Programmdirektorin Groiss-Horowitz: "ORF 1 ist kein hoffnungsloser Fall"
Im September 2021 wurde Stefanie Groiss-Horowitz als Teil der neuen ORF-Führung unter Roland Weißmann zur Programmdirektorin gewählt. Ebenfalls im September steht ihr nun in die erste ORF-Programm-Präsentation ins Haus. Ein Gespräch über ORF 1, dessen Leitung sie zusätzlich übernommen hat, Programmpläne und Sparpotenziale.
KURIER: Ihre Wahl zur Programmdirektorin liegt jetzt ein Jahr zurück, seit einem halben Jahr sind sie – zusätzlich auch als Channel-Managerin für ORF 1 - im Amt. Sind sie hier auf dem Küniglberg nun die Heimkehrerin als Ex-ORF-Mitarbeiterin oder immer noch die vom Privatfernsehen?
Stefanie Groiss-Horowitz: Am Anfang war ich die vom Privatfernsehen. Mittlerweile haben sich alle daran erinnert, dass ich zuvor schon jahrelang im ORF war. Es gab für mich deshalb auch keine Anpassungs- oder Rückkehrschmerzen. Ich kenne das Unternehmen ja sehr gut.
In diesem halben Jahr war das Programm von ORF 1 von Sportgroßereignissen dominiert – so geht es im Herbst auch weiter. Ist das ein Glücksfall, weil das Publikumsinteresse so hoch bleibt? Oder ist es ein Problem, weil man noch nicht so an Stellschrauben herumdrehen kann und deshalb auch nicht genau weiß, wie es wirkt?
Der Sport ist unbestritten eine wesentliche Säule von ORF1. Das ist aber keine neue Entwicklung. Erfreulich ist, dass auch die österreichische Fiktion und unsere Unterhaltungsformate im ersten Halbjahr sehr gut funktioniert haben. Was mich besonders freut ist, dass die Dokumentation-, Service- und Reportage-Angebote nun deutlich besser performen. Das ist für mich ein Zeichen, dass es in die richtige Richtung geht.
Sie haben vorab sicher die Situation analysiert, haben aber trotzdem auch das Channel-Management von ORF1 mitübernommen, obwohl der Sender als hoffnungsloser Fall galt – so wurde es von ORF-Leuten ja selbst dargestellt.
Ich weiß, dass ORF 1 kein hoffnungsloser Fall ist und glaube auch nicht, dass er je einer war. Schaut man die Performance speziell im wichtigen Hauptabend an, liegt der Senderschnitt im ersten Halbjahr bei 16%. ORF 1 ist damit deutlich Marktführer in der jungen Zielgruppe, auf die der Sender ausgerichtet ist - also solche „Baustellen“ würden sich andere wünschen. Es gibt überhaupt keinen Anlass, den Sender schlechtzureden, und ich habe auch nicht den Eindruck, dass das passiert. Die Erfolge, die es gibt, werden gesehen und die Arbeit dahinter geschätzt. Das freut mich besonders für jene, die sehr viel Herzblut in die Produktionen für ORF 1 investieren.
Dass ORF 1 in einer schwierigen Lage ist, ist aber auch nicht von der Hand zu weisen.
Klarerweise ist ORF 1 jener Sender, der am meisten Veränderung durchmachen muss, weil sich das Konkurrenzumfeld hier am stärksten verändert. Klar kommen das immer wieder neue Herausforderungen auf uns zu. Aber mit der Frage, wie man linear ein jüngeres Publikum nachhaltig erreicht, ist der ORF im weltweiten Vergleich nicht allein.
ORF-Generaldirektor Weißmann hat ja dieses erste Jahr zum Jahr der Jugend erklärt. Soeben hat SPÖ-Stiftungsrat Lederer eingefordert, der ORF müsse für junge Leute hipper werden. Gleichzeitig soll ORF 1 wohl älter positioniert werden. Wie geht das aus?
Das Ziel ist, ein breites Publikum zu erreichen, das ist nicht das Gleiche wie älter. Dass das funktionieren kann, das sehen wir schon jetzt an vielen Tagen. Wir haben sehr viel darüber nachgedacht, welche Themen wir am Mittwoch in unserem Doku-Block im Hauptabend bearbeiten. Wenn wir da gesellschaftsrelevante, aktuelle Themen haben, funktioniert das bei einem breiten Publikum. Das gilt auch für unsere Comedy-Angebote am Freitag. Die österreichische Fiktion, also Film und Serie, ist auch extrem breit.
