EU-Druck auf Belgrad: Serbien könnte Visafreiheit verlieren

Serbian President Aleksandar Vucic holds a press conference
Die EU-Innenminister suchen nach einer Bremse gegen die steigende Migration.

Es war eine der heftigsten Drohungen der europäischen Migrationspolitik, die EU-Kommissarin Ylva Johannson am Freitag auspackte: "Ich schließe nicht aus, und ich hoffe, dass wir zu einer guten Kooperation zusammenfinden", aber sollte Serbien die irreguläre Migration von seinem Land aus nicht zum Stoppen bringen, könnte Serbien selbst einen hohen Preis zahlen müssen, warnte die Kommissarin beim Treffen der EU-Innenminister in Luxemburg: Dann nämlich könnte die serbische Bevölkerung den visafreien Zugang zur EU verlieren.

Den gibt es seit zehn Jahren - und für die Serben, anders als etwa für die Kosovaren, ist er bereits eine Selbstverständlichkeit: Wer in ein Land der EU fahren will, braucht kein Visum - Serben können sich 90 Tage lang in einem der 27 EU-Staaten aufhalten.

Dass die EU mit dieser drastischen Maßnahme droht, ist eine Art Notbremse.

Auf einem Höchststand

Die Zahl der illegalen Grenzübertritte hat heuer das erste Mal seit 2016 wieder einen Höchststand erreicht: Rund 228.000 Menschen sind von Jänner bis Ende September auf irregulären Wegen in der EU angekommen - um 70 Prozent mehr als im Vergleichszeitraum 2021, teilt die EU-Grenzschutzagentur Frontex mit.

Besonders viele kamen dabei über die Balkanroute: Allein im September waren es 19.160 Personen, und damit doppelt so viele wie im Jahr davor. Einer der Gründe, warum die Zahlen so stark stiegen, liegt in der Visa-Politik Serbiens: Inder, Tunesier und Bewohner vieler afrikanischer Staaten können problemlos in Serbien einreisen, ein Visum brauchen sie dafür nicht. Von dort aus machen sich die meisten Migranten auf illegalen Wegen weiter auf in die EU.

Österreich bekam dies heuer deutlich zu spüren: 70.000 Asylanträge wurden heuer schon gestellt. Erstmals waren Inder dabei - ihre Chancen, hier Asyl zu bekommen, liegen bei null.

"Es ist notwendig, dass Serbien seine Visa-Politik ändert", forderte Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) in Luxemburg erneut. Auch Deutschlands Innenministerin Nancy Faeser (SPD) schloss sich dieser Forderung an, ebenso wie die große Mehrheit der EU-Staaten.

Mehr Tempo gefordert

Serbiens Präsident Aleksandar Vučić hat Österreichs Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) zwar zugesichert, dass er die Visafreiheit für eine Reihe von Staaten gegen Jahresende ändern werde. Doch Österreich ebenso wie Slowenien, Kroatien, Ungarn, Tschechien und Deutschland geht das zu langsam.

Es gibt Befürchtungen, dass sich in der Zeit bis dahin noch mehr Menschen in Bewegung setzen könnten.

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