B-Girl Dora und B-Boy Lil Zoo im Interview
Red Bull BC One ist der größte und prestigeträchtigste Breaking-Bewerb der Welt. Jährlich werden unter diesem Namen auf allen Kontinenten zahlreiche sogenannte „Cypher“ ausgetragen. Das sind Meisterschaften, bei denen sich B-Boys und B-Girls für das Weltfinale qualifizieren können. In Wien gelang das zuletzt Harlekin, der sich im Volkstheater das Ticket für den „Last-Chance-Cypher“ in Mumbai (7.11.) gesichert hat. Wenn der Linzer B-Boy diesen gewinnt, was eine Sensation wäre, ist er Teil der absoluten Weltspitze, die am 9.11. in der indischen Metropole um den Titel tanzt.
An den Start gehen die 16 besten B-Boys und B-Girls der abgelaufenen Saison. Aus heimischer Sicht gibt es dabei einen großen Hoffnungsträger: Lil Zoo. Der gebürtige Marokkaner, der seit Jahren in Innsbruck lebt und trainiert, wird in Mumbai für seine Wahl-Heimat Österreich antreten. Und seinen Titel verteidigen. Denn Lil Zoo ist der amtierende Champion.
Chancen auf einen Finaleinzug hat auch Dora: Die seit Jahren in Wien lebende Ungarin kann es, wenn sie einen perfekten Tag erwischt, in Mumbai unter die 16 besten B-Girls der Welt schaffen.
Die Wettkämpfe werden auf Red Bull TV und den Social-Media-Kanälen von Red Bull übertragen. Mehr Infos unter redbull.com/bcone
KURIER hat Dora und Lil Zoo zum Interview getroffen.
Dora: Die Routinierte
Im Gegensatz zu Lil Zoo (siehe unten) ist Dora (39) für viele noch ein unbeschriebenes Blatt, obwohl die gebürtige Ungarin und Wahl-Wienerin seit über 20 Jahren Teil der Breakdance-Community ist.
KURIER: Wie sind Sie zum Breakdance gekommen?
Dora: Mitte der 90er-Jahre habe ich realisiert, wie sehr ich Hip-Hop liebe und all das, was mit dieser Szene zu tun hat. Stichwort: Mode und Graffiti. Eine Freundin hat dann gemeint: Wenn wir schon in dieser Community sind, sollten wir auch zu dieser Musik tanzen können. In einer Tanzschule in Budapest habe ich dann B-Boys gesehen und mich gleich in die Bewegungen verliebt.
Wie schafft man es, 20 Jahre im Geschäft zu bleiben?
Der Spaß und die Freude, die mir das Tanzen bereiten, lassen einen das harte Training vergessen. Über die Jahre sind einem auch zahlreiche B-Boys und B-Girls, die man im Rahmen von Wettkämpfen kennengelernt hat, sehr ans Herz gewachsen. Diese Freundschaften geben immer wieder die Kraft zum Weitermachen.
Wie viele Stunden trainieren Sie wöchentlich?
Früher habe ich täglich bis zu sechs Stunden trainiert. Aufgrund der Arbeit und Familie habe ich jetzt weniger Zeit: Ich komme auf vier Trainingseinheiten in der Woche.
Was zeichnet Sie als B-Girl aus?
Vielleicht meine Liebe zu Spins, Powermoves und Footwork. Ich habe vor 20 Jahren mit Breakdance angefangen, kenne also noch Schritte und Bewegungen aus dieser Zeit. Ich habe bis jetzt unterschiedliche Trends und Moden kennengelernt und aus jeder Periode ein kleines Stück in meinen Tanzstil integriert.
Wie haben Sie die Entwicklung der B-Girl-Szene erlebt?
Am Anfang hatten B-Girls keinen guten Ruf, weil sie zu schwach, zu wenig trainiert waren. Natürlich gab es dabei immer auch Ausnahmen. Vor allem in den USA hat man B-Girls von Anfang an mehr Respekt entgegengebracht. In Europa jedoch mussten sich die B-Girls diesen Respekt richtig hart erkämpfen.
Mit welchen Erwartungen fliegen Sie zum Weltfinale?
Es hängt vieles davon ab, wie man sich am Tag des Finales fühlt, ob man im Moment des Battles seine Leistung abrufen kann. Das hängt wiederum von folgenden Kriterien ab: Wie ist die Musik während des Battles, wie hat man geschlafen, gegessen. Und wie stark sind die Verletzungen, der mentale Zustand.
Lil Zoo: Der Titelverteidiger
Lil Zoo (25) ist nach seinem überragenden Sieg beim Red Bull BC One Weltfinale in Zürich 2018 ein gefragter B-Boy mit vollem Terminkalender und zahlreichen Verpflichtungen. Der KURIER konnte den für Österreich tanzenden, in Innsbruck lebenden Marokkaner vor dem anstehenden Finale in Mumbai noch zum Interview treffen.
KURIER: Nach Ihrem Gewinn des Weltfinales haben Sie sich verletzt. Was ist passiert?
Lil Zoo: Ich habe mich Anfang des Jahres verletzt und die Verletzung lange Zeit nicht so ernst genommen, wie ich es hätte machen sollen. Ich wurde dann eines Besseren belehrt und musste lange pausieren. Ich konnte fast acht Monate lang nicht trainieren.
Wie geht es Ihnen zurzeit?
Ich bin noch nicht ganz fit, habe Probleme mit meinem Bein und kann einige Bewegungen nicht machen. Aber ich bin zuversichtlich für das nahende Weltfinale in Mumbai. Wer mich kennt, weiß, dass es bei mir am nötigen Willen und Selbstvertrauen nicht mangelt. Ich werde einfach mein Bestes geben, alles versuchen, den Titel zu verteidigen.
Was hat sich seit dem Sieg beim Weltfinale geändert?
Ich habe mehr Verantwortung und mehrere Verpflichtungen. Ich stehe als amtierender Champion verstärkt im Rampenlicht. Viele Blicke sind auf mich gerichtet. Dieser Erfolg hat meine Karriere, mein Leben positiv beeinflusst. Seither gehe ich fokussierter und noch professioneller an die Arbeit.
Konnte jemals ein B-Boy den Titel zwei Mal hintereinander gewinnen?
Bis jetzt hat noch niemand seinen Titel verteidigen können. Daher bin ich auch total angespornt, diese Herkulesaufgabe als erster B-Boy zu meistern.
Die Konkurrenz ist riesig. Was unterscheidet Sie von anderen B-Boys?
Es ist die Energie, die ungebremste Leidenschaft, die ich in meine Bewegungen packe. Man sieht mir an, mit wie viel Herzblut ich dabei bin. Alles, was ich immer wollte, war breaken. Dieser unbedingte Wille und die Freude am Breaking macht mich aus.
Wie beurteilen Sie die Entwicklung der B-Girls?
Für mich ist es beeindruckend, wie schnell die B-Girls dazulernen und besser werden. Sie haben jahrelang für ihre Chance gekämpft und haben nun auch ihre eigene Plattform bekommen. Das freut mich sehr. Ich bin auch froh darüber, dass sie seit 2018 fixer Bestandteil des Weltfinales sind.
Kommentare