Wandtexte – inklusive Triggerwarnungen – stehen aber erst relativ am Ende des Prozesses, den eine Kuratorin wie Lahner federführend zu koordinieren hat. „Ich überlege mir ein Konzept, muss die Werke bekommen, mir eine Hängung überlegen und dabei immer die potenziellen Besucher mitdenken“, erklärt sie.
Bei jeder Station der Entwicklung greifen viele Rädchen ineinander. Ob nun die Ausstellung von einer einzigen Künstlerpersönlichkeit handelt (wie das in der Albertina meist der Fall ist) oder ein Thema umkreist - es sind Verhandlungen mit Künstlern, Galerien, Museen oder auch Nachlassverwaltern zu führen, es gilt, Vertrauen aufzubauen, um Leihgaben zu organisieren. Bei der Positionierung der Werke im Museumsraum sind dann ästhetische wie inhaltliche Kriterien zu beachten: Harmonieren die Bilder und Skulpturen? Gibt es zu viel Text oder zu wenig? Kennen sich die Besucherinnen und Besucher aus?
Einführen und begeistern
Lahner stimmt sich dazu mit der Abteilung für Kunstvermittlung, für Ausstellungsmanagement und mit Grafikern ab – und nicht zuletzt mit Künstlern und Künstlerinnen. Die Ansichten, wann ein Werk Erklärung braucht und wann es „für sich selbst sprechen“ kann, sind da durchaus breit gefächert. Steht an einem Ende des Spektrums das Klischeebild des Kurators als Mitglied einer abgehobenen Kaste, der Kunst in verrätselter Weise auswählt und mit hochgestochener Sprache umschreibt, sieht Lahner sich und ihre Institution eher am anderen Ende angesiedelt: „Für mich geht es darum, die Leute hineinzuführen und wenn möglich zu begeistern. Es ist eine vertane Chance, wenn jemand rauskommt und sich dumm fühlt“, sagt sie. Dieser Umstand bedingt, dass die Kuratorin auch nach Eröffnung einer Ausstellung bei Führungen oder Gesprächen in die Vermittlung eingebunden ist.
Das dichte Programm der Albertina habe die Ausstellungsorganisation zuletzt in den Mittelpunkt ihrer Tätigkeit gerückt, sagt Lahner. Das Berufsfeld einer Kuratorin oder eines Kurators – das Wort leitet sich vom lateinischen „curare“ ab und bedeutet so viel wie „jemand, der sich kümmert“ – ist damit aber nicht erschöpft.
Erhalten und pflegen
Museumskuratorinnen und -kuratoren sind auch maßgeblich für die Sammlungspflege zuständig. Sie müssen also die Bestände kennen, verantworten in Abstimmung mit den Restaurierungsabteilungen deren Erhaltung und Konservierung. Zudem sind sie mit verantwortlich dafür, die Sammlung - innerhalb der jeweiligen Grenzen von Budget und Kapazität - zu erweitern und zu ergänzen. So gehört es auch zum Job, Kunstwerke zum Ankauf vorzuschlagen, Anträge für finanzielle Unterstützung dazu einzureichen oder auch Angebote für Schenkungen oder Dauerleihgaben zu prüfen.
Bei Kunsthallen oder anderen Einrichtungen, die selbst über keine Sammlung verfügen, sind die Schwerpunkte anders gelagert – Kuratorinnen und Kuratoren beauftragen hier manchmal Werke für bestimmte Ausstellungen und begleiten den Prozess von der Konzeption bis zur Ausführung mit. Bei Werken, die im öffentlichen Raum aufgestellt werden, ist die Koordination mit Behörden und ausführenden Unternehmen Teil des Jobs.
Anders als viele ihrer Kolleginnen hat Lahner nicht Kunstgeschichte, sondern Psychologie studiert. Während im Bereich historischer Bestände kunsthistorisches Fachwissen unabdingbar ist, sei der Zugang in der Gegenwartskunst auch von unkonventionellen Seiten her möglich, erklärt die Kunst-Enthusiastin, die gerade ihre Frühzeit im eigenen Kunstraum nicht missen möchte. „Dabei habe ich vom Streichen der Wände über Förderungsanträge, Sponsoring und Pressearbeit bis hin zum Ausschenken der Getränke alles selbst gemacht und früh gesehen, was alles dazu gehört“, erzählt sie. „Ich bin in Vor-Facebook-Zeiten mit Flyern bei Eröffnungen gestanden, damit Leute kommen – und sie kamen. Das war eine wichtige Erfahrung, die ich durchaus weiterempfehle.“
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