Regierung einig zu "ORF-Beitrag": Rund 15 Euro pro Monat

ORF-Zentrum an Küniglberg
Haushaltsabgabe liegt bei rund 15 Euro statt bisher 22,45 Euro. Gilt nur für Hauptwohnsitze. GIS-Befreite bleiben befreit. RSO und Sport+-Inhalte bleiben.

Die Regierung hat sich am Donnerstag auf eine ORF-Finanzierung geeinigt - der "ORF-Beitrag" wird für alle Hauptwohnsitze kommen, fällt aber deutlich geringer als bisher aus. Die Ansage von Medienministerin Susanne Raab (VP) von einem "ORF-Rabatt" fällt kräftig aus: Die Haushaltsabgabe wird sich auf etwa 15 Euro belaufen statt wie bisher 22,45 Euro.

Ein Wermutstropfen: Die Abgaben der (sieben) Bundesländer werden, weil sie Sache der Länder sind, vorerst nicht gestrichen. Sie sind aber dazu "eingeladen". Die Länder kassierten im Vorjahr auf diese Art 150 Millionen.

Anders auf Bundesebene: Die Bundesabgaben fallen wie auch die Umsatzsteuer, der Kunstförderbeitrag kommt künftig aus dem Budget und fällt auch weg. Das war bislang eine Summe von 145 Millionen.

Zuletzt heftig diskutiert: Das RSO und die Sport+-Inhalte bleiben laut der Grünen Klubobfrau Sigrid Maurer erhalten. Die Details, wie das geschehen soll, werden noch ausgearbeitet.

Eine "unbürokratische Regelung" für "Betriebsstätten", die verfassungskonform ist, soll noch gefunden werden.

Reine Nebenwohnsitze sind vom "ORF-Beitrag" ausgenommen. Insgesamt profitieren etwa 3,2 Millionen bisherige Gebührenzahler. Bislang Gebührenbefreite bleiben auch weiterhin befreit. Die Neuregelung tritt mit 1. 1. 2024 in Kraft.

Transparenz- und Sparpaket

Der ORF muss ein Sparpaket von 325 Millionen Euro umsetzen, um über die Runden zu kommen. Es sollen auch gesetzliche Möglichkeiten ausgelotet werden, um insbesondere in alte Verträge einzugreifen. Diese nur noch wenigen Uralt-Verträge beinhalten Sonderpensionen und Spezialzulagen. Zudem werden die Berichtspflichten im ORF normiert. In Zukunft müssen z. B.die Höhe der Gehälter nach dem Vorbild der BBC, Nebenbeschäftigungen und Zulagen offengelegt werden.

Zu den existierenden 3,2 Millionen GIS-Haushalten sollen 2024 400.000 Zahler dazu kommen. Das ergibt Einnahmen von ungefähr 650 Millionen. Das wären um 30 Millionen weniger als heute. Genaue Berechnungen sind aktuell noch nicht verfügbar und konnten laut Stiftungsräten auch im Gremium noch nicht genannt werden.

Die Gesetze dazu sollen "zeitnah" ausgearbeitet sein. Betreffend einer Notifikation sei man mit EU-Stellen im Kontakt, so Raab.

Die Regelung zur Festsetzung des "ORF-Beitrags" solle nachgeschärft werden, so Raab. Grundsätzlich soll weiterhin der ORF-Stiftungsrat die Höhe entsprechend der Nettokosten des öffentlich-rechtlichen Auftrags beschließen. Diese soll dann wieder von der Medienbehörde KommAustria geprüft werden.

Verpflichtung

In einer ersten schriftlichen Stellungnahme begrüßte ORF-Generaldirektor Roland Weißmann „das Bekenntnis der Bundesregierung zu einer nachhaltigen Neuregelung der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Ein ORF-Beitrag ist eine solidarische Lösung zur Finanzierung des ORF, der von 95 Prozent aller Menschen in Österreich genützt wird." Der Verfassungsgerichtshof sei in dieser Angelegenheit sehr eindeutig gewesen, als er im Sommer von einer Finanzierungsgarantie gesprochen habe. "Darüber hinaus begrüße der ORF die Zusage einer Digitalnovelle.. Weißmann: "Wir sind uns der Erwartungen unseres Publikums bewusst und nehmen auch Kritik ernst. Den ORF-Beitrag sehen wir als Verpflichtung, noch stärker zu einem ORF für alle zu werden - mit mehr Programm-Angeboten für alle Menschen in Österreich.“

Künftig sollen alle zahlen

Der "ORF-Beitrag" sieht grob gesprochen vor, dass künftig alle Haushalte eine Gebühr zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks entrichten müssen. Bisher zahlten nur jene Personen, die ein Fernseh- oder Radiogerät hatten. Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat diese Regelung im Juni 2022 aufgehoben. Das Argument: Dass Menschen, die ORF-Inhalte übers Internet abrufen, ausgenommen sind, sei nicht mehr zu halten. Gleichzeitig formulierte das Höchstgericht eine "Finanzierungsgarantie".

