Hundegipfel ändert nichts: Wien hält an Rasselisten fest

Hundegipfel ändert nichts: Wien hält an Rasselisten fest
Sozialministerium prolongiert Debatte um Sinnhaftigkeit von Rasselisten und kündigt eine einheitliche Bissstatistik an.

Nachdem im Vorjahr ein Kleinkind vom Rottweiler einer alkoholisierten Halterin tödlich verletzt wurde, greift die Stadt Wien mit voller Härte gegen renitente Hundehalter durch. Wie der KURIER berichtete, wurde etwa ein Wiener, der seinem  Listenhund in der Lobau weder Maulkorb noch Leine angelegt hatte, zu 1.000 Euro Strafe verdonnert.

Und die Stadt zeigt sich gewillt, am Law-and-Order-Kurs festzuhalten. Dementsprechend wenig Neues ergab daher der zweite Hundegipfel im Sozialministerium (der ebenfalls infolge des tragischen Todesfalles einberufen worden war). So präsentierte die für den Tierschutz zuständige Ministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) am Freitag zwar eine (Literatur-)Studie der Veterinärmedizinischen Universität, die besagt, dass es "keine wissenschaftliche Rechtfertigung für rassenspezifische Verhaltenszuweisungen" gebe - sprich: dass das Verhalten eines Hundes nicht von seiner Rasse, sondern von seiner Haltung abhänge. Sehr viel in Bewegung geraten dürfte dadurch allerdings nicht.

Wien winkt ab

Zwar gab sich die Ressortchefin zuversichtlich, dass die umstrittene Liste für problematische Hunde nun fallen könnte. Tatsächlich haben das aber die Länder zu entscheiden.

Und von der Stadt Wien, wo seit Februar eine generelle Maulkorb- und Leinenpflicht für Listenhunde im öffentlichen Raum gilt, folgte postwendend die Klarstellung: Am gesetzlichen Status-quo inklusive verpflichtendem Hundeführschein werde sich nichts ändern. Die Rasselisten hätten sich bewährt, betont SPÖ-Stadträtin Ulli Sima. Es gehe "um die Sicherheit der Menschen, vor allem der Kinder, in unserer Stadt".

Etwas anders stellt sich die Situation in Niederösterreich dar. Der dortige Tierschutz-Landesrat Gottfried Waldhäusl (FPÖ) will die Rasselisten zwar sehr wohl abschaffen - könnte aber am Widerstand der Landes-ÖVP scheitern.

In Tirol, wo erst am Donnerstag ein Fünfjähriger von einem (allerdings angeleinten) Pitbull ins Gesicht gebissen worden war, lehnte man Rasselisten bis dato ebenfalls ab. Man setze stattdessen auf Aufklärung durch einen verpflichtenden Sachkundenachweis zur Hundehaltung (wie es auch in Salzburg oder in der Steiermark gehandhabt wird). Bestimmte Bereiche, in denen Leinenzwang und/oder Maulkorbpflicht gelten, sollen im Landespolizeigesetz definiert werden und dann für alle Gemeinden gelten, erklärte zuletzt die für das Tiroler Landespolizeigesetz zuständige Landesrätin Patrizia Zoller-Frischauf.

13.000 Hunde untersucht

Um für den Hundegipfel im Ministerium Datenmaterial zu sammeln, sichteten Juristin Regina Binder und Tierärztin Nadja Affenzeller von der Vetmed im Vorfeld internationale Studien über Hundehaltung und Wesenseigenschaften der Tiere.

Für eine der größten Untersuchungen aus letzterem Bereich waren 13.000 Tiere aus 31 Rassen evaluiert worden. Dabei habe sich gezeigt, dass punkto Gutmütigkeit keine signifikanten Unterschiede zwischen den Rassen bestehen, sagt Binder. Allerdings gebe es innerhalb einer Rasse oft eine große Bandbreite. Einfluss auf das Verhalten eines Hundes hätten eher andere Faktoren wie Aufzucht, Ausbildung und Haltung.

Zudem gebe es keine gesicherten aussagekräftigen Statistiken, welche Rassen wie oft zubeißen.

Einheitliche Bissstatistik

Als Ziele formulierte Hartinger-Klein daher eine einheitliche Bissstatistik (inklusive Definition, was überhaupt als Biss zu werten sei), um die Listenhunde-Gesetzgebung neu bewerten zu können. Wer für die Dokumentation der bundesweit anfallenden Hundebisse zuständig sein wird, ist allerdings noch nicht klar.

Ebenfalls geplant ist ein methodisch abgesichertes Beurteilungsverfahren für Sachverständige, um die individuelle Gefährlichkeit von Hunden bestimmen zu können.

Zudem soll es eine bundeseinheitliche Tierdatenbank geben, in der jeder Hund, der einmal auffällig geworden ist, entsprechend gekennzeichnet ist. Eine solche müsse aber über eine 15a-Vereinbarung mit den Ländern akkordiert werden. 

Einigen konnten sich die Bundesländer auf einen Sachunterricht für Hundehalter. „Der Hund ist zwar der beste Freund des Menschen, aber ein gewisses Grundwissen ist dennoch nötig“, betont Hartinger-Klein. Laut Studien zeigen Hunde in bis zu 70 Prozent der Fälle Vorwarnstufen, bevor sie zubeißen. Deswegen sei es wichtig, dass vor allem Kinder möglichst früh lernen, wie sie mit Hunden umgehen sollten, erklärt die Gesundheitsministerin.

 

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