Seine Exekution war ein „Befreiungsschlag“ des Mullah-Regimes aus der internationalen Defensive: Der Atom-Deal stockt, die EU droht seit Monaten damit, die gefürchteten Revolutionsgarden auf die Terrorliste zu setzen – das wäre ein schwerer Schlag gegen die Wirtschaftsmacht im Iran. Der Tod von Chaab hat das Blatt gewendet: Laut dem Diaspora-Sender hält das Land derzeit etwa 25 EU-Bürger als Geiseln. Darunter sind viele Doppelstaatsbürger (Iraner können ihre Staatsbürgerschaft nicht ablegen), aber auch Mono-Staatsbürger. Drei Österreicher werden derzeit im Iran festgehalten, zwei davon im berüchtigten Evin-Gefängnis in Teheran. „Der Iran will eskalieren und den Druck erhöhen, weil sich viele EU-Staaten diplomatisch zurückgezogen haben“, erklärt dazu die Iran-Expertin Shoura Hashemi.

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Erste „Befreiungen“

Rund eine Woche nach Chaabs Hinrichtung kamen plötzlich zwei Franzosen frei – die Hintergründe blieben unbekannt, doch Fakt ist, dass Frankreichs Präsident Emmanuel Macron der erste Staatschef war, der sich mit der Exil-Opposition traf und von einer Revolution sprach. In den vergangenen Wochen wurde Frankreich in der Causa Iran plötzlich still.

Vor wenigen Tagen folgte die nächste Geiselbefreiung – diesmal im Tausch gegen den verurteilten Terroristen Assadollah Assadi. Der Iraner war als Diplomat in Wien stationiert und wurde wegen eines versuchten Anschlags auf eine iranische Oppositionelle in Frankreich verurteilt. Die Haft saß er in Belgien ab und wurde gegen einen belgischen Staatsbürger getauscht – ein Entwicklungshelfer, dem wie den meisten Europäern „Spionage“ vorgeworfen wurde. Zurück im Land, wurde Assadi gefeiert wie ein Kriegsheld, im TV sah man ihn mit Blumenkette um den Hals, umringt von Regime-Vertretern.

Die Iran-Expertin Shoura Hashemi spricht von einem Präzedenzfall mit schwerwiegenden Folgen: „Der Geiseltausch wird als Sieg der Islamischen Republik über die Europäische Union gefeiert.“ Für Touristen und Doppelstaatsbürger sei eine Einreise in den Iran jetzt noch gefährlicher. Letztere sind sogar in umliegenden und politisch nahen Staaten nicht sicher, wie der Fall von Chaab zeigt, der von der Türkei in den Iran entführt worden sein soll, oder der Fall des Deutsch-Iraners Jamshid Sharmahd, der von Dubai weg verschleppt wurde.

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Nächster Tausch?

Doch die Geiselgeschäfte der Mullahs mit der EU dürften sich fortsetzen: Laut der schwedischen Ermittlungssendung Kallafakta sei der nächste Gefangenenaustausch in Vorbereitung. Diesmal gegen den iranischen Justizbeamten Hamid Nouri, der in einem historischen Urteil wegen Massenhinrichtungen in den 1980er-Jahren wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu einer lebenslangen Strafe verurteilt wurde. Schweden fürchtete schon bei der Urteilsverkündung vor einem Jahr Racheaktionen von iranischer Seite – die Hinrichtung Chaabs dürfte eine Antwort sein.

Die „Befreiung“ Nouris ist auch eine persönliche Angelegenheit: Immerhin war der amtierende Staatspräsident Raisi bei den Massenhinrichtungen stv. Generalstaatsanwalt – und hat viele der Todesurteile unterschrieben.

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