Digitale Lustkiller: Macht das Internet unser Sexleben kaputt?

Eine neue Studie zeigt: Die Britinnen und Briten haben immer seltener Sex.
Eine Studie aus Großbritannien legt nahe, dass moderne Technologien zur Flaute im Schlafzimmer führen.

Die Briten haben so wenig Sex wie noch nie, sagen Forscher – und machen das Internet und den immer schnelllebigeren Alltag dafür verantwortlich.

Sexfaule Paare

Die Daten einer neuen Langzeitstudie belegen demnach: Weniger als die Hälfte der britischen Bevölkerung hat noch einmal pro Woche Geschlechtsverkehr – Tendenz sinkend. Die erhobenen Daten belegen einen allgemeinen Rückgang der sexuellen Aktivität zwischen 2001 und 2012. Am seltensten haben der Erhebung der London School of Hygiene and Tropical Medicine nach die über 25-Jährigen sowie Verheiratete und Paare, die zusammenwohnen, Sex.

Für die Untersuchung wurden die Angaben von über 34.000 Männer und Frauen zwischen 16 und 44 Jahren ausgewertet. Die hatten in den Jahren 1991, 2001 und 2012 an der National Survey of Sexual Attitudes and Lifestyles teilgenommen. In den drei Umfragen wurden die Menschen zu vaginalem, analem oder oralem Sex mit gleichgeschlechtlichen Partnern oder Menschen des anderen Geschlechts befragt.

Männer und Frauen, die über eine bessere körperliche und psychische Gesundheit verfügten, hatten im Schnitt häufiger Geschlechtsverkehr, ebenso Vollbeschäftigte und Personen mit höherem Einkommen.

Ein Drittel hat keinen Sex

Insgesamt sank der Anteil an Personen, der im letzten Monat über gar keinen sexuellen Kontakt berichtet hatten, zwischen der ersten und zweiten Befragung (von 28,5 Prozent auf 23 Prozent bei Frauen und von 30,9 Prozent auf 26 Prozent bei Männern). In der letzten Erhebung stieg dieser Prozentsatz wieder an (auf 29,3 Prozent bei Frauen und 29,2 Prozent bei Männern).

Der Anteil jener Befragten, die im letzten Monat mindestens zehn Mal Sex hatten, stieg zwischen den ersten beiden Umfragen (von 18,4 Prozent auf 20,6 Prozent bei Frauen und von 19,9 Prozent auf 20,2 Prozent bei Männern), sank jedoch in der abschließenden Erhebung auf 13,2 Prozent bei Frauen und 14,4 Prozent bei Männern.

Insgesamt hatten 41 Prozent aller befragten Männer und Frauen im letzten Monat mindestens einmal pro Woche Sex, wie die jüngste Umfrage ergab.

"Unsere Daten zeigen, dass die sexuelle Aktivität zwischen 2001 und 2012 in Großbritannien zurückgegangen ist", schreiben die Autoren im British Medical Journal (BMJ). Gleichzeitig sei der Anteil der Männer und Frauen, die sich häufigere sexuelle Kontakte wünschen, gestiegen.

Die Hälfte aller Frauen (50,6 Prozent) und fast zwei Drittel der Männer (64,3 Prozent) gaben an, dass sie gerne öfter Sex haben würden. Verheiratete und Paare mit gemeinsamem Wohnsitz äußerten diesen Wunsch besonders häufig – also genau jene Gruppe, die immer weniger Sex hat. Das sei "Grund zur Besorgnis", wie die Wissenschafter schreiben.

„Tempo des modernen Lebens“

Studienautorin Kaye Wellings zufolge dürfen "verschiedene Faktoren diesen Rückgang erklären". "Das bloße Tempo des modernen Lebens" sei der Expertin für sexuelle und reproduktive Gesundheit zufolge jedenfalls als Faktor zu berücksichtigen. Der Rückgang falle zudem eindeutig mit der zunehmenden Nutzung sozialer Medien zusammen.

Als "interessant" bewertet Wellings die Erkenntnis, dass "die am stärksten Betroffenen im mittleren Lebensalter sind (…) also Männer und Frauen, die häufig Arbeit, Kinderbetreuung und Verantwortung gegenüber der älteren Generation vereinbaren müssen."

Denkbar sei auch, dass Menschen sich heutzutage nicht mehr gezwungen fühlen, ihre sexuellen Aktivitäten überzubetonen. Die Gleichstellung der Geschlechter gestehe Frauen zudem zu, ihre eigenen sexuellen Bedürfnisse unabhängig von denen ihres Partners zu befriedigen.

"Weniger Sex zu haben, ist nicht immer schlecht", sagt Wellings. So könnten die Umfrageergebnisse für viele auch ein Trost sein. "Wichtig für das Wohlbefinden ist nicht, wie oft Menschen Sex haben, sondern ob es für sie wichtig ist."

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