Kinderwunsch in der Pandemie: Wie Paare auf die Covid-Krise reagierten

sleeping baby girl
Studien zeigen: Der Corona-bedingte Ausnahmezustand ließ viele die Familienplanung überdenken.

Die Pandemie hat das Leben der allermeisten Menschen gehörig auf den Kopf gestellt. Beruf, Beziehung, Ausbildung, Freizeitgestaltung: Kaum ein Lebensbereich wurde in den vergangenen zwei Jahren nicht von dem grassierenden Virus tangiert.

Auch beim Thema Kinderwunsch kamen viele Paare wegen der Krise ins Grübeln, wie nun eine neue Studie offenbart.

Forschende der NYU Grossman School of Medicine befragten in Summe 1.179 Frauen mit aktivem Kinderwunsch. Die Frauen waren im Schnitt 32 Jahre alt und allesamt bereits Mütter von Kleinkindern.

Um zu erheben, ob sich der Ausbruch der Pandemie auf die Schwangerschaftsabsichten von Frauen und Paaren ausgewirkt hat, befragte man zwischen April und August 2020 1.179 Frauen. Gemeinsam hatten die Teilnehmerinnen, dass sie alle den Plan hegten, erneut schwanger zu werden. Veröffentlicht wurden die Ergebnisse im Fachblatt JAMA.

Aufgeschoben, aufgehoben

Knapp die Hälfte der befragten Frauen stellte die aktiven Versuche, schwanger zu werden, ein. Mehr als ein Drittel der Studienteilnehmerinnen, die eine Schwangerschaft im Laufe des kommenden Jahres angestrebt hatten, gaben den Gedanken auf. Als Gründe für ihre Entscheidung nannten die Frauen zunehmenden Stress und finanzielle Unsicherheit. Die durch die Pandemie instabil gewordene Kinderbetreuung trug ebenfalls dazu bei, den Kinderwunsch aufzuschieben – insbesondere bei schwarzen Frauen und Latinos mit geringem Einkommen.

Etliche Frauen schlossen auch zur Gänze mit der Familienplanung ab: Von denjenigen, die das Basteln am Baby wegen des Ausnahmezustandes aussetzten, rechnete weniger als die Hälfte nicht damit, es nach dem Ende der Pandemie wieder zu versuchen.

Das könnte sich künftig in sinkenden Geburtenraten bemerkbar machen, mutmaßen die Autorinnen und Autoren der Studie.

Globale Betroffenheit

Studien aus anderen Teilen der Welt, die ungefähr im gleichen Zeitraum durchgeführt wurden, kommen zu ähnlichen Erkenntnissen. Auch in Italien, Deutschland, Frankreich, Spanien und Großbritannien veranlasste die Covid-Krise Frauen und Paare dazu, ihre Babypläne zu überdenken.

In Italien, das zu Beginn der Pandemie enorm von den Folgen des Virus gebeutelt wurde, gaben 37 Prozent der Paare mit Kinderwunsch diesen auf. Existenzielle Ängste und Bedenken bezüglich der Auswirkungen einer möglichen Infektion auf die Schwangerschaft waren ausschlaggebend.

Eine Untersuchung aus Shanghai offenbarte, dass drei von zehn Paaren im gebärfähigen Alter, die ursprünglich angaben, schwanger werden zu wollen, ihre Meinung nach dem Ausbruch der Pandemie änderten.

Doch es gab auch Faktoren, die Frauen und ihrer Partner am Kinderwunsch festhalten ließen: Die New Yorker Studie sowie Daten aus Italien legen beispielsweise nahe, dass sich vor allem ältere Frauen häufiger an ihre Schwangerschaftsabsichten klammerten.

An der NYU Grossman School of Medicine fand man außerdem heraus, dass einkommensstarke weiße Frauen mit höherer abgeschlossener Bildung eine Schwangerschaft eher weiterhin in Betracht zogen. "Dieses Ergebnis deckt sich mit anderen Erkenntnissen, die darauf hindeuten, dass Personen mit finanzieller Sicherheit trotz der Pandemie weiterhin aktiv eine Schwangerschaft anstreben, vor allem im Bereich der künstlichen Befruchtung", so die Autorinnen und Autoren der Studie.

Fruchtbarkeitssorgen

Für Frauen, die sich um ihre Fruchtbarkeit sorgen, mutierte die Pandemie zur Geduldsprobe. Viele sahen ihrer Chancen, mit eigenen Eizellen schwanger zu werden, wegen der zeitweisen Schließung von Fruchtbarkeitskliniken schwinden.

Durch die Corona-Krise spielten auch immer mehr junge Single-Frauen mit dem Gedanken, ihre Eizellen einfrieren zu lassen. Obwohl Fruchtbarkeitskliniken in den USA teilweise über Monate hinweg geschlossen waren, stieg 2021 die Anzahl der Social-Egg-Freezing-Behandlungen (das Einfrieren von Eizellen ohne medizinischen Grund ist in Österreich nicht erlaubt) im Vergleich zum Vorjahr deutlich, in manchen Zentren sogar um 50 Prozent.

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