Wie sich junge Lehrerinnen und Lehrer auf ihren ersten Schultag vorbereiten
Der Artikel ist Teil einer KURIER-Serie zum Schulstart. Hier finden Sie etwa, warum sich manche Kinder schwerer mit dem Schulstart um 8 Uhr tun als andere.
Ein bisschen ein flaues Gefühl im Magen – das haben nicht nur viele Schülerinnen und Schüler, wenn sie an den Schulbeginn denken. Auch viele junge Lehrkräfte sehen diesen Tagen mit gemischten Gefühlen entgegen.
Da trifft es sich gut, dass ein Auffrischungskurs für junge Pädagoginnen und Pädagogen angeboten wird. In der Akademie für Junglehrpersonen, die im Rahmen des Projekts „Mathematik macht Freude“ von der Pädagogischen Hochschule Niederösterreich angeboten wird, werden Berufseinsteiger auf die Praxis vorbereitet. Was die Jungpädagoginnen und -pädagogen bewegt und welche Tipps die "alten Hasen" haben, erzählen Sie hiier.
In Workshops verraten die Experten und Expertinnen zum Beispiel, auf welche Szenarien sich Lehrpersonen, die jetzt mit dem Beruf beginnen oder gerade erst begonnen haben, einstellen müssen. In den Pausen ist Zeit, sich mit anderen auszutauschen, die in der gleichen Situation sind.
Eine von ihnen ist die 25-jährige Lisa – hier sprechen sich alle mit dem Vornamen an. „Vieles hat man während des Studiums nur gestreift, manchmal ist es schon so lange her, dass das Wissen nicht mehr präsent ist“, sagt sie.
Die junge Biologielehrerin Sandra unterrichtet schon ein Jahr. „Ich bin mir immer noch unsicher, wie lange eine Stundenwiederholung sein darf“, sagt sie. „Natürlich kann man das Kollegium fragen. Doch gerade zu Schulbeginn sind alle so mit Arbeit eingedeckt, dass man niemanden belästigen will.“
Formalien und Gesetze sind vielleicht fad, aber jeder muss sie kennen. Das gesamte Schulrecht, das inklusive Kommentaren 1.700 Seiten umfasst, kann aber niemand präsent haben, wie Lehrergewerkschafter Eckehard Quin weiß. Er vermittelt deshalb kompakt das Wichtigste zum Thema Leistungsbeurteilung und Aufsichtspflicht.
Plötzlich Krise
Nicht weniger wichtig ist es, auf Krisensituationen vorbereitet zu sein. Denn ist die brenzlige Situation einmal da, hat man keine Zeit darüber nachzudenken, was man tut. Das macht Klemens Fraunbaum in seinem Workshop bewusst, der sich auf Krisenmanagement spezialisiert hat: „Was macht ihr, wenn ein Kind aus dem Fenster springt?“, fragt er in die Runde. „Da solltet ihr sofort die Rettungskette im Kopf haben, die ihr abarbeitet: Welche Lehrkraft übernimmt die medizinische Leitung, wer die organisatorische? Wie stellt man sicher, dass die Rettung den Weg findet?“
Akute Dramen sind allerdings die Ausnahme – viel häufiger passiert es, dass Kinder und Jugendliche depressiv sind, Suizidgedanken äußern oder sich selbst verletzen: „Da geht es nicht nur ums Ritzen – auch mit Hitze oder Kältesprays kann man sich Schmerzen zufügen“, klärt der Krisenmanager auf.
„Wie reagiere ich denn, wenn ich so etwas bemerke?“, will der junge Student Moritz wissen. „Das Wichtigste ist, ein Sensorium zu entwickeln. In der Folge muss man eine Gesprächsebene mit dem Jugendlichen finden.“
Andere auf Persönliches anzusprechen, fällt oft schwer, weshalb es im Workshop geübt wird. „Sobald man das Vertrauen des jungen Menschen hat, muss man ihm professionelle Hilfe vermitteln – die Lehrperson kann keine Psychotherapie leisten“, mahnt der Experte.
So ein Drama
Mehr zu lachen gibt es im Workshop nebenan: Karl Eigenbauer führt in die „Dramapädagogik“ ein. Der pensionierte Geschichte- und Englischlehrer zeigt, wie man Theatertechniken in den Unterricht aller Fächer integrieren kann, was auch gleich in der Praxis geübt wird.
Das „lebende Standbild“ heißt eine der Methoden: Jugendliche sollen Begriffe zu einem Thema benennen und diese dann als Statue darstellen. Paul schlägt „die Zelle“ vor – also „spielt“ ein Student das Mitochondrium, eine Studentin die Zellwand, einer die Pipette etc. „Indem junge Menschen mit allen Sinnen bei der Sache sind, merken sie sich das viel besser“, sagt der ehemalige AHS-Professor.
Besonders gut kann man Dramapädagogik in Fächern wie Englisch, Literatur, Ethik oder Geschichte einsetzen, weiß der Profi aus Erfahrung: „Meine Klassen konnten alle sehr gut Englisch sprechen, weil sie in Situationen geworfen wurden, in denen sie frei reden mussten.“
Auch in Geschichte merkten sie sich vieles besser. „Durch Rollenspiele konnten sie sich in die Zeit und in bestimmte Personen so gut hineindenken, dass dieses Wissen stark verhaftet war. So konnten sie es dann sehr schnell abrufen.“
Mehr Infos: mmf.univie.ac.at/akademie
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