Regisseur Paulus Manker: "Es war die nackte Hölle für uns"
Was Paulus Manker über den Streit mit dem Besitzer des Südbahnhotels sagt, welche (Kultur-)Politiker er lobt und beschimpft, und warum er kein Tyrann zu sein glaubt.
KURIER:Sie gelten als nicht einfach, höflich formuliert. Warum ecken Sie immer an?
Paulus Manker: Es war schon in der Schule so. In der Volksschule ist es noch gegangen, ab der Mittelschule wurde es entsetzlich. Ich hatte Schulverbot in ganz Österreich, meine Eltern haben furchtbar gelitten. In der Maturaschule Roland war es dann sehr schön, weil man wie ein erwachsener Mensch behandelt wurde. Da habe ich in Rekordzeit maturiert.
Sie haben Konflikte mit den Besitzern Ihrer Aufführungsorte für „Alma – A Show Biz ans Ende“ und „Die letzten Tage der Menschheit“ in Wiener Neustadt und am Semmering. Mit Südbahnhotel-Eigentümer Christian Zeller streiten Sie vor Gericht.
Im Südbahnhotel war es die nackte Hölle für uns. Dabei war die Location eigentlich wie für uns gemacht. Bei Karl Kraus spielt sogar eine der Originalszenen des Stücks auf der Terrasse dieses Hotels. Man hat uns eingeladen, dort zu spielen, ich habe mich nicht hineingedrängt.
Das Hotel ist nicht gerade taufrisch.
Zeller hat vor vier Jahren angekündigt, es 2025 renoviert wieder zu eröffnen. Wir hatten gehofft, einen Partner im Geiste zu finden. Es ist ein reines Spekulationsobjekt. Und der Bürgermeister steckt unter einer Decke mit ihm.
Hier geht es zum ausführlichen Interview mit Paulus Manker
Sie haben Zeller u. a. Defraudant genannt, haben daher Gerichtsverfahren mit ihm.
Ja, mehr als zehn – aber bis jetzt haben wir alle gewonnen. Im Dezember 22 haben wir den Vertrag unterschrieben und im Jänner ist uns ohne Begründung die Kündigung ins Haus geflattert. Da waren wir gerade im Aufbau. Das Publikum hat die Aufführungen gestürmt.
Herr Zeller wollte Sie loswerden, es gab eine Klage, Sie haben dennoch gespielt, dann kam es zu einem Gerangel mit seinen und Ihren Sicherheitsleuten.
Das waren keine Sicherheitsleute von ihm, sondern ein zehnköpfiger, schwarz gekleideter Schlägertrupp ist in das Haus eingedrungen. Meine Mitarbeiter und meine Frau haben sich bedroht gefühlt. Wir sind dann über den Hintereingang hinein, die Vorstellung hat dennoch stattgefunden. Aber es war wie ein Albtraum.
Ist das nicht auch immer Teil Ihrer Inszenierung, dass es Aufregung und Streit gibt?
Nein. Das ist die künstlerische Darbietung, das Stück, das auch teilweise extrem ist, weil Alma Mahler-Werfel so ein wildes und aufregendes Leben hatte. Bei den „Letzten Tagen der Menschheit“ geht es um den Ersten Weltkrieg, auch kein Kuschelthema.
Wie lange können Sie sich all diese Prozesse leisten?
Bis wir alle gewonnen haben. Es frisst nur viel Energie.
Sie gelten als Wüstling und als Regietyrann.
Überhaupt nicht, ich bin nach Alfons Haider die Nummer zwei der Lieblingsschwiegersöhne. Bei meinen Schauspielern gelte ich als einfühlsam, weil ich ja auch selbst Schauspieler bin.
Wenn man Sie in Ihrer Rolle als der Maler Kokoschka beobachtet, hat man aber immer Sorge, dass die Haare oder das Kleid von Alma in Flammen aufgehen, weil sie im wilden Spiel zu nah an die Kerzenleuchter gerät.
Das ist alles geprobt und kontrolliert. Es sieht nur wild und unkontrolliert aus.
In einer NDR-Doku werden Ihnen Übergriffe vorgeworfen. Sie sind zum Gegenangriff übergegangen und haben von Kleingeistern und AMS-Zombies gesprochen. War das nötig?
Man kann es nicht besser ausdrücken. Die Leute, die da zu Wort kamen, haben bei uns nie mitgespielt. Das sind Wichtigmacher, die es genießen, zwei Minuten im Fernsehen zu sein.
Sie bringen sich oft selbst in die Bredouille, indem Sie vor Gericht zum Beispiel Journalisten beschimpfen.
Ich hätte nie gedacht, eines Tages mit H.C. Strache einer Meinung zu sein, aber Journalisten sind die größten Huren auf dem Planeten.
