"Mehr als ein Clown": Viennale zeigt Jerry Lewis

"Mehr als ein Clown": Viennale zeigt Jerry Lewis
Die Viennale widmet dem US-Komiker eine umfassende Retrospektive und frönt der Entdeckungslust.

Mit „Entdeckungslust“ will die Viennale in ihre 51. Ausgabe gehen. So wird das Wiener Filmfestival (24. Oktober bis 6. November) etwa gemeinsam mit dem Filmmuseum eine große Jerry Lewis-Retrospektive zeigen. Der US-Komiker sei „definitiv viel mehr als ein Grimassenschneider und Clown“, erklärte Festivaldirektor Hans Hurch am Freitag bei seiner traditionellen Sommer-Pressekonferenz. Daher werde auch der Regisseur Lewis vorgestellt - leider nicht in Anwesenheit des 87-Jährigen, der die für ihn beschwerliche Reise nach Wien nicht antreten wolle.

Die Filmschau werde "das Publikum teilen wie Moses das Rote Meer", zitierte Hurch die mittlerweile verstorbene Filmkritikerin Frieda Grafe, die als Inspirationsquelle für die umfassende Filmschau gedient habe. "Für die einen ist das Schwachsinn, für die anderen pures Kino", habe Grafe außerdem über Lewis gesagt. Entscheiden kann dies das Publikum anhand von 30 Filmen, der sechsteiligen Dokumentation "Bonyour Monsieur Lewis" sowie zehn Ausschnitten der TV-Comedy-Reihe "The Colgate Comedy Hour".

Eigenwillige und "lange" Spezialprogramme

"Mehr als ein Clown": Viennale zeigt Jerry Lewis
Neben dem diesjährigen Festivalsujet, einem grünlich gefärbten, 160 Jahre alten Lichtabdruck eines Stoffstücks von William Henry Fox Talbot, konnte Hurch weitere Programmdetails präsentieren: Etwa ein Special für den spanischen Regisseur Gonzalo García Pelayo, der ab 1982 keine Filme mehr gemacht habe, und sich etwa mit der Organisation von Stierkämpfen sowie mit systematischem Glücksspiel beschäftigte. Auch das Wiener Casino soll Pelayo mit seinen Brüdern in den 80er-Jahren um Millionbeträge erleichtert haben, "aber da müssen wir noch nachrecherchieren", so Hurch. Fix ist aber, dass der Abenteurer nun nach 30 Jahren zum Kino zurückgekehrt ist und sein Film "Allegrías de Cádiz" in Wien Weltpremiere feiern wird.

Die Serien-Formate des Fernsehens, die in den vergangenen Jahren vor allem durch US-Kultproduktionen einen Boom erlebten, hätten ihre Vorläufer in frühen Kino-Serien gehabt, erklärt Hurch. Ein Spezialprogramm widmet sich daher der rund siebenstündigen Serie "Tih-Minh" (1918) von Louis Feuillade sowie Jacques Rivettes über zwölfstündigem "Out 1: Noli Me Tangere" (1970/90).

"Alle Höhepunkte sind heuer sehr lang", meint Hurch. Denn ähnlich viel Ausdauer wird auch Claude Lanzmanns Dokumentation „Der Letzte der Ungerechten“ erfordern, ein fast vierstündiges Porträt des Wiener Rabbiners Benjamin Murmelstein. Ursprünglich sollten die Gespräche mit dem "Judenältesten" des KZ Theresienstadt Teil der Zeitzeugen-Doku "Shoah" (1986) werden. Schließlich konnte Lanzmann das Ergebnis dieses Jahr unter großem Beifall in Cannes präsentieren.

"Mehr als ein Clown": Viennale zeigt Jerry Lewis
Weiters wird die dokumentarische Arbeit des "Sensory Ethnography Lab" von Harvard beleuchtet, in dem seit Jahren eigenwillige Langzeitdokus wie "Leviathan" entstehen. Für die Nachtschwärmer wird es die Mitternachtsreihe „Asian Delight“ mit Genrefilmen in 3D geben, die im Gartenbaukino präsentiert wird.

Im regulären Spielfilmprogramm befinden sich etwa der Locarno-Gewinner „Historia de la meva mort“ von Albert Serra, "The Bay" von Oscar-Gewinner Barry Levinson oder das neue Werk des Südkoreaners Hong Sang-soo, "U ri Sunhi". Neben einem wiedererstarkten US-Independentkino mit Filmen von Andrew Bujalski und David Gordon Green sieht Hurch im Festivalprogramm ein diesmal auffallend starkes deutsches Kino mit Filmen von u.a. Harun Farocki und Klaus Lemke, dessen Film "Kein großes Ding" als Weltpremiere gezeigt wird.

Die Viennale und der österreichische Film

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Weniger stark sieht Hurch den aktuellen Filmjahrgang aus Österreich. Im Gespräch mit dem KURIER sagte er am Rande der Pressekonferenz: "Es gibt heuer nicht so wahnsinnig viele österreichische Filme, das wechselt ein bisschen von Jahr zu Jahr. Mir ist heuer auch eine gewisse Katerstimmung aufgefallen, weil weder in Cannes noch in Venedig österreichische Filme prominent vertreten waren". Dennoch werde es heuer aber eine Mischung aus heimischen Filmen geben, "die ungewöhnlich ist", so Hurch. Eine kleine Personale wirft einen Blick auf den jungen Österreicher Johann Lurf. Und im regulären Programm befinden sich mit Götz Spielmanns neuem Film "Oktober November", der im offiziellen Wettbwerb von San Sebastian läuft, und Gustav Deutschs "Shirley - Visions of Reality" bereits fix zwei interessante österreichische Produktionen. Weitere werden hinzukommen.

Im Vorjahr war es zu einem Eklat gekommen, als Ulrich Seidl nach Termin-Umstimmigkeiten mit der Viennale seine "Paradies"-Filme zurückzog und erklärte, österreichische Filme würden "in den Vorrabend verräumt". Hurch im Rückblick gegenüber dem KURIER: "Das war keine Kontroverse mit dem österreichischen Film, sondern zwischen mir und Ulrich Seidl - zwei sture Hunde. Ich werde mir das heuer schon vernünftig mit den Filmemachern ausmachen." Die Viennale könne aber kein "Wurlitzer, nach dem Prinzip 'Sie wünschen - wir spielen'" sein. "Ich verstehe, dass jeder Filmemacher für seinen Film das Beste will," so Hurch. Letztlich sei der österreichische Film aber nur ein Teil der Viennale, er fühle sich schließlich auch den internationalen Regisseuren gegenüber verantwortlich.

Stargast bleibt noch geheim

Das endgültige Programm der Viennale wird am 15. Oktober bekanntgegeben. Dann werde auch der diesjährige Stargast verraten. Davor bemühe man sich zudem noch um den neuen Woody-Allen-Film „Blue Jasmine“ mit Cate Blanchett, "einer der besten Filme Woody Allens seit langem", so Hurch bei der Pressekonferenz.

INFOS: www.viennale.at

"King of Comedy": Bilder von Jerry Lewis in Cannes

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