Durchwachsenes Auftaktwochenende mit Seidl-Show

epa03574322 Austrian director Ulrich Seidl (L) and actress Melanie Lenz arrive for the premiere of their movie 'Paradise: Hope' (Paradies: Hoffnung) during the 63rd annual Berlin International Film Festival, in Berlin, Germany, 08 February 2013. The movie is presented in competition at the Berlinale running from 07 to 17 February. EPA/SVEN HOPPE
Deutsche Presse mit ernüchterter Zwischenbilanz - Aber viel Lob für Seidl.

Die Erwartungen sind bei den wichtigen Filmfestivals immer hoch. Umso größer ist dann oft die Enttäuschung des Feuilletons, wenn die Filmauswahl zu wünschen übrig lässt. Diesmal lief es vor der Berlinale ein bisschen anders: Die Süddeutsche hatte die Erwartungen schon vor der Eröffnung heruntergeschraubt und geätzt, dass nur drei der 19 Wettbewerbsfilme echte Weltpremieren sind. Und der Spiegel zog am Sonntag eine recht zynische Zwischenbilanz. Die österreichischen Filme mussten sich in Berlin aber nicht verstecken.

Viel Lob für Melanie Lenz

Ulrich Seidl genoss im Wettbewerb die ungeteilte Aufmerksamkeit der Fachpresse, die jenseits des Atlantik für das überraschend sanfte Ende der "Paradies"-Trilogie viel Lob übrig hatte, während der Film von der deutschsprachigen Kritik gemischt aufgenommen wurde. "Paradies: Hoffnung" erzählt die Geschichte eines übergewichtigen Mädchens, das sich im Diätcamp in den 40 Jahre älteren Arzt verliebt. Wo manchen Seidls scharfer Blick fehlte, lobten andere die "humorvolle Gnadenlosigkeit" und sahen in Darstellerin Melanie Lenz eine Bärenkandidatin.

Kaum Glanzpunkte

Durchwachsenes Auftaktwochenende mit Seidl-Show
Til Schweiger war mit seiner Partnerin Svenja Holtmann gekommen. Er stellte den Film "The Necessary Death Of Charlie Countryman", in dem in einer Nebenrolle zu sehen ist.
Für den Goldenen oder Silbernen Bären haben sich sonst noch nicht allzu viele Filme im Wettbewerb empfohlen. Der deutsche Beitrag "Gold" von Thomas Arslan lieferte für denSpiegelzwar "einen ersten Höhepunkt" - allerdings "an unfreiwilliger Komik". Ein ernst zu nehmender Western sehe anders aus, Hauptdarstellerin Nina Hoss ließ sich krankheitshalber entschuldigen. "The Necessary Death Of Charlie Countryman" vom Schweden Fredrik Bond verschaffte zwar Til Schweiger sein Berlinale-Debüt in einer Nebenrolle, ließ trotz mitreißender Inszenierung aber Tiefe vermissen.

Gemischte Reaktionen

Durchwachsenes Auftaktwochenende mit Seidl-Show
epa03574178 US actor Matt Damon arrives for the premiere of 'Promised Land' during the 63rd annual Berlin International Film Festival, in Berlin, Germany, 08 February 2013. The movie is presented in competition at the Berlinale running from 07 to 17 February. EPA/HANNIBAL HANSCHKE
Freundlichen Applaus hatte am ersten Wochenende Matt Damon als bekehrter Erdgas-Lobbyist erhalten, sein Drehbuch setzt jedoch trotz des umweltpolitischen Engagements ein bisschen zu sehr auf kleinstadtromantische Hollywoodlösungen. Keine Spur von Hollywood gab es im polnischen Film "In the Name of" über zwei homosexuelle Priester, der zwar manche gute Kritik erhielt, andere - wie dieFrankfurter Rundschau- aber zur Frage animierte, ob man die ersten Masturbations- und Analsexszenen wirklich schon in der 9-Uhr-Vorstellung serviert bekommen müsse.

Oscarfavorit "Les Miserables" feierte Deutschlandpremiere

Mehr Begeisterung gab es - wie oft bei der Berlinale - über das Programm in den Nebenschienen oder Filme außerhalb der Konkurrenz. Die Deutschlandpremiere des für acht Oscars nominierten Filmmusicals "Les Miserables" sorgte für jede Menge Glanz und Blitzlichtgewitter wegen den Stars Hugh Jackman und Anne Hathaway, und Amanda Seyfried wurde vom Publikum für ihre Rolle als Pornodarstellerin in "Lovelace" gefeiert. Viel Applaus gab es auch in der Sektion Forum für die österreichischen Filme "Die 727 Tage ohne Karamo" von Anja Salomonowitz und "Shirley - Visions of Reality" von Gustav Deutsch.

Das größte Publikumsfestival der Welt dauert noch bis 17. Februar, am kommenden Samstag werden die Bären vergeben. Der Jury sitzt der chinesische Großmeister Wong Kar Wai vor - aber auch dessen neuer Film "The Grandmaster" war zur Eröffnung alles andere als gut aufgenommen worden. Insgesamt bisher ein durchwachsener Start für die 63. Ausgabe des großen Filmfestivals in Berlin. Am Mittwoch gibt es aber zumindest die Gelegenheit, Ulrich Seidls "Paradies"-Trilogie erstmals in ihrer Gesamtheit in der Akademie der Künste zu sehen - außerhalb des Festivals.

Alle Interviews, Kritiken und Berichte von der 63. Berlinale auf einen Blick.

Die Wettbewerbsfilme im Überblick

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