Skiwinter mit Bauchweh und Hoffnung: "Kein gutes Gefühl"
Am Parkplatz bei der Planai in Schladming muss man nicht lange suchen, nicht einmal ins Parkhaus fahren. Daneben rutschen gerade zwei Skifahrer und ein Snowboarder den Zielhang herunter. Ein paar Meter weiter, auf der anderen Seite der Straße, wird gerade die Platzhirsch-Alm vorbereitet. Bis Donnerstag war sie noch zu. Jetzt geht es – vorsichtig – wieder los. Die Gondeln laufen seit 12. November. Die Schneelage war gut. Nur eine kurze viertägige Pause hat es gegeben.
Georg Bliem sieht fröhlich aus. Das täuscht vielleicht. Doch der Geschäftsführer der Seilbahnen musste sich seinen Optimismus nach den herben Verlusten aus dem Vorjahr bewahren. „Die Wochenenden sind ganz gut verlaufen, auch unter der Woche waren wir passabel besucht“, er schaut aus seinem Bürofenster auf die Piste. „Die Leute wollen Skifahren.“ Am Wochenende kamen 3.500 Gäste pro Tag, unter der Woche bis zu 2.000.
„Die Leute wollen raus“, sagt auch Mathias Schattleitner. „Der Gast arrangiert sich mit der 2-G-Pflicht“, sagt der Geschäftsführer des Tourismusverbands der Dachstein-Region. Die meisten der Stammgäste hier sind gegen Corona geimpft, der Tourismusverband hat kürzlich eine Umfrage dazu gemacht. Ab Montag gelten neue Einreiseregeln. Auch doppelt geimpfte Gäste brauchen dann einen PCR-Test.
Klar, alles dauere etwas länger wegen Registrierungen: „Beim ersten Ticketkauf braucht man ein bisschen Geduld. Danach ist alles wie gehabt.“ Schattleitner ist froh, dass mit Freitag auch eine Lösung für Kinder gefunden werden konnte. Der Ninja-Pass wird für ungeimpfte Kinder zwischen 12 und 15 Jahren gültig sein – auch in den Ferien. Testen muss man da aber auf eigene Faust. Auch die Gäste.
Wer in der Ramsau nächtigt, muss dafür nach Schladming fahren. Überprüfen müssen die Gastronomen. „Ich muss jeden Tag eine Person hinstellen, die Tests kontrolliert“, sagt ein Hotelier. Dass sich die Regeln ständig ändern, ärgert ihn: „Irgendwann blickt man nicht mehr durch.“
Im Großen und Ganzen kann man in Schladming und Umgebung froh sein, dass ein hoher Anteil der Stammgäste aus dem Inland kommt. Trotzdem sind es immer noch 65 Prozent Auslandsgäste. Vor allem aus Deutschland, Tschechien und Ungarn. „Wir sind froh, dass überhaupt etwas möglich ist“, ist das Fazit des Tourismusverbandschefs nach dem jüngsten Lockdown.
Alles nicht so schlimm wie im Vorjahr. „Das war grenzwertig“, sagt Birgit, die in der Ramsau eine Pension betreibt, „sowohl vom Finanziellen als auch vom Kopf her.“ Man stelle alles infrage, denke viel nach, ob sich alles ausgehe. Wie man das Personal organisiere? „Ich war jeden Tag auf der Bank“, sagt Birgit. Bei vielen Hoteliers war die Zeit mit persönlichen Schicksalen und Tränen verbunden.
Tirol früher geöffnet
Zwei Autostunden von Schladming entfernt, in den Kitzbüheler Alpen, war bereits in dieser Woche die Gastronomie geöffnet, auch die Skihütten. Gefüllt sind vor allem die Nobelrestaurants: Hoch oben in der Sonnbühel-Alm des Südtirolers Ivan Marzola wird schon fein diniert und für die nächsten Wochen reserviert, ebenso im Zuma-Restaurant im Weißen Rössl im Tal, wo es hochwertige japanische Küche gibt.
Das Lokal ist fast bis auf den letzten Platz gefüllt, auch Karl-Heinz Grasser ist da, viel Prominenz aus Kitzbühel ebenso. An der Bar darf man nicht Platz nehmen. Die Corona-Regeln werden streng geprüft, beim Kartenkauf für die Skilifte ebenso wie in der Gastronomie oder in der Weinbar von Winzer-Promi Leo Hillinger, auch hier gilt: Stehen verboten, wer nicht sitzt, muss wieder gehen.
Nicht alle Wirte sind ob der früheren Öffnung in Tirol glücklich. „Die Zeit vor Weihnachten ist für unser Geschäft nicht so entscheidend“, so Christian Kerschbaum, Gastgeber im ausgezeichneten Gasthaus Dampfl in Sankt Johann. „Wichtiger für uns ist, dass wir möglichst lange in die Saison hinein offen halten. Hoffentlich führt diese Woche nicht wieder zu rascher steigenden Zahlen.“
Balthasar Hauser, Chef des berühmten Stanglwirts in Going, will der Politik keinen Vorwurf machen. „Ich bin einfach nur dankbar, dass wir jetzt wieder offen halten dürfen“, sagt Hauser im Gespräch mit dem KURIER, den er jeden Tag liest, wie er betont.
Der Stanglwirt ist ab der kommenden Woche wieder fast ausgebucht, zwei Drittel der Gäste kommen aus Deutschland, die berühmte Weißwurst-Party im Rahmen des Hahnenkamm-Rennens wurde aber bereits abgesagt. Die Vorbereitungen darauf seien zu intensiv, um dann kurzfristig alles absagen zu müssen, sagt Hauser. Sorgen bereitet die deutsche Regelung, nach der ungeimpfte Kinder nach der Rückreise in Quarantäne müssen. „In der Region soll es deswegen schon zu vielen Stornos gekommen sein“, sagt Hotel-Direktorin Trixi Moser. Jetzt kommt auch noch die PCR-Pflicht bei der Einreise dazu.
Und hoch oben am Berg? Die Schneelage ist für diesen Zeitpunkt der Saison fantastisch. Seit Samstag laufen auch die Lifte in Jochberg wieder, dort, wo vor einem Jahr britische Skilehrer eine neue Virusvariante eingeschleppt hatten und die Saison von einem Tag auf den anderen beendet war. Wegen Omikron fürchten auch diesmal viele wieder Schlimmes: „Ich hab’ kein gutes Gefühl“, gesteht ein Hotelier. Seinen Namen will er in der Zeitung nicht lesen. Denn Überbringer schlechter Nachrichten haben es in Zeiten und Orten wie diesen besonders schwer.
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