Wilde Wiener Löwenweibchen

Marianne Weidholz (1890-1945) zog die junge Löwin Mauzi beinahe wie eine Katze zuhause auf
Von Salonlöwin Mauzi bis zum grausigen Neujahrsmenü der Löwendame Sarah: Warum so viele Wiener Naturgeschichten von Großkatzen erzählen

Man soll vom Äußeren nicht aufs Innere schließen. Der spektakulär springende Löwe, der das Cover der Wiener Naturgeschichten von Thomas Hofmann und Mathias Harzhauser ziert, ist von enden wollendem wissenschaftlichen Wert. Er ist ein Showstück, stammt aus Botsuana im südlichen Afrika und steht heute im Magazin des Naturhistorischen Museums (NHM). Zwischendurch diente er als Bühnenrequisit in einem Schnitzler-Stück, als Aufputz für opulente Weihnachtsfeiern und als Model, unter anderem für Fotoshootings mit Lotte Tobisch.

Wilde Wiener Löwenweibchen

Thomas Hofmann, Mathias Harzhauser: "Wiener Naturgeschichten. Vom Museum in die Stratosphäre". Böhlau, 233 Seiten, 36 Euro

Nach den sprichwörtlichen fünfzehn Minuten Ruhm von damals wollten die Autoren der präparierten Großkatze nun zu neuerlicher Berühmtheit verhelfen und hievten das ausgestopfte Prachtexemplar aufs Cover ihres Naturgeschichten-Bandes. In welchem dem Thema Löwen insgesamt viel Raum gewidmet wird – weil Löwen tatsächlich sehr präsent in der Stadt sind: Steinerne Raubkatzen bewachen Nationalbibliothek, Justizpalast, Belvedere und nicht wenige Einfamilienhäuser. Der Löwe ist ein Symbol des Herrschens, „man schmückt sich schließlich nicht mit einem Pudel“, sagt Autor Hofmann trocken. „Wenn du wer bist, nimmst du dir Löwen als Entree.“

Wilde Wiener Löwenweibchen

Der mächtige Löwe in der Mitte der Vitrine im Naturhistorischen Museum ist ein Geschenk von Alfred Weidholz aus dem Jahr 1917

Die deppaten Frösch’

Eine Naturgeschichte, die mehr als 300 Millionen Jahre zurückreicht, haben sich die Autoren vorgenommen – „als die Granite des Wiener Pflasters noch zähflüssige Gesteinsschmelzen waren“. Als ehemalige Reichshaupt- und Residenzstadt ist Wien voll von Erzählenswertem rund um die Naturwissenschaft. „Von hier gingen Forschungsinitiativen für die ganze Welt aus. Die Menschen waren stolz, ihre Preziosen in den Wiener Museen zu wissen“, erzählt Hofmann. So war es etwa für den russischen Fürsten Anatole Demidoff Ehrensache, dem NHM sein Platinnugget, das zweitgrößte der Welt, zu überlassen. Beide, Nugget und Fürst, sind im Buch verewigt.

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