JJs Sieg beim Song Contest: Was ist ein Countertenor?

Eurovision Song Contest 2025: ESC-Seiger JJ (Johannes Pietsch) wird in Österreich empfangen.
Die Stimmlage des Song-Contest-Gewinners hat eine lange Geschichte - und erlebte zuletzt wieder einen ordentlichen Aufschwung.

Nachdem die hohen Töne verklungen sind, bleiben sie dennoch stark im Ohr. Denn auffallend am Song-Contest-Siegerlied „Wasted Love“ sind die extrem hohen Töne, die JJ singt. Wie macht er das und was ist das eigentlich, ein Countertenor?

Die männlichen Opernsänger singen in drei Stimmlagen: Bass, Bariton und Tenor. Ein Countertenor (auch: Kontratenor) ist eine eigene Stimmlage: So werden männliche Sänger genannt, die dank Kopf- und Falsettstimme in den hohen Bereichen der Frauenstimmlagen Alt oder Sopran singen können. Meist werden diese Stimmen am ehesten dem Mezzosopran zugeordnet, also jener Stimmlage, in der etwa Elīna Garanča singt.

Countertenöre haben in der Musikgeschichte eine lange Tradition - wenn auch unter anderen Vorzeichen. Vor allem in den Opern und Konzertwerken der Barockmusik, auch in sakralen Werken der damaligen Zeit, waren diese Altus-Stimmlagen präsent. 

Dass damals diese hohen Männerstimmen vorwiegend durch Kastration erzielt wurden - Buben wurden vor dem Stimmwechsel kastriert, um diesen zu unterbinden und die Alt- und Sopranstimmen zu bewahren -, wirkt bei manchen besonders konservativen Opernfans und Kulturkritikern bis heute geistig in Form von Vorurteilen gegenüber Countertenören nach.

Auch zur damaligen Zeit war die Vorgangsweise durchaus kontrovers. Frankreich lehnte den Eingriff und die Kunstform vollständig ab. Der Komponist Joseph Haydn wäre in Wien beinahe „sopranisiert“ (so hieß das damals) worden, wenn nicht sein Vater die Erlaubnis dazu verweigert hätte. In England überlebte laut BR Klassik die Tradition des männlichen Altisten, also der Sänger, die diese Stimmlagen ohne Eingriff singen.

Wie JJ seinen Erfolg beim Eurovision Song Contest nutzen will

Insofern wundert es auch nicht, dass JJ seinen Erfolg nutzen will, um sich gegen das Stigma gegenüber Countertenören auszusprechen. "Ich bin froh, dass ich das auf der größten Musikshow zeigen durfte, dass es Menschen wie mich da draußen gibt", sagte er in Wien.

Heutige Countertenöre haben mit den körperlich konstruierten Männerstimmen von damals nichts gemein, übrigens auch nicht im Stimmumfang und der Gesamttonlage, wie auch JJ bei "Wasted Love" bewies. Der stimmtechnische Hintergrund zeigt, wie fließend die Fächer eigentlich sind: Beim klassischen Tenor ist der Einsatz von Falsettanteilen weitestgehend unerwünscht, aber nicht ausgeschlossen. Der Countertenor hingegen wechselt früh in die Kopfstimme und kann so fließende Übergänge in hohe Register singen.

Bekannte Countertenöre

Im Bereich der sogenannten E-Musik haben die Countertenöre zuletzt wieder viel Aufmerksamkeit bekommen. Sänger wie Philippe Jaroussky, Jochen Kowalski, Bejun Mehta, Jakub Józef Orliński, Max Emanuel Cencic oder Andreas Scholl singen das Repertoire der Alten Musik und auch zeitgenössische Werke, die den ätherischen Tonfall des "Gegentenors" vielfach einsetzen. 

"Ich glaube, der Grund, warum die Leute Countertenorstimmen mögen, das ist, dass wir in dieser Stimme noch ein Kind, ein großes Kind, hören können, zumindest in meiner Stimme. Viele Mütter sind Fan von mir, weil sie das Gefühl haben, sie könnten meine Mutter sein", sagte Jaroussky laut BR Klassik.

Aus dem Popbereich kennt man diese hohen Töne u. a. von Klaus Nomi

Schon der Film "Farinelli" machte Mitte der 1990er Jahre das Thema hoher Stimmlagen breitenwirksam präsent.

ORF-Entscheid steht an: Warum Wien der bessere Standort für den ESC ist Wohin geht der ESC? An diesem Tag steht der Sieger fest Tiroler FPÖ-Chef: Österreich soll "freiwillig" auf Song Contest verzichten Geheim und knallhart: Wie der ORF mit Wien und Innsbruck um den ESC verhandelt Goldener Rathausmann für JJ: "Das Wiener Publikum ist viel geiler"

Kommentare