US-Studie: Welche Hunderassen am öftesten zubeißen

Amerikanische Forscher haben analysiert, welche Hunderassen am häufigsten zubeißen.
Forscher haben Hundebisse über einen Zeitraum von 15 Jahren untersucht. Auf andere Länder lassen sich die Ergebnisse nur bedingt übertragen.

Die jüngste Debatte über gefährliche Hunde ist nach dem Tod eines Kleinkindes in Wien nach wie vor nicht ganz abgeflaut. Der zweijährige Bub war vergangenen September von einem Rottweiler in den Kopf gebissen und dabei tödlich verletzt worden.

In den USA, wo jährlich rund fünf Millionen Menschen von Hunden gebissen werden, haben Forscher der Ohio State University nun eine Auswertung vorgelegt, aus der sie die gefährlichsten Hunderassen ableiten.

Gefährliche Merkmale

Konkret zeigte sich, dass Pitbulls und Mischlingshunde am häufigsten zubeißen – und die gravierendsten Bissverletzungen verursachen. Gleiches gilt den Wissenschaftern zufolge für Hunde mit breiten und kurzen Schädeln, die zwischen 30 und 45 Kilogramm wiegen. Publiziert wurden die Ergebnisse im International Journal of Pediatric Otorhinolaryngology.

Zur Methode: Analysiert wurden Daten zu Bissverletzungen im Gesicht von Kindern aus einem Zeitraum von 15 Jahren. Zur Verführung gestellt wurde diese vom Nationwide Children's Hospital und dem University of Virginia Health System.

Explizit ausgewertet wurden Wundgröße, Verletzungen des Gewebes, Knochenbrüche und andere Verletzungen, die schwerwiegend waren und einer chirurgischen Wiederherstellung bedurften. Anhand der Daten wurde eine Schweregradskala für die Verletzungen erstellt.

Die Forscher führten außerdem (von 1970 bis heute) eine umfassende Literaturrecherche durch, in denen das relative Risiko eines Bisses bei einer bestimmten Rasse ermittelt wurde. Dies wurde mit Krankenhausdaten kombiniert, um das relative Risiko eines Bisses und die durchschnittliche Gewebeschädigung des Bisses zu bestimmen.

"Der Zweck der Studie war es, Hundebisse bei Kindern zu untersuchen, und wir haben speziell erhoben, wie die Rasse mit der Häufigkeit und dem Schweregrad der Bisse zusammenhängt", sagt Garth Essig, Hauptautor der Studie und HNO-Arzt am Ohio State University Wexner Medical Center. "Da Mischlingshunde einen erheblichen Anteil an Hundebissen ausmachen und wir oft nicht wussten, welcher Hundetyp an diesen Vorfällen beteiligt war, haben wir uns mit zusätzlichen Faktoren, etwa Gewicht und Kopfform, befasst, die die Prognose der Bissneigung erleichtern, wenn die Rasse nicht bekannt ist."

Entscheidungshilfe für Eltern

Derzeit gebe es geschätzt 83 Millionen Hunde in den USA, Tendenz steigen: "Wir wollten Familien Daten zur Verfügung stellen, mit denen man das Risiko für Kinder ermitteln und sich darüber informieren kann, welche Hundetypen in Haushalten mit Kindern passen", so Essig.

Wie eingangs erwähnt, werden in den USA jährlich Millionen Menschen von Hunden gebissen. Nach Angaben der Bundesbehörde Centers for Disease Control and Prevention benötigen rund 20 Prozent der Opfer medizinische Versorgung – dabei handelt es sich überwiegend um Kinder im Alter von fünf bis neun Jahren.

"Kleinkinder sind besonders anfällig für Hundebisse, da sie subtile Anzeichen, dass der Hund beißen könnte, nicht bemerken", sagt Charles Elmaraghy, Mitautor der Studie vom Ohio State College of Medicine und Chefarzt der HNO-Abteilung am Nationwide Children's Hospital. "Wir sehen bei uns in der Klinik alles, von einfachen Schnittwunden bis hin zu Verletzungen, (…) bei denen eine Transplantation oder andere rekonstruktive Eingriffe erforderlich sind."

Die Studie sei jedenfalls sinnvoll, um Eltern bei der Anschaffung von Hunden eine bessere Entscheidungsgrundlage zu bieten. Die Forscher betonen auch, dass Hundebisse nicht nur von der Rasse und dem Verhalten des Kindes, sondern auch maßgeblich vom Verhalten der Eltern und jenem der Hundebesitzer abhängen.

Die Forscher nehmen in ihren Empfehlungen daher vor allem Eltern in die Pflicht: "Seien Sie ein Vorbild für Ihr Kind und vermeiden Sie alle konfrontativen oder riskanten Interaktionen, die Angst oder Aggression auslösen könnten", heißt es.

Weitere Empfehlungen des Forscherteams:

  • Hunde sollten nicht in unmittelbarer Nähe von Kindern schlafen. Viele Bisse passieren, wenn Kinder sich auf einen schlafenden Hund zubewegen.
  • Viele Bisse ereignen sich, auch wenn die Eltern anwesend sind: Wer die Situation nicht überwachen kann, sollte den Hund in einen anderen Raum geben.
  • Hunde sollten einen eigenen Rückzugsort im Haushalt haben – dem sich Kinder, wenn möglich nicht nähern sollten.
  • Kinder sollten Hunde nicht anfassen, wenn sie beim Fressen sind. Der Hund sollte seinen Napf daher an einem ruhigen, geschützen Ort vorfinden.
  • Kinder sollten von Hunden weggeschlepptes Kinderspielzeug nicht auf eigene Faust zurückholen, sondern einen Erwachsen um Hilfe bitten.

Umstrittene Rasselisten

Auf Österreich lassen sich die Ergebnisse nur bedingt umlegen, Rasselisten sind zudem umstritten. Die formulierten Empfehlungen haben allerdings sehr wohl Gültigkeit.

Hierzulande werden unterdessen Maßnahmen diskutiert, die derartige Vorfälle verhindern sollen. Etwa eine einheitliche Bissstatistik (inklusive einer Definition, was überhaupt als Biss zu werten sei) oder ein methodisch abgesichertes Beurteilungsverfahren für Sachverständige, um die individuelle Gefährlichkeit von Hunden bestimmen zu können.

Kontrovers diskutiert werden dabei vor allem die die Listenhundegesetzgebung: Bisher variieren die Pflichten für Hundebesitzer und -besitzerinnen bundesweit stark. Wien und Niederösterreich etwa schreiben für bestimmte Hunderassen verpflichtend einen Hundeführschein vor. In Oberösterreich reicht ein allgemeiner Sachkundenachweis für das Halten von Hunden und ein erweiterter Nachweis für auffällige Hunde.

Umstritten ist die Listenhundegesetzgebung deshalb, weil es – etwa laut einer Studie der Veterinärmedizinischen Universität – keine wissenschaftliche Rechtfertigung für rassenspezifische Verhaltenszuweisungen gibt. Sprich, dass das Verhalten eines Hundes nicht von seiner Rasse, sondern von seiner Haltung abhängt.

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