Frauenzonen in Öffis: Schutz oder Schaden?

(Symbolbild)
Safe Spaces sollen den öffentlichen Raum für Frauen sicherer machen. Doch es gibt Diskussionsbedarf.

Der Ruf nach Zonen, die nach Geschlechtern getrennt sind, ist wieder da. Die Meinungen darüber gehen auseinander. Erhöhen sie die Sicherheit von Frauen? Oder stellen sie übergriffiges Verhalten als Problem der Opfer dar und schließen Frauen präventiv aus öffentlichen Räumen aus?

Eine Wiener FPÖ-Stadträtin forderte dieser Tage eigene U-Bahn-Waggons für Frauen, wie es sie etwa in Japan gibt. Dort ist sexuelle Belästigung im dichten U-Bahn-Gedränge weit verbreitet. Es gibt sogar einen eigenen Ausdruck für Männer, die die Enge in Menschenmengen ausnützen, um Frauen anzugrapschen: Chikan, was so viel wie "Sittenstrolch" bedeutet.

Mit Österreich ist die Situation nicht vergleichbar. Dennoch: In anderen öffentlichen Verkehrsmitteln hat man schon vor Jahren Mittel ergriffen, um sexuelle Belästigung einzudämmen: So gibt es bei den ÖBB beispielsweise seit 2003 Abteile nur für Frauen.

Beleuchtete Frauenparkplätze

Dass abgetrennte Bereiche sexualisierte Gewalt tatsächlich verhindern, bezweifelt Sabine Grenz, Professorin für Gender Studies an der Universität Wien: "Der gesonderte Platz verhindert aus meiner Sicht wenig. Man bekommt vielmehr den Eindruck, dass übergriffiges beziehungsweise gewalttätiges Verhalten normalisiert wird."

Wie wichtig eine differenzierte Diskussion in diesem Kontext ist, betont auch Michaela Egger, Geschäftsführerin vom Gewaltschutzzentrum Niederösterreich. "Wir beobachten, dass sich manche Schutzzonen, etwa gut beleuchtete und erreichbare Frauenparkplätze in Parkgaragen, in dieser Hinsicht durchaus bewährt haben. Sie stärken vor allem das subjektive Sicherheitsgefühl der Frauen, was einen hohen Stellenwert hat."

Bei der Ausweitung von Safe Spaces, wie diese Schutzzonen auch genannt werden, auf andere öffentliche Bereiche sei Vorsicht geboten. Frauen dürften keinesfalls in ihrer Freiheit, sich im öffentlichen Raum zu bewegen, eingeschränkt oder als Schutzbedürftige ausgegrenzt werden: "Es muss sich dezidiert um ein freiwilliges Angebot handeln", sagt Egger. Sonst sei zu befürchten, "dass, wenn Frauen die Schutzbereiche nicht nutzen und Gewalt erleben, ihnen zum Vorwurf gemacht wird, dass sie selbst schuld sind, weil sie sich in den allgemeinen Bereich begeben haben".

Eigener Campingbereich

Auch auf Festivals können Frauen künftig unter sich bleiben – etwa am Nova Rock: Nach "zahlreichen Rückmeldungen von besorgten Besucherinnen" im vergangenen Jahr, "die sich am Campingplatz nicht durchgehend wohlgefühlt haben", führt das Festival im burgenländischen Nickelsdorf erstmals einen Campingbereich nur für Frauen ein.

Am Wiener Donauinselfest wird es heuer ebenfalls einen eigenen Frauenbereich geben. Man wolle Frauen so künftig mit einem speziellen, neu konzipierten Bereich "ein angenehmeres Festival-Umfeld bieten", heißt es. Ähnliche Bestrebungen gab es in der Vergangenheit auch in anderen Ländern: Beim englischen Glastonbury Festival gibt es seit 2016 "The Sisterhood", einen Festivalteil nur für Frauen, Queer- oder Transmenschen und Besucher mit Beeinträchtigung.

Auf Konzerten sei es vorrangig wichtig, sagt Gewaltschutzexpertin Michaela Egger, das Sicherheitspersonal für sexualisierte Gewalt gegen Frauen und Übergriffe zu sensibilisieren und zu schulen.

Genderforscherin Sabine Grenz macht auch auf die Verantwortung des Veranstalters aufmerksam: Dieser müsse "konsequent darauf hinweisen, dass übergriffiges und Gewalt ausübendes Verhalten auch unter Alkoholkonsum unerwünscht ist und dazu führen kann, dass man des Platzes verwiesen wird".

Gewalt verhindern

Und was ist mit Saunas oder Fitnessstudios, die auch oft eigene Frauenbereiche haben? Das sei gesondert zu bewerten, sagt Barbara Hey, Leiterin der Koordinationsstelle für Geschlechterstudien und Gleichstellung an der Universität Graz: "Da geht es um die unmittelbare körperliche Intimsphäre, um Nacktheit. Da haben Frauenbereiche einen anderen Stellenwert."

Um sexualisierte Gewalt zu verhindern, seien Hilfsangebote wichtig, Safe Spaces lösen das gesamtgesellschaftliche Grundproblem nicht. Viel wichtiger als Schutzzonen sieht Hey daher die Förderung von Beratungsstellen für Frauen wie auch Präventionsarbeit mit Männern. "Frauen sollten wissen, wo sie Hilfe finden."

Dem stimmt auch Michaela Egger zu. Im Zuge der Gewaltprävention dürfe der Strukturwandel in der Gesellschaft keinesfalls vernachlässigt werden, "damit Frauen überall gleichgestellt und respektvoll behandelt werden".

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