Die brutale Kriegsvergangenheit eines DJ entlarvt

Symbolbild.
Eine Recherche des Musik-Magazins "Rolling Stone" brachte die dunkle Vergangenheit eines serbischen DJs ans Licht.

Dieses Bild ging im April 1992 um die Welt. Darauf zu sehen ist ein bewaffneter Mann in Uniform, der gerade zu einem Tritt auf eine, auf der Straße liegende Frau ausholt. Schauplatz ist Bijeljina, eine Stadt im Norden Bosnien und Herzegowinas. Der Krieg in der gerade unabhängig gewordenen ehemaligen jugoslawischen Teilrepublik hat gerade begonnen. 

Später wird sich herausstellen, dass die Frau, die auf dem verstörenden Foto des bekannten US-amerikanischen Kriegsfotografen Ron Haviv zu sehen ist, Tifa Šabanović heißt und zum Zeitpunkt der Aufnahme bereits hingerichtet worden war. Neben ihr auf dem Foto, das zuerst im Time Magazine erschienen war, zu sehen ist ihr ebenfalls bereits toter Ehemann Redžep sowie ein weiteres Ehepaar.

Die brutale Kriegsvergangenheit eines DJ entlarvt

Fotograf Ron Haviv bei einer Ausstellung, dahinter eines seiner berühmtesten Bilder

Nur die Identität des Mannes in Uniform war lange unbekannt. Klar war lediglich, dass er ein Mitglied der berüchtigten serbischen paramilitärischen Einheit "Arkans Tiger" ist, die am 1. April 1992 ein Massaker in Bijeljina verrichtet hat.  

Einst Kriegsverbrecher, heute DJ

Über 30 Jahre später scheint das Geheimnis gelüftet zu sein. Dem auf die Schliche gekommen sind drei Journalisten des US-Musikmagazins Rolling Stone. "Auch dreißig Jahre nachdem ein Todesschwadron Zivilisten in Bosnien massakriert hat, musste sich keiner der berüchtigten 'Arkans Tiger' wegen ihrer angeblichen Beteiligung an diesen Verbrechen vor Gericht verantworten. Dabei hat in den letzten Jahrzehnten einer von ihnen Trance-Platten auf europäischen Festivals und Clubs aufgelegt", ist in dem Artikel der drei Investigativjournalisten zu lesen. 

Ihre Recherche ergab nämlich, dass der Soldat auf dem Foto Srđan Golubović heißt und heute ein DJ ist. Die Liebhaber der elektronischen Musik kennen ihn unter dem Künstlernamen DJ Max. Golubović legt demnach seit den 1990er Jahren als DJ in der Belgrader Untergrundszene auf, war Teil des Trance-DJ-Kollektivs Xperiment und gründete sein eigenes Plattenlabel Ultra Groove Records.

DJ Max tritt heute in ganz Serbien auf - auch auf großen Bühnen. So gastierte er 2016 auch beim großen Festival EXIT in der Nähe von Novi Sad. In den sozialen Netzwerken kursiert ein Video, das ihn bei seinem Auftritt in einem Belgrader Club am Silvesterabend zeigt. 

Per Hubschrauber von der Front an das Mischpult

Die Recherche des Rolling Stone ergab, dass Golubović tatsächlich eine Zeit lang auf der Gehaltsliste der Staatssicherheit Serbiens stand. Laut einem ehemaligen Mitglied von Arkans Tigern, das vor dem Internationalen Kriegstribunal als Zeuge aussagen musste, gehörte Golubović auch vom ersten Tag an der paramilitärischen Gruppe an.

Andere wiederum behaupten, er wäre ein sogenannter "Wochenendkrieger". Einer urbanen Legende zufolge wurde Golubović einmal mit einem Hubschrauber von der Kriegsfront in einen Belgrader Club gebracht und nach einem Auftritt zurückgebracht.

Verantworten musste sich DJ Max für seine Beteiligung an den Jugoslawien-Kriegen aber nie. Es ist zwar bekannt, dass die bosnische Staatsanwaltschaft mehrere Verfahren zu den im April 1992 in Bijeljina begangenen Verbrechen eröffnet hat, aber es ist nicht bekannt, ob Srđan Golubović einer der Verdächtigen ist.

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