#FreeThePimple: Wenn Wimmerln salonfähig werden
Ein Model mit Pickel? Gibt es. Jobs zu bekommen ist mit Hautunreinheiten aber wesentlich schwieriger als ohne, wie die 26-jährige Hanna Bohnekamp seit geraumer Zeit feststellen muss.
Seit die Duisburgerin – die im Jahr 2010 den zweiten Platz bei der TV-Sendung „Germany’s Next Topmodel“ belegt hat – im vergangenen Jahr die Pille abgesetzt hat, plagen sie Pickel und infolge dessen auch Jobabsagen, wie sie in den sozialen Medien berichtet. Dennoch will sie sich nicht verstecken und anderen Betroffenen Mut machen: „Pickel sind kein Grund dafür, sich zu Hause einzuschließen! Niemanden stören die paar Punkte in meinem Gesicht, es sei denn, ich mache sie mir selbst zum Problem“, schreibt Hanna.
Freiheit für Pickel
Auch die Britin Louisa Northcote kämpft seit ihrem 13. Lebensjahr mit Akne und wurde deswegen immer wieder für Modeljobs abgelehnt. Als sie vor rund zwei Jahren für das britische Pendant von „Germany’s Next Topmodel“ ausgewählt wurde, teilte sie ihr erstes ungeschminktes Foto auf Instagram – und versah es mit dem Hashtag #FreeThePimple, übersetzt: Freiheit für den Pickel.
Seither tun es der heute 21-Jährigen immer mehr Menschen gleich, mittlerweile gibt es eine Bewegung, die sich der sogenannten „Acne Positivity“ verschrieben hat. Die New York Times stellte daraufhin gar die Frage, ob Akne jetzt cool ist.
Der Trend zum öffentlich gezeigten Makel lässt sich laut Jugendforscher Matthias Rohrer vom Institut für Jugendkulturforschung auch in anderen Lebensbereichen beobachten; zum Beispiel, wenn Frauen Schwangerschaftsstreifen oder Orangenhaut zeigen. „Sowohl die perfekte als auch die unperfekte Darstellung dienen am Ende der Selbstinszenierung“, erklärt Rohrer.
Online-Plattformen wie Instagram eignen sich perfekt dafür, sich nach außen zu präsentieren. Die geltende Währung sei dabei Aufmerksamkeit und die bekomme man auch für „Dinge, die konträr zum allgemeinen Trend laufen“. Wenn sich Jugendliche besser fühlen, weil auch andere Pickel haben, sei das durchaus positiv.
Für Dermatologin Julia Valencak, Akne-Expertin an der MedUni Wien, blenden soziale Medien die Realität aus. „Statt Akne-Fotos zu liken sollte man lieber erkrankten Freunden oder Kollegen Normalität vermitteln, ihnen signalisieren: Du bist ok, ob mit oder ohne Akne. Sie lässt sich ohnehin nicht verstecken.“
Eingehen auf die Patienten
In der Therapie kommt es immer auf ein individuelles Abwägen an – und den Wunsch der Patienten. „Generell gilt: Alles Störende, kann auch behandelt werden.“ Lokale Therapien mit Cremen setzt man eher bei oberflächlichen Irritationen ein. Systematische Therapien, also Medikamente, bei schweren Krankheitsbildern.
„Wenn die Entzündungen tiefer in der Haut liegen, erreicht sie eine lokale Therapie gar nicht“, erklärt Valencak. Die Pille oder Antibiotika bieten meist keine dauerhafte Lösung, sondern nur Symptomfreiheit, solange man sie einnimmt.
Sehr gute Ergebnisse liefert bei schwerer Akne die Therapie mit Vitamin-A-Säure. „Sie hat viele Rezeptoren im Körper, das ist auch der Grund für die Nebenwirkungen, die viele verunsichern.“ In den vergangenen Jahren wurde die Dosierung reduziert. „Die Präparate wirken bereits bei einer niedrigen Dosis.“
Die britische Akne-Aktivistin Louisa Northcote möchte vorerst darauf verzichten: „Meine Haut ist ein Teil von mir, aber sie macht mich nicht weniger schön. Es ist eine Achterbahn, ich befinde mich noch immer auf der Fahrt zu schönerer Haut.“
Mythen: Kuhmilch wirkt sich negativer aus als Zucker
Hautspezialistin Julia Valencak von der MedUni Wien über populäre Fehlmeinungen zu Akne:
- Oft waschen. „Häufiges Waschen nützt nichts, da sich die Knoten in der Tiefe entwickeln, wenn die Talgdrüsenöffnung verstopft ist“, sagt Valencak. Wichtig ist die richtige Hautpflege mit seifefreien Produkten, um überschüssiges Fett zu entfernen. Reichhaltige Cremen sind kontraproduktiv.
- Schokolade meiden. „Reiner Zucker ist nicht so problematisch wie Kuhmilch.“ Vor allem Kuh- und Sojamilch heizen die Kaskade der Akne-Entstehung an. Für Betroffene sind Hafer- oder Mandelmilch besser geeignet.
- Vergeht von selbst. Ziel ist immer, eine Talg-Überproduktion und die folgenden Entzündungsprozesse zu stoppen. Je früher eine Therapie begonnen wird, desto eher bekommt man die Akne in den Griff und verhindert eine Verschlechterung. Einen Hautarzt zu konsultieren, kann daher – gerade in der Pubertät – psychischen Leidensdruck reduzieren.
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