Sie stehen jetzt kurz vor ihrer ersten Programmpräsentation als Direktorin.
Auf die ich mich sehr freue.
Ich rechne jetzt nicht mit der zweitgrößten Programmreform aller Zeiten. Was sind ihre Programmpläne? Worauf haben sie den Fokus gelegt?
Wir schärfen die Labels, die wir inzwischen für die Wochentage definiert haben, um sie auch verlässlich so zu bespielen.
Wie werden das die Zuseher merken?
Es wird am Montag in ORF 1 – mit wenigen Ausnahmen - verlässlich österreichische Serie oder österreichischen Film geben. Wichtig dabei ist: Wir werden die Schlagzahl steigern, obwohl das aufgrund der aktuellen finanziellen Rahmenbedingungen nicht selbstverständlich ist. Im Herbst stehen deshalb vor der Fußball-Weltmeisterschaft mit „Tage, die es nicht gab“ und „Totenfrau“ noch zwei Serien-Highlights auf dem Programm.
Wir werden auch die Unterhaltungsminuten – Show, Comedy, Entertainment - am Freitag ausweiten können. Und wir werden am Mittwoch mehr Dokus haben. Wir werden eine neue Reportage-Reihe einführen, es wird also mehr Factual in ORF 1 geben.
Dazu kommt der Dienstag wie bisher mit den beliebten Soko-Reihen. Donnerstag bleibt Fußball-Tag. Wir schaffen mit einer gemeinsamen Anstrengung die Programm-Farben, die ORF 1 ausmachen in einer größeren Quantität als bisher und bei gleichbleibend guter Qualität anzubieten. Es kommt in Summe also noch mehr österreichisches Programm in ORF 1. Weitere konkreten Formate und Titel gibt es dann bei der Programmpräsentation.
Gibt es Überlegungen zum Wochenende?
Am Samstag, unserem Familien-Show-Tag, werden wir zu den bestehenden Koproduktionen mit unseren deutschen Partnern ein zusätzliches Format anbieten. Auch hier wird es also mehr Programm, mehr Familien-Unterhaltung geben. Der Sonntag bleibt unser Blockbuster-Tag.
Zurück zur Ausweitung des Doku-Tags. Was ist geplant?
Wir werden künftig in allen drei Slots, also 20.15 Uhr, 21.00 Uhr und auch noch danach für Österreich gesellschaftspolitisch relevante Themen aufgreifen. Vor allem wollen wir auch den Service-Aspekt für unsere jüngere Zielgruppe deutlich steigern. Wir werden weiterhin unser „ORF 1 Spezial“ als ein Ad-hoc-Sendungsgefäß nutzen, wenn etwas schnell und aktuell zu besprechen ist.
Eingefordert vom Generaldirektor wurde anlässlich seiner Wahl ja ein Nachhaltigkeitsformat, das wohl auch für den Mittwoch gedacht war. Wie entwickelt sich die Arbeit daran?
Wir haben lang und sehr, sehr intensiv überlegt, wie wir am besten das Thema Nachhaltigkeit mit all seinen Aspekten umsetzen. In diese Überlegungen ist dann im Februar der russische Angriffskrieg auf die Ukraine geplatzt. Mit all seinen Auswirkungen und Fragen in Bezug auf das Programm: Was ist jetzt der Fokus der Menschen? Was ist ihnen wichtig, welche Interessen haben sie, was brauchen sie vom ORF? Wir sind zum Schluss gekommen: Themen wie Nachhaltigkeit, Energie, Klima sind Zukunftsthemen, die verlässlich im aktuellen Zusammenhang behandelt gehören. Und das wollen wir in einer Vielzahl an Sendungen am Mittwoch machen – nicht nur in einem Sendegefäß.
Der Markt der Dokumentationen unterteilt sich inzwischen wie jener der Serien auch in „normale“ und den Highend-Bereich, den man zum Teil von Streamern aber auch von anderen kennt. ORF 1 hat z.B. die zugekaufte, hochaktuelle „Nawalny“-Doku mit großem Erfolg gespielt. Wird es in diese Richtung noch stärkere Bemühungen geben? Sind vielleicht auch Co-Produktionen angedacht? Die geforderten Budgets bei diesen Dokus sind allerdings wesentlich höher.
