Putin oder EU? Vučić erklärt heute, welchen Weg Serbien gehen wird

German Chancellor Scholz and Serbian President Vucic hold a news conference in Berlin
Der serbische Präsident wird am Freitagabend in einer Ansprache an sein Volk erklären, welche Position das Land künftig beziehen wird.

Der serbische Präsident Aleksandar Vučić wird am heutigen Abend die wohl schwierigste Entscheidung seiner Amtszeit verkünden. In seiner heutigen Ansprache, die für 18 Uhr im Palast von Serbien angesetzt ist, will er ausführlich über "all die großen Probleme" sprechen, mit denen sein Land konfrontiert sei und wie Belgrad vorhat, diese zu lösen. Ganz Serbien erwartet mit Spannung seine Antwort auf die Frage der Fragen: Hat sich Vučić entschlossen, seinem Freund Wladimir Putin den Rücken zu kehren und damit endgültig den EU-Weg einzuschlagen? 

Vučić hatte zuletzt auf zwei Hochzeiten getanzt. Als eines der wenigen Länder auf der Welt hatte Serbien EU-Sanktionen für Russland nicht gutgeheißen, den Angriff auf die Ukraine aber verurteilt. Unter Druck wird der erst kürzlich in seinem Amt bestätigte 52-Jährige von der Europäischen Union gesetzt. Schließlich ist der größte Nachfolgestaat Jugoslawiens seit 2012 EU-Beitrittskandidat. 

Verantwortung übertragen

In den vergangenen Tagen hat Vučić immer wieder erklärt, er wolle sich Anfang Juni mit Vertretern anderer politischer Parteien über die aktuelle Position Serbiens angesichts der Krise in der Ukraine beraten. Darauf antwortete ihm Vuk Jeremić, dass diese Diskussion nicht hinter den Vorhängen stattfinden sollte, sondern im Parlament. 

Als wiedergewählten Präsidenten erwarten Vučić ohnehin konstitutionelle Konsultationen mit parlamentarischen Parteien über die künftige Regierung. Viele glauben, dass es eine Regierung sein könnte, die sich dem Westen zuwendet. Genauer gesagt, die Regierung, die sich wegen des Angriffs auf die Ukraine allmählich für die Sanktionen der EU und der USA gegen Russland erklären dürfte. In diesem Sinne wird allgemein angenommen, dass der Präsident versuchen könnte, die Verantwortung für die Wende zugunsten der EU bzw. gegen Putin mit seinem Volk und einem Teil der Opposition zu teilen.

"Fast unmöglich"

In den vergangenen Tagen war der Vučićs Terminkalender voll. In Athen, Berlin und Belgrad traf er sich mit europäischen Spitzenbeamten, mit denen er schwere Themen wie die Lieferung von nicht-russischem Gas, Sanktionen für Russland, dem Kosovo, den Balkan und die Haltung Serbiens gegenüber Bosnien und Herzegowina durchkauen musste.

In Berlin traf er am Mittwochabend erstmals seit Oktober letzten Jahres auch mit dem kosovarischen Ministerpräsidenten Albin Kurti. Vučić bewertete, dass die politische Position Serbiens "noch nie so schwierig" sei und dass sie durch die Äußerungen Putins "zusätzlich verkompliziert" wurde.

Nach einem Treffen mit dem deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz und Außenministerin Annalena Baerbock in Berlin sagte er, die Situation, in der sich Serbien angesichts der Ukraine-Krise befinde, sei "fast unmöglich". Dabei betonte er abermals, dass Serbien auf dem europäischen Weg sei, dass es "nicht woandershin hingehen" werde und militärisch neutral bleiben werde.

Kommentare