Hype um US-Popstar: Was macht Taylor Swift anders als andere Stars?
„,Was zum Teufel ist so toll an Taylor Swift?‘, frage Steve. ,Ich hatte immer schon eine Schwäche für zornige, blonde Frauen‘, sagte Bucky.“ Das ist der Beginn eines Stücks Fanfiction über Taylor Swift.
Die Erzählung von osprey_archer handelt sogar noch über jemanden, der solche erfundene Geschichten über die Sängerin verfasst – in denen sie eine Juwelendiebin und „Werkatze“ ist.
Also wer gedacht hat, das mit den getauschten Armbändern und den abgestimmten Outfits bei Konzerten würde schon außergewöhnliches Fan-Sein darstellen, der war noch nie auf der Fanfiction-Plattform „Archive of our own“.
Christina Schuster forscht über diese Textgattung (vor allem im Marvel Cinematic Universe) und über Fankultur im Allgemeinen. Fragt man sie, warum das Phänomen der Swifties so gigantische Ausmaße angenommen hat, holt sie einen rasch auf den Boden: „Wir bekommen besonders viel mit, weil der Hype so groß ist.“
Man müsse solche Fan-Phänomene auch immer im Verhältnis mit der Mediengeschichte betrachten: „Nur weil quantitativ mehr abgebildet wird, muss es nicht heißen, dass es auch mehr ist.“ Große Fangemeinden habe es schon früher gegeben, man denke nur an Franz Liszt, Star Trek oder die Beatles.
Das Leben als Narrativ
Was ist nun aber, wie Steve eingangs gefragt hat, so besonders an Taylor Swift? Kulturwissenschafterin Eva Schörgenhuber erklärt: „Bei ihr geht es stark um die Persona, also die Version ,Taylor Swift‘, die sie für ihre Fans ist. Ihre Musik ist vermeintlich immer persönlich, sie gibt sich nahbar. Sie ist sehr bekömmlich und das meine ich nicht negativ. Es gibt keine großen Kontroversen um sie, sie ist zu allen nett, da ist ein großer Flausch um sie herum. Und wichtig ist auch, dass sie mit der Narrativisierung ihres Lebens durch die Songs arbeitet.“ Das wiederum spiele auch eine Rolle dafür, dass die Fanbasis so groß ist. Immerhin macht Swift seit 18 Jahren Musik und ihre Texte decken Teenagerkrisen genauso ab wie die Nöte der Anfang-30-Jährigen. „Da ist so viel Potenzial, das Neueinsteigerinnen und Neueinsteiger abholen kann.“
Coole Leidenschaft
Zudem habe eine interessante Dynamik bei Swift eingesetzt: Zum einen hat sie sich selbst immer wieder als Fan von Künstlern deklariert – „auch solche, die man nicht mit ihr identifizieren würde, wie Musiker Shaboozey“, so Schuster – zum anderen outen sich viele Celebrities als Swifties. Das legitimisiert das Swiftietum und wertet es auf, hat aber auch wieder Vorteile für die Berühmtheiten, die sich mit Swift gutstellen.
Hat Swift es also cool gemacht, jemanden toll zu finden? „Es war immer bei manchen Künstlern okayer, Fan zu sein als bei anderen. Sie hat es aber sicher salonfähig gemacht, leidenschaftlich zu sein“, sagt Schuster. Sie selbst zögert, sich als Swiftie zu bezeichnen: „Weil andere dann ein Bild von mir haben“.
Alles schon da gewesen
Das stört Eva Schörgenhuber nicht. Sie war in ihrer Teenagerzeit Fan der japanischen Sängerin Ayumi Hamasaki. Von damals kennt sie bereits Praktiken, die auch Taylor Swift – nicht ganz unumstritten – betreibt. „Hamasaki hat schon Alben in verschiedenen Versionen herausgebracht.“ Der Swift-Hype wird ohnehin relativiert, wenn man den eurozentristischen Blick in Richtung Asien erweitert. Die K-Popband BTS hat etwa auch eine riesige Fangemeinde, die einen eigenen Namen (A.R.M.Y) hat und sich mitunter in Aktivismus übt. „Die A.R.M.Y. hat zum ersten Mal geschafft, das aus dem asiatischen Eck herauszuheben – wobei das ja kein Eck ist, das ist einer der größten Musikmärkte weltweit! Nur schaut sich das hier keiner an.“
War man vor 16 Jahren bei einem Madonna-Konzert und wenige Jahre danach bei einer Lady Gaga-Show, konnte man schon damals sehen, wie sich der Umgang mit dem Publikum änderte. Beschimpfte Madonna noch in Punkmanier ihre Fans als Motherfucker, gab Lady Gaga Konzertbesuchern das Gefühl, sie freue sich über jeden einzelnen Anwesenden. Swift steht nun eindeutig in der Tradition der letzteren. „Es gibt in den letzten Jahren sehr stark die Entwicklung, dass man darauf achtet, wie es dem Publikum geht“, sagt Schuster. „Dieser Fürsorglichkeitsfaktor macht sich bezahlt. Fans können sich nämlich auch abwenden.“
Kommentare