Es sind drei Wege, die wir da gehen: Ein Weg ist die aktuelle Reportage, mit der wir schnell auf Themen, die es wert sind, reagieren. Das zweite sind aufwendigere Reportagen, die einen längeren Vorlauf haben. Da sehen wir die Koproduktionen als sehr großen Hebel an. Da wollen und werden wir mit den Mediatheken der deutschen Öffentlich-Rechtlichen, enger zusammenarbeiten. Aber auch Anbieter wie Netflix oder Amazon sind hier Partner für uns - mit Netflix geht es bereits um ein ganz konkretes Doku-Projekt fürs nächste Jahr.
Als dritten Weg gibt es zudem die Kauf-Produktionen, wie es „Nawalny“ war, also extrem spannende Filme zu aktuellen Themen, die auch unser Publikum interessieren. Dafür bauen wir im ORF ein neues Ressort auf, das verstärkt auf diese Programm-Farbe geht. Künftig wird man also in ORF 1 viel mehr von diesen internationalen High End-Produktionen zu sehen bekommen.
Ist halt die Frage, ob das Publikum das bei ORF 1 sucht?
Das Potential beim Publikum ist ohne Zweifel da – sonst würden wir das nicht machen. Die Zahlen belegen das. Die Primetime ist am Mittwoch um drei Prozentpunkte gestiegen. Es funktioniert immer dann, wenn wir auf Themen setzen, die in Österreich eine breite Relevanz haben. Das reicht vom Strom-Blackout bis zum Einkauf im Internet und den Waren aus China. Sehr gut funktionieren auch Themen zu Ernährungsfragen, wenn sie ein wenig gegen den Strich gebürstet sind. Ein Beispiel: „Die Fett-Hysterie“, übrigens eine ORFIII-Produktion, die ich in ORF 1 platziert habe und die über 20 Prozent Marktanteil und knapp 400.000 Zuseher hatte.
Für den Herbst und entgegen der ersten Planung wurde bereits ein Mini-Herbst-Event angekündigt. Was wird das konkret?
Es gibt eine größere Comedyshow für den Freitag-Hauptabend, der ja humorvoll positioniert ist. Wir wollen dort ein Format zeigen, das in Richtung Impro-Comedy geht, mit jungen Talenten, die im Vorfeld uns oder auch schon auf Bühnen gezeigt haben, dass sie talentierte Comedians sind. Sie werden in dieser Sendung von etablierten Kabarettisten und Comedians in unterschiedliche, herausfordernde Situationen gebracht, in denen sie sich dann mit diesem Talent bewähren müssen.
Was ebenfalls die Unterhaltung am Freitag betrifft: Kehrt Peter Klien zurück und wäre es nicht längst Zeit eine junge weibliche Late-Night auf Sendung zu bringen?
Peter Klien kehrt zurück, er ist ab 16. September erneut unterwegs und das hoffentlich wieder sehr erfolgreich. Die Frage nach einer weiblichen Late-Night ist spannend. Unsere Comedy- und Kabarettverantwortlichen sehen das ähnlich und sind entsprechend auf der Suche. Wobei die klassische Late-Night-Aufstellung, Frau hinterm Schreibtisch, dabei gar nicht so wichtig ist.
Aber einen weiblichen Host den entsprechenden Raum zu geben, das ist ein wichtiges Ziel für uns. Wir haben ein, zwei Comediennes, mit denen wir Gespräche führen, aber in erster Linie geht es zunächst darum, das Sendungsgefäß zu finden und zu entwickeln.
Ein großes Thema für das nächste Jahr wird es sein, die spätere Zeitzone - was früher die Donnerstagnacht war oder eine Dienstagnacht heute ist - nicht aus den Augen zu verlieren und weiterzuentwickeln. Es ist mir besonders wichtig, dass diese Innovationstreiber nicht zu kurz kommen und junge Talente auch Platz bekommen, um, wie wir sagen, ihre Kilometer zu machen.
Ein auch bei den Jungen höchst erfolgreiches Format, das derzeit allerdings in ORF2 läuft, sind die „Liebesg’schichten“. Ist das ein Thema, so etwas für ORF 1 auf die Beine zu stellen?