Da auch das neue Modell wohl von der EU-Kommission als Beihilfe qualifiziert wird, muss es noch in Brüssel abgesegnet werden. Auch deshalb hat die Zeit gedrängt. Zuletzt sprach ORF-Generaldirektor Weißmann von längstens sechs bis acht Wochen, die man noch für eine Einigung habe.

Sparpaket im ORF im Gegenzug

Die Verhandlungen liefen seit Wochen. Der ORF hat sich im Gegenzug zu einem Sparpaket in Höhe von rund 300 Millionen Euro bis 2026 verpflichtet. Medienministerin Raab hatte angekündigt, dass der "ORF-Beitrag" für die bisherigen Zahler der GIS-Gebühr günstiger werden soll.

Thomas Zach, Leiter des ÖVP-Freundeskreises im ORF-Stiftungsrat und Vorsitzender des Finanzausschusses, sprach angesichts des von der Regierung vereinbarten ORF-Beitrags von einem "großen Meilenstein für den ORF“. Er bedeutet die nachhaltige Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Österreich und damit die Absicherung seiner demokratiepolitischen Bedeutung und seines Beitrags für die Identität unseres Landes.“ Gleichzeitig sei der neue ORF-Beitrag auch eine "große Verpflichtung“, denn das Medienhaus müsse sich jetzt noch mehr darum bemühen, "ein ORF für alle“ zu sein.

Heinz Lederer, Leiter des SPÖ-Freundeskreises im ORF-Stiftungsrat, hielt zum angekündigten ORF-Beitrag fest: "Nichts Genaues weiß man." Die soziale Absicherung sah er aber als noch "nicht genau herausgearbeitet“ an und erhoffte sich eine "soziale Schärfung“. Auch sollen seiner Ansicht nach das Radio Symphonieorchester Wien (RSO) und der Spartenkanal ORF Sport + im Verbund beim Medienhaus bleiben und nicht ausgelagert werden. Wie es letztlich sein wird, ist offen. Anzuerkennen sei die Zähigkeit, mit der ORF-Chef Weißmann versucht hat, dran zu bleiben und nun doch die Absicherung der ORF großteils gewährleistet ist.

Reaktionen

"Mit unserem gemeinsamen Bekenntnis zum Fortbestand des ORF Radio-Symphonieorchesters Wien halten wir als Regierung fest, dass die angedachte Einsparung dieses Klangkörpers von internationaler Strahlkraft vom Tisch ist“, hielt Kultur-Staatssekretärin Andrea Mayer (Grüne) per Aussendung fest. "Das RSO hätte aus meiner Sicht von vornherein niemals zur Diskussion stehen dürfen - es ist daher erfreulich, dass diese Entscheidung zum Erhalt des Orchesters getroffen ist, auch wenn die Details noch erarbeitet werden müssen.“ Sie setze sich weiterhin „für eine gesetzliche Verankerung des RSO ein, damit diese Diskussionen in Zukunft nicht mehr notwendig sind“.

Der Verband Österreichischer Privatsender (VÖP) befürchtete, dass der ORF trotz der Entlastung der Haushalte künftig mehr Geld bekommen könnte. Gepaart mit den geplanten weiteren Digitalfreiheiten für den ORF würde es damit "zu einer noch stärkeren Marktverzerrung“ kommen.

SPÖ-Mediensprecher Jörg Leichtfried fragte sich in einer Aussendung: "Wo bleibt eine sozial gerechte ORF-Finanzierung? Wo ist die soziale Staffelung?“ Es könne nicht sein, dass eine Studentin gleich viel zahlt wie eine Villenbesitzerin. Die Regierung habe sich lediglich auf Überschriften geeinigt, viele Fragen seien offen, so Leichtfried.

Die FPÖ sah "heiße Luft“ gegeben und wertete die Einführung eines ORF-Beitrags als "Beleg für die Planlosigkeit und Überforderung der Medienministerin“. Die Haushaltsabgabe sei "nichts anderes als eine ORF-Zwangssteuer, mit der ÖVP und Grüne der ohnehin schon inflationsgeplagten Bevölkerung noch ungenierter in die Tasche greifen“, erteilte FPÖ-Mediensprecher Christian Hafenecker dem ORF-Beitrag eine Absage.

"Nur die Haushaltsabgabe einzuführen und dem ORF einen Sparkurs zu verordnen, reicht nicht aus, um den ORF endlich ins 21. Jahrhundert zu holen“, so NEOS-Mediensprecherin Henrike Brandstötter. Raab habe keine Reform, keine Entpolitisierung geliefert, nur eine andere Art der Finanzierung. Dabei hätte man den ORF aus den "Fängen der Parteipolitik“ befreien sollen. Dass die Länderabgaben nicht gestrichen werden, sei eine vergebene Chance und zeige, dass sich die Medienministerin gegenüber den Ländern nicht durchsetzen

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