Wahrheit hat keinen Stellenwert mehr. Einmal wurde ich im KURIER nach einem unverschuldeten Bahnunfall als „Lokführer des Grauens“ bezeichnet. Natürlich fühlte ich mich ein wenig geschmeichelt.
Sind Ihre Projekte durch all diese Eskapaden nicht gefährdet?
Ich arbeite seit 30 Jahren unabhängig, niemand sagt mir, was ich zu tun habe. Das ist die größte Freiheit, die man sich wünschen kann. Wir waren mit dem Theaterstück „Alma“, das es seit mittlerweile 27 Jahren gibt, auf der ganzen Welt zu Gast: von Jerusalem bis Los Angeles, von Venedig bis Lissabon, Prag und Berlin. Und immer war es ein Riesenerfolg.
Finanziell aber nicht.
Gewinn gab es keinen. Das ist kein Geschäft.
Sollte man nicht auch mit Kunst Geschäft machen?
Diese Zeiten sind vorbei. Nennen Sie mir ein Theater in Österreich, das mit seiner Kunst Geld macht. Subventionen ermöglichen ein gewisses Risiko: Dass man auch Stücke spielen kann, die nicht von Beginn an ausverkauft sind.
Bekamen Sie denn genug Subventionen?
Ich konnte mich in den Jahren, wo wir auf Reisen waren, nicht beklagen. Bürgermeister Michael Häupl war da speziell ein treuer Begleiter, der uns subventioniert hat. Auch mit Michael Ludwig funktioniert es. Das sind halt die Sozialisten, die haben ein Gefühl für Kultur.
Die anderen nicht?
Erwin Pröll war großzügig. Die anderen sind Bewahrer, das ist ja auch nicht schlecht. Es gab sehr gute ÖVP-Kulturstadträte: Jörg Mauthe, Peter Marboe. Die sozialistischen Kulturstadträte waren hingegen Wappler. Über die jetzige (Kaup-Hasler, Anm.) breiten wir den Mantel des Schweigens. Die furchtbarsten Kulturpolitiker haben die Grünen. Vor allem die Mediensprecherin (Blimlinger) ist eine Politblunzen. Die hat sich sogar aufgeregt, dass ich im ORF Stellung zu den Vorwürfen nehmen konnte. Sind wir in Weißrussland, dass Politiker entscheiden, wer im Fernsehen auftreten darf? Aber die Grünen haben momentan eh andere Probleme.
Mankers Name ist eng mit seinem Simultan-Stationendrama verbunden, das den Lebensweg Alma Mahler-Werfels nachzeichnet und 27 Jahre lang – auch international – aufgeführt wurde. Manker verkörpert darin den Maler Kokoschka. Davor spielte er u. a. am Burgtheater und im Film. Um seine Projekte gab es Streit und Prozesse. Eltern: Schauspielerin Hilde Sochor, Theaterdirektor Gustav Manker.
Sind Sie traurig, nicht Volkstheaterdirektor geworden zu sein? Ihr Vater hat es geführt.
Ein bissl enttäuscht. Das Volkstheater gehört in Wahrheit mir. Ich bin da sehr für die Erbpacht. Wobei mir diese Verhaberung und dieses Denken – „Ich bin wer Besserer als ein anderer“ – ein Gräuel ist.
Und Sie selbst halten sich für ein verkanntes Genie?
Das sind nicht meine Worte. Die Journalisten haben für mich die Bezeichnung „Enfant terrible“ erfunden.
Ihre Selbstbezeichnung?
Liebenswerter, verständnisvoller Wegbegleiter.
Sie sind und bleiben ein Schauspieler, oder?
Kommt darauf an, was Sie zahlen. Für Geld tu ich alles.
Sie hatten ein Konzept für das Volkstheater.
Ich hätte ein Raumtheater geschaffen, Bühne und Zuschauerraum wären eins gewesen. Die Leute lieben dieses Konzept der Gleichzeitigkeit: dass an mehreren Orten simultan Szenen stattfinden und man in der Nähe des Geschehens ist. Man sitzt in der Küche, wo eine Suppe gekocht wird, und am Bett, wo Alma mit ihrem Liebhaber ist.
Ab und zu schlagen Sie einem Zuschauer das Handy aus der Hand. Auch das gehört zu Ihrem Konzept.
Nein. Das Publikum hat große Freiheit. Sie können aber nicht Schauspielerinnen antatschkern, sich unterhalten oder telefonieren. Wenn jemand stört, gehe ich hin.
Was ist Ihr nächstes Projekt?
Ein Buch über „Die letzten Tage der Menschheit“, ein Mammutstück mit 220 Szenen. Dazu gibt es Bildbeschreibungen mit Fotos, Zeitungsausschnitten, Karikaturen, Fake News. Karl Kraus hat ja heuer 150. Geburtstag.
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