Bobos und G’spritzte sind einfach nicht lustig

Bobos und G’spritzte sind einfach nicht lustig
Wo die Inspirationsquellen des Wiener Alltagspoeten Andreas Rainer am lebhaftesten sprudeln. Heißer Tipp: Nobelgegenden und Hipsterlokale sind’s nicht.

Das ist er also, dieser Typ von den Wiener Alltagspoeten. Klingt wie eine Band. Bloß, dass Andreas Rainer das einzige Mitglied ist. Er ist der Wiener Alltagspoet, eine One-Poet-Show, wie er es nennt.

Rainer schaut auch aus, wie man sich so einen vorstellt. Anfang vierzig, Dreitage-Bart, studierter Philosoph, sitzt im Alt Wien und trinkt ein kleines Bier. Ein durch und durch stimmiges Bild.

Wobei die Poesie ja nicht von Rainer, sondern von den Wienern stammt. Er hat sie bloß aufgeklaubt. Im Kaffeehaus, in der U-Bahn und natürlich beim Würstelstand. Wahre Labore der Poesie. Inhaltlich geht es oft um irgendetwas, das mit „ned deppad“ endet. Und von enden wollender Lebensfreude gekennzeichnet ist. Der berühmte Wiener Charme. Dass man diese Kleinodien der alltäglichen Wiener Dichtkunst einmal festhalten sollte, haben sich viele schon gedacht. Andreas Rainer hat es gemacht und damit seinen enorm erfolgreichen Instagram-Blog gestartet und später ein Buch herausgebracht.

Bobos und G’spritzte sind einfach nicht lustig

Den 2021 erschienenen „Wiener Alltagspoeten“ (Milena Verlag) folgt nun eine Ode an die wahrscheinlich unbeliebteste U-Bahn der Stadt. „Der Wiener Alltagspoet fährt U6“ (Verlag story.one) ist eine liebevoll beobachtete Kurzgeschichtensammlung zwischen Müllverbrennungsanlage und Schöpfwerk. Ein zartes Wien-Feuilleton, dem mit aufgeschnappten U-Bahn-Petitessen, die jedem Kapitel vorangestellt werden, nur ein bisschen auf die Sprünge geholfen wird. Da wird etwa die Tscherttegasse in Meidling zur „Strada del Sole“– was für eine hübsche Vorstellung.

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