Hochschwangere Sportklettererin wehrt sich gegen Kritik

Hochschwangere Sportklettererin wehrt sich gegen Kritik
Bouldern mit Babybauch: Shauna Coxsey ist im neunten Monat schwanger und sorgt mit ihren Klettervideos für Aufregung.

Es ist ein Anblick, den man nicht oft zu Gesicht bekommt: Shauna Coxsey, eine der besten Sportkletterinnen der Welt, hängt in der Steilwand - mit unübersehbarem Babybauch. Videos davon postet die 29-Jährige regelmäßig auf Instagram, wo ihr 450.000 Menschen folgen.

Dafür musste die Britin, die vergangenes Jahr bei den Olympischen Spielen in Tokio an den Start ging, einiges an Kritik und Hass einstecken. Der Sport schade ihrem ungeborenen Kind, sie verhalte sich unverantwortlich, kommentierten einige Nutzer. Im britischen Guardian rechtfertigte sie sich nun dafür, auch im Spätstadium ihrer Schwangerschaft noch zu bouldern.

Sie wisse, dass es nicht jeder Frau möglich sei, schwanger in der Kletterwand zu hängen. Für andere - wie für sie - aber eben schon. "Ich denke, es ist wichtig, dass wir diese positiven Geschichten teilen. Es ist nicht so, dass wir alle neun Monate lang auf dem Sofa sitzen müssen." Ihr ist bewusst, dass sie mit einem Tabu bricht. "Ich bin eine schwangere Frau, die Entscheidungen trifft."

In der Komfortzone

Grundsätzlich gibt es für schwangere Frauen keinen Grund, auf Sport zu verzichten. Im Gegenteil: Studien haben gezeigt, dass Schwangere, die sich mindestens dreimal pro Woche eine halbe Stunde sportlich betätigen, seltener Bluthochdruck oder Schwangerschaftsdiabetes entwickeln. Mediziner raten ihnen zu so viel Sport und Bewegung wie Nicht-Schwangeren.

Coxsey arbeitete während ihrer Schwangerschaft mit einer auf Frauengesundheit spezialisierten Physiotherapeutin zusammen. Was für Laien riskant wirkt, bezeichnet die Profisportlerin als ihre Komfortzone: "Und diese Komfortzone ändert sich, je nachdem, wie ich mich an dem Tag fühle", sagte die Weltcupsiegerin im Bouldern. Sie könne die Risiken genau einschätzen und verzichtete während der Schwangerschaft auf Passagen, die ihre Bauchmuskeln zu sehr fordern würden.

Auch wenn sie selbst mit den negativen Kommentaren umgehen könne, müsse jedem klar sein, dass (schwangere) Frauen andauernd kritisiert und angefeindet werden, betonte Coxsey. "Ich hoffe, dass meine Geschichte andere ermutigt, ihre eigenen Entscheidungen zu treffen und manche Menschen künftig zweimal nachdenken, ob sie jemanden verurteilen." Nachsatz: "Vielleicht ist das naiv."

Plötzlich unsichtbar

Die Debatte um Shauna Coxsey spiegelt den gesellschaftlichen Umgang mit schwangeren Frauen wider: "Sobald eine Frau schwanger ist, wird sie vom Großteil der Gesellschaft nur noch als Hülle für eine kostbare Fracht betrachtet", sagte die Autorin Marlene Hellene (ihr Buch "Bauch frei! Ein Plädoyer für eine selbstbestimmte Schwangerschaft" ist bei Rowohlt erschienen) vor Kurzem im KURIER-Interview. Die Vorstellung eines niedlichen Säuglings würde die schwangere Person in den Schatten stellen. "Und da haben wir das Problem: Die Frau, ihre Bedürfnisse, ihr Wohlergeben, tritt in den Hintergrund und wird unwichtig, solange es dem Baby in ihrem Bauch gut geht. Dabei geht es dem Kind in erster Linie dann gut, wenn es der Schwangeren gut geht."

Aus diesem Grund plant auch Shauna Coxsey, so lange wie möglich weiter zu klettern. "Wenn ich eine Woche nicht klettere, fühle ich mich nicht wirklich gut. Ich muss klettern, für meinen Körper und meinen Geist."

Kommentare