Penis-Sitz: Mexiko kämpft gegen sexuelle Belästigung

Penis-Sitz: Mexiko kämpft gegen sexuelle Belästigung
Um ein verstärktes Bewusstsein für sexuelle Belästigung zu schaffen, wurden in Mexiko City Plastik-Genitalien auf Zug-Sitzen montiert.

Wer sich derzeit in den U-Bahn-Zügen, die in der Stadt Mexiko City verkehren, niederlässt, wird möglicherweise zurückschrecken, peinlich berührt sein, Scham empfinden, sich bloßgestellt fühlen. Aus gutem Grund.

"Exklusiv für Männer"

Im Zuge einer Kampagne gegen alle Formen sexualisierter Gewalt wurden auf manchen Sitzen männliche Geschlechtsteile installiert. Die Rückenlehne der betreffenden Sitze bildet ein männlicher Torso, auf der Sitzfläche hebt sich ein erigiertes Glied ab.

Penis-Sitz: Mexiko kämpft gegen sexuelle Belästigung
Darüber ist auf Spanisch zu lesen: "Exklusiv für Männer." Und auf dem Boden vor dem Sitzplatz: "Es ist unangenehm hier zu sitzen, aber kein Vergleich mit der sexuellen Belästigung, die Frauen auf ihren täglichen Fahrten erleben müssen", wie unter anderem dieBBCberichtet.

9 von 10 Frauen belästigt

Im Zuge der Kampagne, die von den Vereinten Nationen (UN) und der Stadtverwaltung ins Leben gerufen wurde, wurde ein Video veröffentlicht, welches die Bevölkerung über den Hintergrund der Aktion informieren soll. Man erfährt, dass neun von zehn Frauen, die in Mexiko City leben, bereits in öffentlichen Verkehrsmitteln sexuell belästigt wurden. Diese Statistik sei ausschlagend für die Kampagne gewesen. Es bestehe Handlungsbedarf.

Das Video zeigt ausgewählte Reaktionen von Fahrgästen. Während einige irritiert reagieren, versuchen andere ihr Unbehagen zu verstecken und bleiben sitzen.

Mexiko Citys Öffis in der Kritik

Die öffentlichen Verkehrsmittel der mexikanischen Hauptstadt genießen seit geraumer Zeit einen besonders schlechten Ruf. Eine britische Studie erstellte 2014 ein Ranking, in dem Städte auf der ganzen Welt bezüglich sexueller Belästigung in Öffis gelistet wurden. Mexiko City landete auf dem letzten Platz.

Die Kampagne fügt sich in eine breitgefächerte Aktionsschiene der Stadt ein, die gegen sexuelle Belästigung mobil macht. So ist in den Öffis beispielsweise ein anonymer Polizeitrupp unterwegs, die Grapscher ausspähen soll. Trillerpfeifen, die im Notfall den Angreifer vertreiben und Aufmerksamkeit generieren sollen, werden an Frauen ausgeteilt. Zudem gibt es Zugabteile, die nur für Frauen vorgesehen sind. Dafür ernteten die Initiatoren nicht nur positives Feedback. Die Maßnahmen würden an der Wurzel des Problems vorbeischrammen, zur Etablierung der Täter-Opfer-Umkehr beitragen und Victim Blaming unterstützen.

Provokant und sexistisch

Trotz des ernsten Hintergrundes empfinden viele auch die neue Kampagne als plakativ und provokant. Unter dem offiziellen Video, welches auf Youtube geteilt wurde, kritisieren User, dass die Kampagne sexistisch gegenüber Männern sei. Doch es gibt auch Lob.

Rene Lopez Perez, Leiter der Wissenschaftsabteilung der mexikanischen Organisation Gendes, die Gleichberechtigung fördern und Männer über die Problematik sexueller Belästigung aufklären will, kann beide Reaktionen verstehen. Die Kampagne sei großartig, aber es sei wichtig, "nicht alle Männer als gewalttätig und potenzielle Angreifer zu stigmatisieren", so Lopez Perez gegenüber der BBC.

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