Zu Dating-Formate gibt es immer wieder Überlegungen. Ich würde es auch nicht ausschließen, wenn wir es schaffen, ein Format zu entwickeln, das auch Relevanz neben den „Liebesgeschichten…“ hat. Was ich nicht sehe in ORF 1 und überhaupt im ORF, ist ein Dating-Format um des Datings willen. Wenn wir uns dem Thema Beziehung, Liebe in ORF 1 nähern wollen, dann müssen wir etwas Flottes finden, das zum Sender passt. Wir nehmen ja auch nicht jede x-beliebige Doku ins Programm, sondern haben „Dok 1“ zu einem Format gemacht, das nun unverwechselbar für den Einser ist. Wir haben da einfach Ansprüche in Inhalt und Tonalität. Da sehe ich derzeit am Markt kein Format.
Da zeigt sich nun, was man sagt, dass sie recht genau wissen, was sie nicht wollen.
Stimmt. Ich weiß aber meist auch, was ich will, was sich im Umkehrschluss oft von selbst ergibt.
Diese ORF 1-Pläne sprechen eine klare Sprache: mehr österreichisches Programm. Das kostet Geld. Woher soll das Geld kommen in Zeiten von steigenden Preisen und während eines laufenden Sparkurses?
Durch zwei Maßnahmen: Nummer eins ist, dass wir uns in der Herstellung und Produktion alles sehr genau anschauen und durch entweder andere und neue Rahmen-Vereinbarungen, verlässlichere Vorplanung usw. Synergien nutzen, die sich positiv auf das Programm auswirken. Und das Zweite ist für mich ganz klar die Devise: Unsere ganze Kraft und die entsprechenden finanziellen Ressourcen müssen in die Kernzone von 17 bis 23 Uhr gehen. Wir sind deshalb dabei, alles, was nicht in diese Kernzone fällt, zu evaluieren, um so auch Geld freizumachen.
In der Vergangenheit war US-Ware, wie es abwertend bezeichnet wird, immer wieder ein Diskussionsthema. Aktuell auffällig sind etwa die „Gilmore Girls“ mit famosen Quoten am früheren Nachmittag. Das zeigt also, es gibt einen Bedarf daran seitens junger ORF-Konsumenten, was auch immer Medienpolitiker reden. Wie werden sie damit um gehen, wie groß ist das Problem mit ansprechendem Nachschub?
Wir stellen uns die Frage: Was funktioniert beim jungen Publikum, was funktioniert nicht und für welche Zeitzonen brauchen wir was. Wir wollen zum Beispiel weiterhin am Sonntag Blockbuster in der Primetime anbieten können. Es gibt manche Serien, das sind allerdings nur mehr eine Handvoll, die in der Daytime weiterhin funktionieren. Und dann gibt es Programme, bei denen der Nachschub fehlt und damit die Verlässlichkeit und das paart sich mit einem schon spürbar zurückgehenden Interesse beim Publikum. Wir haben beschlossen, Zeitzonen außerhalb der Kernzone finanziell nicht mehr so auszustatten, wie das bisher der Fall war, um so Geld für andere Dinge freizumachen. Das heißt, wir kaufen manche Produktionen nicht mehr nach und lassen sie auslaufen. Und da gilt es jetzt das richtige Augenmaß zu erwischen.
Wie steht es um TV-Events wie „Starmania“ oder „Dancing Stars“ in der Zukunft?
Wir freuen uns darüber, dass wir diese Formate haben. Ich freue mich auf „Dancing Stars“ im Frühjahr. Ich bin auch nach wie vor überzeugt von der Stärke der Marke „Starmania“. Und wir diskutieren darüber, in welcher Weise wir den jungen Fans das wieder bieten können. Es ist ja überraschend, dass diese etablierte ältere ORF-Marke bei den Jungen so gut funktioniert. Da müssen wir jetzt schauen, wie wir das weiterentwickeln. Aber konkrete Sendetermine gibt es derzeit nicht.
Alljährlich bringt der Song Contest Lust und oft "Leid". Gibt es schon Ideen, wie sie das Auswahlverfahren neu aufstellen wollen?
