Was macht eigentlich ... ein Verleger?
In Deutschland kann man Buchwirtschaft studieren und Verlagskaufmann lernen. In Österreich aber nicht. Was zur Folge hat, dass die Verleger hierzulande ihr Geschäft ohne richtige Ausbildung ausüben. Einer von ihnen ist Benedikt Föger. Er leitet seit 2004 den auf Sachbücher (Politik, Wissenschaft) und Literatur spezialisierten Czernin Verlag.
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Der Oberösterreicher, geboren 1970 in Ried im Innkreis, studierte lange Biologie – "bis es meinem Vater zu blöd wurde, mich zu finanzieren". Aber er sei nicht auf der faulen Haut gelegen: Föger arbeitete als freier Wissenschaftsjournalist, schrieb zum Beispiel im Spectrum der Tageszeitung Die Presse über Evolutions- und Sexualbiologie. "Darüber hat in den Neunzigerjahren kaum jemand berichtet.2 Er beschäftigte sich auch mit Verhaltensforschung und kratzte am Ruhm des Nobelpreisträgers Konrad Lorenz. Denn 2001 stieß er auf dessen NSDAP-Antrag ("Ich war immer Nationalsozialist").
In der Folge wurde er vom Publizisten Hubertus Czernin, der 1999 seinen Verlag gegründet hatte, gefragt, ob er nicht (mit Klaus Taschwer) ein Buch über Lorenz und den Nationalsozialismus schreiben wolle. Er wollte. "Danach bin ich dem Verlag verbunden geblieben." Weil es Czernin gesundheitlich miserabel ging – er litt unter einer äußerst seltenen Autoimmunerkrankung – bot er Föger schließlich an, den Verlag zu übernehmen.
"Das hat mich sehr gefreut, weil mir schon in Jugendtagen dachte: Verleger sein – das reizt mich. Ich glaube, das könnt‘ ich!2 Ein Vorbild war unter anderem Suhrkamp-Verleger Siegfried Unseld. Föger hatte zwar keine Ahnung von Buchhaltung und Kalkulation, aber ein wenig Germanistik studiert. Und so sprang er ins kalte Wasser. Wie viele seine Kollegen, die zuvor Buchhändler, Lektoren oder Politikwissenschaftler gewesen waren.
Sie alle machen, wie Föger sagt, 2aus Texten Bücher". Die Tätigkeit sei vergleichbar mit jener des Filmproduzenten. Er bestimmt, welche Bücher verlegt werden – und er geht, wenn er der Eigentümer ist, ein kaufmännisches Risiko ein. Denn die Verlagsförderung des Bundes macht bei mittelgroßen Betrieben maximal 20 Prozent des Umsatzes aus. Aber immerhin: "Sie gibt uns eine gewisse Freiheit. Man kann Projekte realisieren, die man aus rein marktwirtschaftlichen Gründen nicht machen könnte, etwa eine Lyrikreihe. Und das hilft der neuen österreichischen Literatur.2 Also noch unbekannten Autorinnen und Autoren.
"Schnell ersichtlich, ob Text gut oder nicht"
Allein beim Czernin Verlag langen pro Tag im Durchschnitt zwei unverlangte Manuskripte ein. Ein Gutteil kann schon nach einem kurzen Blick ausgesiebt werden, weil er nicht zum Verlagsprogramm passt. "Wir bringen zum Beispiel keine Kinderbücher und keine Ratgeber heraus." Und Lebenserinnerungen nur in Ausnahmefällen. "Es ist auch relativ schnell ersichtlich, ob ein Text gut ist oder nicht. Das ist kein Aufwand. Aber wenn wir Zeit in ein Manuskript stecken, dann wird daraus in der Regel auch ein Buch." Die Wahrscheinlichkeit, als völlig Unbekannter veröffentlicht zu werden, ist dennoch gering. Denn die langjährigen Autoren des Verlages bieten immer wieder neue Stoffe an. Und die haben die besseren Karten.
Ist die Entscheidung für ein Buch gefallen, überlegt sich Föger mit seinem kleinen Team, wer das Manuskript lektorieren soll. Zumeist greift man auf externe Mitarbeiter zurück. Und wenn die Zusammenarbeit mit dem Autor funktioniert, beginnt das Produktionsmanagement. Föger muss bei Druckereien Angebote einholen (auch in Deutschland oder Tschechien) und fixiert einen Zeitplan bis zum Erscheinen: "Wann muss das Lektorat fertig sein, der Satz, das Korrektorat? Wann beginnen das Marketing und die Pressearbeit?"
Mit dem Büchermachen das große Geld zu verdienen, ist allerdings schwer in Österreich: "Viel Arbeit für wenig Geld", sagt Föger. "Denn unseren Autoren zuliebe produzieren wir auch Bücher, die keinen großen wirtschaftlichen Erfolg versprechen. Erstaunlicherweise ist aber auch bei diesen Titeln immer wieder was dabei, das sich gut verkauft. Das Lustige an meinem Beruf die ständige Hoffnung, dass etwas unglaublich erfolgreich sein könnte."
Nebenbei ist Föger seit neun Jahren der Präsident des Hauptverbandes des österreichischen Buchhandels. Er hat zu repräsentieren und möglichst viele Subventionen für die Branche zu lukrieren. "Es geht darum, dass die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen gegeben sind – nicht nur für die Verlage, sondern auch für den Buchhandel."
Wichtig sei auch die Verleihung von Preisen (zum Beispiel für die schönsten Bücher) als Marketingtool: "Die Branche muss in der Öffentlichkeit präsent sein. Die Preise sind ein Sichtbarmachen des Kulturguts Buch." Und mit dem Ehrenpreis für Toleranz in Denken und Handeln als höchste Auszeichnung, die der österreichische Buchhandel zu vergeben hat, "wollen wir schon auch zeigen, dass es uns nicht nur ums Verkaufen geht. Sondern dass wir auch eine gesellschaftliche Verantwortung wahrnehmen."
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