ORF-Gesetz: Die Koalition macht eine Extra-Runde
Die Zeit drängt, aber die koalitionsinternen Verhandlungen über die ORF-Gesetze dauern an. Fragt man im Medienministerium von Susanne Raab (ÖVP) nach, so kommen Stehsätze retour: „Die Stellungnahmen werden geprüft. Ziel ist es, das Gesetz vor dem Sommer auf den Weg zu bringen.“ Heute, Montag, soll es nach intensiven Gesprächen in der Vorwoche eine weitere Runde zwischen ÖVP und Grünen geben. Es geht dabei, so heißt’s, doch um mehr als bloßes „Feintuning“.
Laut Fahrplan soll die Novelle, die der Regierung so viel Ärger einbringt, am Mittwoch in den Ministerrat und gleich auch in den Nationalrat kommen und noch in der ersten Juli-Woche beschlossen werden. Dann kann der Bundesrat in seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause noch die Novelle absegnen. Dass damit der Ärger sein Ende findet, davon ist aber nicht auszugehen.
5.128 Stellungnahmen gab es zu den den ORF betreffenden Gesetzesnovellen auf der Parlamentshomepage. Meist stammten sie von Privaten, die über die ab 2024 verpflichtende Haushaltsabgabe namens ORF-Beitrag, die es z. B. auch in Deutschland gibt, verärgert sind. Manch einer outet sich dabei ungewollt als Schwarzseher und häufig wird das ORF-Programm kritisiert, das man vorgibt, gar nicht zu konsumieren.
Geballter Unwille
Trotzdem, dieser geballte Unwille hat auch Spuren in der Politik hinterlassen. Die muss aber nach dem Spruch des Verfassungsgerichtshofs eine tragfähige ORF-Finanzierung finden. Die geplanten 15,30 Euro monatlich für den ORF sind für Hunderttausende weniger, als sie derzeit zahlen. Das war das von Raab vorab formulierte Ziel. Wer von der GIS befreit ist, bleibt das auch – bei einer Budgetfinanzierung kämen indirekt ja alle zum Handkuss.
Betroffen vom ORF-Beitrag sind vielfach junge Menschen, die internationale Anbieter streamen. Der ORF wird da alle Hände voll tun bekommen, um „ein ORF für alle“ zu werden, wie es Generaldirektor Roland Weißmann ausgegeben hat.
Existenzbedrohung
Keine Besserung bringt das Gesetzespaket für private heimische Medien und für die Marktstrukturen. Diese Gelegenheit wird ebenso verpasst, wie jene, den öffentlich-rechtlichen Auftrag zu schärfen. Die „Novelle stellt privaten Medienmarkt vor existenzbedrohliche Herausforderungen“, befindet Veit Dengler, der frühere langjährige Medienmanager der NZZ, in der Kleinen Zeitung. Kritik gibt es von vielen anderen Experten auch.
Bis zuletzt machten die Privatsender nun Druck, damit es stärkere Einschränkungen für den ORF etwa bei der TV-Werbung gibt. Was sich offenbar die ÖVP vorstellen kann. Davon profitierten nur Google und Co, gibt es vom Küniglberg dazu ein klares Nein – was auch die Grünen so sehen dürften. Der ORF verweist auch auf neue Beschränkungen bei Radio und Digital, die einen niedrigen zweistelligen Werbe-Millionen-Betrag kosten dürften. Und man könne nicht ignorieren, dass der ORF in den nächsten Jahren über 300 Millionen einsparen müsse.
EU-Kommission
An dem Punkt rechnen die Zeitungsherausgeber (VÖZ) vor: Der ORF erhält 710 Millionen aus der Haushaltsabgabe, mehr als jetzt. Für den Verlust des Vorsteuerabzugrechts (gut 80 Millionen) springt der Bund ein. Zudem gibt es für den Weiterbestand des Orchesters zehn Millionen. „Chapeau!“, sagt dazu Dengler in Richtung ORF.
Die Reduktion der Artikel auf orf.at besänftigt den VÖZ nicht. Faire Verhandlungen und fairer Wettbewerb sähen anders aus, moniert man. Schon stellt man in Aussicht, die EU-Kommission damit zu befassen – der ORF als nicht enden wollendes Ärgernis.
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