Gelbe Blütenpracht: Warum der Senf-Anbau immer schwieriger wird

Gelbe Blütenpracht: Warum der Senf-Anbau immer schwieriger wird
Während Franzosen derzeit um ihren Senf bangen, sind die österreichischen Senfblüten fast zur Gänze abgeerntet.

Vor einigen Jahren stand ein kleiner Reisebus bei einem der Weinviertler Felder von Johann Brantner. Zuerst dachte der Landwirt an eine Pause, doch nach zwei Stunden stand der Bus noch immer da: Die asiatischen Touristen konnten sich nicht an dem leuchtend gelben Blütenmeer sattsehen und zückten immer wieder ihre Handys. Wer im Sommer über ein Feld mit kleinen, gelben Blumen spaziert, denkt zuerst an Rapsblüten – und irrt dabei.

Denn bis Ende Juli findet der Großteil der heimischen Senf-Ernte statt, sein Verwandter Raps wird hingegen schon im späten Frühjahr reif. Besonders wohl fühlt sich die Gewürzpflanze Sinapis in Niederösterreich, wo fast 90 Prozent des heimischen Senfs angebaut wird.

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Gelbe Blütenpracht: Warum der Senf-Anbau immer schwieriger wird

Hierzulande gedeiht vor allem Sinapis alba, Gelber bzw. Weißer Senf, der wie Raps zur Familie der Kreuzblütengewächse gehört. Wenige Zentimeter unter den Kronblättern wachsen kleine Schoten am Stängel, in denen sich bis zu acht Samen befinden. Beim Gelben Senf handelt es sich um helle, glatte Kugeln, die aus den Gurkengläsern bekannt sind.

Österreichs Landwirte setzten in den vergangenen Jahren auf die Gewürzpflanze, um für mehr Regionalität bei der Senfherstellung zu sorgen. Das ist insofern bemerkenswert, da die Franzosen ihre Vinaigrette derzeit ohne Dijon-Senf anrühren müssen – der KURIER berichtete. Wegen einer Hitzewelle in Kanada und dem Krieg in der Ukraine ist Senf derzeit Mangelware in dem Land am Mittelmeer: In Sachen Versorgungssicherheit beginnt bei den französischen Bauern erst jetzt ein Umdenken.

Dabei ist der Anbau von Senf kein leichtes Unterfangen, weiß Brantner: „Wir hatten in diesem Jahr eine relativ schlechte Ernte – der Senf war heuer jene Kultur mit der geringsten Erntemenge.“ Seit 15 Jahren baut der Landwirt die einjährige, krautige Pflanze an: „Der Ertrag schwankt immer von Jahr zu Jahr und hängt stark von der Witterung ab, aber im Juni sorgte der heiße Wind bei 35 Grad für eine schlechte Kornausreifung und kleine Körner, damit hatten wir ein Drittel weniger Erntemenge. Das Getreide war zu dieser Zeit viel weiter in der Entwicklung.“

Auch wenn Brantner Argumente bezüglich Versorgungssicherheit verstehen kann, so erschweren Produktionskosten, Energiekrise und Klimawandel den Anbau von Senf: „Wir haben schon die letzten Jahre Ende Juli geerntet, aber heuer waren wir besonders früh dran. Ich spiele zum ersten Mal mit dem Gedanken, kommendes Jahr keinen Senf anzubauen.“

Schärfe

Gelbe Blütenpracht: Warum der Senf-Anbau immer schwieriger wird

Lange galten Senf, Zwiebel und Kren zu den einzigen scharfen Gewürzmitteln in Mitteleuropa – Pfeffer und Chili sollten erst im 13. bzw. 15 Jahrhundert Schärfe in die Küche bringen. Das erste Rezept stammt vom römischen Schriftsteller Columella, der zur Zeit von Kaiser Claudius im 1. Jahrhundert n. Chr. ein Werk über Landwirtschaft und Gartenbau verfasste.

Für die Senfherstellung eignen sich ebenso Brauner und Schwarzer Senf, beide zählen aber zu der Pflanzenart Brassica aus der Familie der Kreuzblütengewächse. Die milden, nussigen Körner entfalten während des Garens oder Einlegens ihr scharfes Aroma – nur die Samen des Gelben Senfs werden zum Einlegen verwendet.

Experten gehen übrigens davon aus, dass es sich beim biblischen Gleichnis vom Senfkorn um schwarzen Senf – auch Senfkohl genannt – handeln dürfte, der im Mittelraum heimisch ist.Das „kleinste aller Samenkörner“ werde rasch  zu einer großen Pflanze – ein Vergleich mit der raschen Ausbreitung des Reiches Gottes. 

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