Mit den Beratungen über das ORF-Budget 2024 ist am Montag die Sitzungswoche des Stiftungsrates gestartet. Ab 1. Jänner wird der ORF durch den neuen Beitrag finanziert: 721,9 Mio. Euro soll er einspielen, davon erhält der ORF 682,5 Mio. für die Nettokosten des öffentlich-rechtlichen Auftrags. Insgesamt ist ein Umsatz von 1,05 Mrd. geplant und eine schwarze Null als Endergebnis.
Doch es gibt Unsicherheiten, ob die Umstellung von der GIS-Gebühr auf den ORF-Beitrag reibungslos funktioniert. SPÖ-Stiftungsrat Heinz Lederer fordert nun in der Finanzplanung Szenarien, falls es zur „Zahlungszurückhaltung“ aus sozialen Gründen oder Ausfällen kommt, weil Daten zu Beitragszahlern fehlen. „Wie der ORF damit umgeht, ohne dass es zu Liquiditätsproblemen kommt, muss man sich jetzt überlegen“, so Lederer.
ÖVP-Stiftungsrat Thomas Zach meint zur wirtschaftlichen Situation: „Es wird für den ORF sicher kein einfaches Jahr werden. Inflation, Rezession, Arbeitslosigkeit, all das hat Einfluss auf den ORF-Haushalt. Es gilt weiterhin: Jeder Cent muss zwei Mal umgedreht und genau überlegt werden, wo man ihn bestmöglich ins Programm investieren kann.“ Zu glauben, dass nun Milch und Honig fließen, wäre ein gefährlicher Irrtum. Der ORF habe nun eine stabilere Einnahmenstruktur, „aber das bedeutet nicht gleichzeitig höhere Einnahmen.“
Der ORF-Beitrag macht wenig Freude. Umso mehr ärgert SPÖ-Rat Lederer die Werbekampagne der ORF-Beitragsservice GmbH (OBA), die „eine echte Themenverfehlung“ sei. „Die Menschen leiden unter der Inflation, unter den Energiekosten und wir schaffen es nicht, zu erklären, dass der ORF Vollzahlern real beim Sparen hilft? Es ist mir zwar aus sozialen Gründen weiter zu wenig, aber es ist unterm Strich eine geringere Belastung, je nach Bundesland sogar erheblich weniger. Stattdessen werde ich von der OBA an XXXLutz erinnert.“
Im Werben um Beitragszahler sieht Lederer den ORF weiter in der Bringschuld, etwa beim Programm: „Wo sind die neuen Talk-Formate, die neuen Quizsendungen oder Diskussionsformate? Wie steht’s um Radiostrategie und neue Radioformate? Da will ich Klarheit haben.“
ORF-Chef bei der Information gefordert
Zudem drängt er auf die baldige Besetzung der Chefredaktionen im multimedialen Newsroom. „Die ORF-Information braucht Führung. Das ist die ureigenste Aufgabe von Generaldirektor Roland Weißmann in seiner Funktion als Informationsdirektor.“ Auch in Hinblick auf die vom neuen ORF-Gesetz verlangte Transparenz bei Gehältern und Nebeneinkünften fordert er raschest Regeln, an denen eine Ethikkommission arbeitet. „Die Schlagzahl gehört dringend erhöht.“
Diese Kommission soll auch Vorgaben zur Social-Media-Nutzung im ORF liefern. „Insbesondere für Mitarbeiter der Information verlange ich eine Null-Diät bei den ihren Beruf betreffenden Themen auf Social Media. Eine private Meinung darf man gern haben, im privaten Raum, aber nicht im öffentlichen auf Social Media. Das ist mit journalistischer Unabhängigkeit nicht vereinbar“, so Lederer.
Lederer kritisiert auch, dass ORF-Mitarbeiter immer wieder die Aufsichtsgremien attackieren. „Umgangsformen kann man aber auch auf Social Media und bei öffentlichen Auftritten verlangen.“ In den Gremien vertreten seien Universitätsprofessoren, Leute aus der Medien- und PR-Branche, Betriebswirte und Juristen, die ziemlich viel Zeit und Engagement investierten, gleichzeitig keine finanzielle Anerkennung bekommen und auch noch persönlich haften würden. „Bei manchen im ORF scheint noch nicht angekommen zu sein, dass keiner mehr Lust auf Oberlehrer hat.“ Das gelte im Übrigen auch für das Programm, „wo man damit treue ORF-Konsumenten und Gebühren-Zahler vor den Kopf stößt“.
ÖVP-Vertreter Zach sieht nach dem jüngsten ORF-Erkenntnis des Verfassungsgerichtshof keinen Grund für Unsicherheiten. „Der Verfassungsgerichtshof hat eindeutig festgehalten, dass die ORF-Gremien bis zu einer Reform weiter handlungsfähig und damit auch entscheidungsfähig sind. Damit ist auch die Aufsicht über das Unternehmen sichergestellt.“ Und die Freundeskreise? Sie seien absolut legitim, meint Zach. „Zur Kenntnis zu nehmen wäre hier auch einmal, dass es keinen Aufsichtsrat gibt, dessen Mitglieder sich nicht vorab und auch zwischendurch besprechen. Das gehört zu den Aufgaben und zum Verantwortungsbereich von Aufsichtsräten.“
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