Pro & Contra: Frauenzonen - Schutz oder Schaden?
PRO: Was immer noch im Zug passiert
Männer, die in der Öffentlichkeit neben Frauen masturbieren, ihnen unter den Rock fotografieren und sie verbal oder körperlich belästigen. Die meisten Frauen kennen solche Erfahrungen aus den öffentlichen Verkehrsmitteln – und nicht nur von dort. Viele Männer haben noch immer keine Vorstellung davon, wie alltäglich es für Frauen ist, belästigt zu werden, sei es im Taxi, auf der Straße oder bei einem Konzert.
Als Frauen im Jahr 2016 unter dem Hashtag #imZugpassiert ihre Erlebnisse diesbezüglich öffentlich teilten, wurden diese vielfach als Lappalie abgetan.
Erst kürzlich verbreitete sich im Internet eine Liste an Sicherheitsvorkehrungen, die Frauen im Alltag treffen, um sich vor sexuellen Übergriffen zu schützen. Unter anderem beinhalte diese, den Schlüssel als potenzielle Waffe bereitzuhalten, in der Nacht nicht mehr joggen zu gehen und etwa auf dem Heimweg zu telefonieren – oder zumindest so zu tun, als ob. In solchen Situationen, in denen Frauen ein niedriges subjektives Sicherheitsgefühl haben, können Frauenzonen oder eigene Waggons eine Möglichkeit bieten, sich zurückzuziehen und unter sich zu sein. Jedoch nur unter der Bedingung, dass Frauen immer die freie Wahl haben, für welchen Bereich sie sich entscheiden. Und dass Frauen, die sich außerhalb dieser Schutzzone aufgehalten haben, niemals die Schuld an Übergriffen gegeben werden darf.
Klar ist, dass gesellschaftliche Probleme nicht durch eine Geschlechtertrennung gelöst werden können. In einer Gesellschaft, in der Männer keine Frauen belästigen, bräuchte es weder eigene Zonen noch eine Diskussion darüber.
CONTRA: Die Respektvollen sitzen in einem Zug
In der Diagnose sind wir uns einig: Frauen sind nicht sicher genug. Dabei ist das ein Land wie Österreich seiner Bevölkerung schuldig. Diese Sicherheit muss objektiv sein – sie darf sich nicht bloß in einem "subjektiven Sicherheitsgefühl" niederschlagen, wie es die FPÖ-Stadträtin Ulrike Nittmann für Frauen in Wien gefordert hat.
In dieser Formulierung liegt auch der Unterschied: Wie so oft in letzter Zeit scheitert die politische und öffentliche Debatte nicht an der übereinstimmenden Diagnose, sondern in der sinnvollen Therapie. Da scheiden sich nun Meinungen und Haltungen: Nach einem Vorschlag der FPÖ-Politikerin sehen nun viele in Frauen-U-Bahn-Waggons eine Lösung. Darüber hinaus soll es solche "Safe Zones" in anderen Bereichen des öffentlichen Lebens geben, es werden Festivals und andere Kulturveranstaltungen genannt.
Andere empfinden diese neue Geschlechtertrennung als rückschrittlich. Sie haben recht. Es löst kein Problem, Frauen in der U-Bahn eine Sicherheit zu geben, auf die sie auf dem Weg zur U-Bahn nicht zugreifen können, nicht im Stiegenabgang, nicht im Lift, nicht auf dem Heimweg. Das Wegsperren, das Mauer aufziehen, das Trennen ... die einfache Lösung funktioniert auch hier nicht.
Stattdessen müssen wir weiter den mühevollen Weg der modernen, liberalen, differenzierten Gesellschaft gehen: Männern beibringen, dass sie ihre körperliche Dominanz nicht für grausige, schäbige, gewalttätige und verbrecherische Handlungen missbrauchen dürfen. Sondern Respekt gegenüber Mitmenschen zeigen.
Auch gegenüber den Frauen, die in der U-Bahn neben ihnen sitzen.
Axel N. Halbhuber
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