Hinter den Kulissen: Was macht ein Regieassistent?
Wenn ein Drehtag nach Plan läuft, dann ist Georg Mayrhofer zufrieden – denn dann hat man „etwas richtig gedacht“.
Mayrhofer ist seit mehr als 30 Jahren als Regieassistent für Film und Fernsehen tätig. Anders als die Berufsbezeichnung vielleicht vermuten lässt, handelt es sich dabei nicht um einen Zwischenschritt auf dem Weg zur Regie: Die Regieassistenz ist eine Art „Drehachse“, die in ständigem Austausch mit den anderen Departments beim Film steht, erklärt der gebürtige Wiener. „Man muss die künstlerischen Intentionen verstehen, andererseits muss man auch recht handfest und bodenständig sein, weil es beim Film auch um faktische Dinge wie abgesperrte Straßen, schlechtes Wetter oder die Verfügbarkeit von Schauspielern geht.“
Verfolgungsjagden
Seine Arbeit beginnt in der Regel mehrere Wochen vor dem Dreh mit dem Lesen des Drehbuchs. „Der Regieassistent ist der erste, der feststellt: Aha, in dieser Szene haben wir eine Autoverfolgungsjagd, also werden wir wahrscheinlich Stuntleute, Autos und eine Straßengenehmigung brauchen. Dafür muss man die notwendigen Besprechungen organisieren.“
Das Erstellen des Drehplans, die Organisation der Komparserie und Drehortbesichtigungen gehören ebenfalls zu seinem Job. Beim Dreh achtet Mayrhofer darauf, dass der Plan eingehalten wird, macht Setansagen („Ruhe, wir drehen!“) oder weist noch einmal freundlich auf Zeitvorgaben hin: „Es ist auch gut, wenn man dann noch mal sagt: ,Ihr könnt’s euch eh erinnern, um zwölf sperrt diese Kirche zu und dann müssen wir alle Szenen haben, in denen die Schauspieler rein- und rausgehen!‘“
Zuletzt große Aufmerksamkeit hat der Beruf des Regieassistenten nach dem tödlichen Schussunfall am Set des US-Western „Rust“ bekommen. Der dortige First Assistant Director hat später angegeben, dass er die Waffe nicht überprüft hatte. Ob er dafür überhaupt zuständig war, wird nun diskutiert. Hierzulande gehöre das jedenfalls nicht zu den Aufgaben eines Regieassistenten, erklärt Mayrhofer.
Es ist ein Beruf, für den es keine spezifische Ausbildung gibt. Meistens mache man eine Art „Ochsentour“, so Mayrhofer: Man fängt irgendwo an und arbeitet sich hoch. Ihn selbst hat es zwischen schriftlicher und mündlicher Matura zum Fernsehen verschlagen, „was meiner mündlichen Matura nicht sehr gutgetan hat“, wie der 56-Jährige schmunzelnd gesteht, „aber ich habe sie bestanden“.
Wenn der sich das traut
Mayrhofer arbeitete für die TV-Sendung „Okay“ und die Jugendseite der Krone, begann Dolmetsch- und Jusstudien – besann sich dann aber, dass er ja eigentlich immer davon geträumt habe, „zum Film zu gehen und einen Oscar zu gewinnen“.
Vom „Kaisermühlen Blues“ kam er über Werbefilme zu einem Studentenprojekt, bei dem er den 2009 verstorbenen Regisseur Niki List („Müllers Büro“) kennenlernte. „Er hat die Hauptrolle gespielt und war sehr undiszipliniert. Das ist mir unglaublich auf die Nerven gegangen und ich hab’ ihm ordentlich in den Hintern getreten. Da hat er gesagt: ,Wenn der sich das bei mir traut, dann traut er sich das bei jedem.‘ Und er hat mich zu seinem Regieassistenten gemacht.“
Aus heutiger Sicht sei das viel zu schnell gegangen, meint Mayrhofer, weil er damals noch „wenig Ahnung von dem hatte, was man auf einem Filmset macht. Aber ich habe mich gut geschlagen. Dann stellt man fest, dass man dafür geeignet ist – und bleibt hängen.“ 17 Kinofilme, 36 TV-Filme und circa 70 Serienfolgen habe er gemacht, von „Muttertag“ über „SOKO Donau“ und „Erik & Erika“ bis zu „Märzengrund“.
Besonders brillant
Als Regieassistent sei man „im Zentrum vieler Begehrlichkeiten und Wünsche“, so Mayrhofer. „Film ist bis zu einem gewissen Grad eine hysterische Situation. Ich glaube, man braucht die Persönlichkeit, das teilweise einfach abrinnen zu lassen und rational zu bleiben.“ Das sei „manchmal sogar wichtiger, als besonders brillant oder schlau zu sein. Wenn es künstlerisch ans Eingemachte geht, muss ich immer noch ein offenes Ohr für die Nöte eines Fahrers haben und darf ihn nicht runterputzen. Wenn das passiert, beginnt man, das ganze System zu destabilisieren.“
Ist das nicht ein undankbarer Job? „Nicht, wenn er einem liegt“, findet Mayrhofer. „Bei mir ist es so, dass ich eine wahre Freude daran haben kann, wenn etwas funktioniert, wenn man an entscheidender Stelle ein System aufgesetzt hat – und dann sieht, wie es läuft.“
Kompass
Durch seine Arbeit hat er einen Überblick über das Geschehen am Filmset und vor Kurzem sogar ein Buch darüber geschrieben. Das „Basisbuch Film“ soll eine Art Kompass für Interessierte sein, die wissen möchten, „wer auf einem Set was tut, wo die eigene Position sein könnte und worauf man achten muss“.
Mayrhofer hat aber auch schon Drehbücher verfasst – zuletzt für einen Austro-„Tatort“, der im kommenden Jahr gedreht werden soll und im Wiener Jugendmilieu angesiedelt ist.
Pläne, wer bei seinem „Tatort“ die Regieassistenz übernehmen könnte, gibt es bereits: Mayrhofer selbst. „Wir wollen das ausprobieren.“ Und er fügt lachend hinzu: „Ob das gut ist, werden wir sehen.“
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