Neuer ORF-Beitrag: Weißmann rechnet mit Mahnungen nur in „Einzelfällen"
Ab 1. Jänner wird der ORF nicht mehr durch die GIS-Gebühr, sondern durch eine - ORF-Beitrag genannte - Haushaltsabgabe finanziert. Das ist eine Folge eines Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs, wonach die bisherige Ausnahme von Streaming-Haushalten von der Gebührenpflicht gleichheitswidrig ist. Eine Kampagne soll die Bevölkerung mit dem neuen ORF‐Beitrag vertraut machen. Diese soll nicht mit Fingerzeig vorgehen, aber klar machen, dass an einer Anmeldung kein Weg vorbeiführt. „Wir informieren, informieren, informieren“, sagte ORF‐Generaldirektor Roland Weißmann im ORF-Publikumsrat am Donnerstag.
Für die geschätzt 3,2 Millionen Haushalte, die schon bisher für ORF-TV und Radio gezahlt haben, wird es mit 15,30 Euro monatlich künftig billiger - je nach Bundesland sogar deutlich. Das liegt daran, dass nicht nur der ORF nachlassen musste, auch der Bund und einige Bundesländer, zuletzt Wien, verzichten auf ihr bisheriges GIS-Körberlgeld. Die Umstellung für bisherige Vollzahler passiert automatisch. Auch fallen mehr als 100.000 Zweitwohnsitze als saisonale Zahler komplett weg. Diese werden auch automatisch abgemeldet.
Dem stehen etwa 170.000 Haushalte gegenüber, die bisher nur für Radio- oder TV bezahlt haben - auf sie kommt eine Erhöhung des ORF-Anteils von 5,17 auf 15,30 Euro zu.
Geschätzt 700.000 bisherige Streaming-, Schwarzseher- oder Nichtkonsumenten-Haushalte kommen neu als Vollzahler dazu. Diese werden derzeit angeschrieben. Pro Tag versende man Informationsschreiben an rund 5.000 Standorte, erklärte eine GIS‐Mitarbeiterin den Hörer-und Sehervertretern. Über 30.000 Neuregistrierungen wurden bereits abgeschlossen. Folgt keine Reaktion von einzelnen Haushalten auf Schreiben, wird ein Zahlschein zugesandt. Wird darauf erneut nicht reagiert, folgt die Einleitung eines Mahnverfahrens. „Österreicher sind gesetzestreu“, zeigte sich Weißmann aber überzeugt, dass dies wohl die Ausnahme sein wird.
46 Prozent mehr Befreiungen
Auch zahlreiche kommunalsteuerpflichtige Unternehmen müssen künftig die ORF‐Haushaltsabgabe leisten. Die nötigen Kommunalsteuerdaten erhält der ORF allerdings erst mit April vom Finanzministerium. Daher sind die Unternehmen erst mit Ende April oder Anfang Mai vom ORF‐Beitrag betroffen und werden diesbezüglich kontaktiert.
Der ORF wiederum muss wiederum verdauen, dass eine massiv gestiegene Zahl von Haushalten aus sozialen Gründen vom ORF-Beitrag befreit sein werden - bei einer Budgetfinanzierung würde auch diese indirekt zum Handkuss kommen. Bereits bestehende GIS-Befreiungen werden übernommen. ORF-Internen Berechnungen zufolge dürfte sich die Zahl 2024 von 270.000 auf knapp 400.000 befreite Haushalte erhöhen. Das entspricht einem Gegenwert von mehr als 60 Millionen, die der ORF nicht vom Bund ersetzt bekommt.
Durch den neuen ORF-Beitrag ist mit Einnahmen von etwa 722 Millionen zu rechnen. Geltend machen kann der ORF nur die geprüften Nettokosten des öffentlich-rechtlichen Auftrags. Diese sind im Konzern mit 687,5 Mio. für 2024 geplant. Der Rest kommt auf ein Sperrkonto und verlängert so die Zeit bis zu einer möglichen Erhöhung. Außerdem muss der ORF ein von der Politik verordnetes Einsparungsprogramm fahren, das sich nur für 2024 mittlerweile auf 90 Millionen beläuft. Gleichzeitig ist der ORF ebenso von der Inflation betroffen. Da auch die Werbekonjunktur lahmt, ist auch von dieser Seite her keine Erleichterung zu erwarten.
Streaming-Plattform ORF On startet
Immerhin gibt es für die künftig zahlungspflichtigen Streaming-Haushalte auch ein entsprechendes Angebot: Am 1. Jänner startet die Online-Plattform ORF On, die die ORF-TVthek ablöst. Durch die von privaten Medien heftig kritisierte, erst im Sommer beschlossene Digital-Novelle bekommt der ORF hier mehr Möglichkeiten. So wird er Inhalte online-first ausspielen dürfen. Auch dürfen Sendungen künftig länger - meist 30 Tage, manches auch endlos - verfügbar sein. Es liege ein „enges Zeitkorsett“ vor, dennoch sei man gut unterwegs, zeigte sich Weißmann zuversichtlich. Am Donnerstag wurden den Räten erste Bilder von ORF On gezeigt. Darauf zu sehen ein für Streamingplattformen typisches Bild: In Leisten angeordnete Kacheln unterschiedlicher Größe, die zu diversen Sendungen führen.
Umfangreicher war der Einblick in den mit 1. Jänner gesetzlich vorgesehenen ORF-Onlinekinderkanal. ORF Kids sei ein „Baby, auf das ich mich besonders freue“, so Weißmann. Der Kanal wird pädagogisch von Expertinnen und Experten begleitet. Auch neue Formate werden dort, wie vom dafür zuständigen ORF-Unterhaltungschef Martin Gastinger im KURIER angekündigt, zu finden sein. So war in einem Trailer etwa ein Ausschnitt aus der Sendung „Hallo, was machst du?“ zu sehen, worin unterschiedliche Berufe vorgestellt werden. „So denkt das junge Österreich“ begibt sich mit jungen Moderatorinnen auf die Straße, um die Meinung von Kindern zu gewissen Themen einzuholen. „Klimakrach“ widmet sich der Klimakrise und die „Science Busters“ liefern Wissenschaft kindgerecht erklärt. Auch für „Yoga Kids“ ist gesorgt.
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Barrierefreiheit wird ausgebaut
Die auf Kinder abzielende „ZiB Zack Mini“ wird ab 2024 in Österreichischer Gebärdensprache (ÖGS) angeboten. Generell liegt beim ÖGS-Angebot auf Informations- und Kindersendungen. Ziel ist es, 2026 rund 800 Stunden in ÖGS anbieten zu können. So wird es ab 2024 auch die „Bundesland heute“-Sendungen mit Untertiteln geben - für Martin Ladstätter, Vertreter für Menschen mit Behinderungen im ORF-Publikumsrat, ein „großer Erfolg“, wurde das doch viele Jahre lang gefordert. Insgesamt soll die Untertitelungsquote im ORF-Programm bis 2026 auf 53,4 Prozent steigen (2022: 47 Prozent), wobei dafür auch auf Künstliche Intelligenz (KI) gesetzt wird. Überdies werden die Nachrichten in einfacher Sprache auf ORF III ab Dezember von zwei auf fünf Minuten erhöht. Im Bereich der Audiodeskription soll der Anteil von 7,4 Prozent (2022) auf 8,5 Prozent (2026) steigen.
Im mit Jahreswechsel neuen Onlinebereich des ORF wird es auch Links zu barrierefreien Angeboten und eine eigene Übersichtsseite geben. In jedem Video soll zudem das barrierefreie Angebot - sofern verfügbar - direkt auswählbar sein.
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