Ja, die Idee gibt es. Es wird ein Team geben, das sich damit auseinandersetzt. Dieses Team wird nicht aus dem ORF kommen, sondern aus der Musikindustrie. Der Song Contest ist weiterhin ein wichtiges Thema für den ORF. Es ist eine Riesenveranstaltung. Ich persönlich finde es eine herzerfrischend unterhaltsame Veranstaltung, ungeachtet des Abschneidens der österreichischen Beiträge. Ich bin froh, dass wir das auch nächstes Jahr und die kommenden Jahre weitermachen. Was das externe Team und die weiteren Details betrifft, stehen wir noch ganz am Anfang. Ich möchte dem gern noch ein bisschen Zeit geben, um Vorschläge zu erarbeiten, wie wir das konkret umsetzen werden.
Noch zum Vorabend in ORF 1, der lange für viele Diskussionen gesorgt hat. Jetzt gilt dieser als stabilisiert, allerdings bei näherer Betrachtung wirkt es so, als hätte die Durchschaltung der „Zeit im Bild“ ihre Schuldigkeit getan. Muss man sich da langsam Alternativen überlegen?
Es war Anfang des Jahres ein großer Schritt festzulegen, dass wir in ORF 1 auf die Kernzone 17 bis 23 Uhr fokussieren. Wir wollen in dieser Zeit künftig und vor allem auflaufend auf die Prime Time ausschließlich Eigenproduktionen zeigen. Das haben wir mit dem neuen Quiz „Smart10“ gut gestartet. Und die „ZiB“ ist nun mal die meistgesehene Nachrichtensendung des Landes und das mit großem Abstand auch bei jüngeren Zuseherinnen und Zusehern mit 45% Marktanteil in der Zielgruppe 12-49 und 40% Markanteil bei den 12-29jährigen. Die Weiterentwicklung des ORF-1-Vorabends ist insgesamt ein lebendiger Prozess.
Der ORF-Player nimmt zunehmend Gestalt an. Nun startet einmal das „Sound“-Modul. Auch wenn es noch keine ORF-Digital-Novelle gibt, wieweit sind Gedankenspiele und Vorarbeiten gediehen? Da soll ja ORF 1 das Verbindungsglied zur jungen Zielgruppe sein.
Wir haben mit Blick auf den Player eine Projektgruppe implementiert, die sich mit Formaten für Unter-30-jährige auseinandersetzt. Diese unterscheiden sich doch von unseren linearen Erzählstrukturen. Diese Gruppe hat mittlerweile nach einer Evaluierungsphase schon ganz konkrete Angebote gemacht, was wir auf einem ORF-Player und auch auf anderen Plattformen umsetzen könnten. Zudem versuchen wir durch einen verstärkten Factual- und Reportage-Anteil im linearen Programm schon ein Repertoire aufzubauen, das am Player nachhaltig funktionieren kann. Und es gibt ein paar fiktionale Angebote, die entweder in Verlängerung oder als Spin-off zu den bestehenden möglich wären. Vorschläge gibt es auch für, so das gesetzlich zulässig werden sollte, Standalone-Fiction, die sich dann am Player manchmal ein bisschen unterscheidet von jener im linearen Fernsehen. Längen von 25 Minuten sind beim Streaming zum Beispiel attraktiver als im linearen Programm. Wir sind in der Vorbereitung so weit, dass wir bei einem „Go" in eine Umsetzung gehen können.
Nach Gebührenerhöhung, dem Spruch des Verfassungsgerichtshof und den Auseinandersetzungen um ein neues ORF-Gesetz schwillt die ORF-Legitimationsdiskussion. Wie sehen sie das als Rückkehrerin aus dem Privatfernsehen?
Die vergangenen Jahre in Österreich, aber auch international, haben eindrucksvoll gezeigt, dass es den öffentlich-rechtlichen Rundfunk braucht und warum es ihn braucht. Wir leben in einer Zeit, in der es sehr viele Bewegtbild-Anbieter gibt. Aber das Versprechen und der gesetzliche Auftrag des ORF mit seiner Unabhängigkeit, mit seinem Qualitätsanspruch, mit einer fachlichen Professionalität, wie es die Journalistinnen und Journalisten des ORF jeden Tag beweisen, ans Publikum, ein Rundfunk der Gesellschaft zu sein, da würde ich mich jetzt nicht trauen, das in Zeiten wie diesen in infrage zu stellen.
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