Annie Leibovitz: Das Beste aus dem Archiv
John Lennon nackt, Demi Moore schwanger, Whoopi Goldberg in einer Badewanne voller Milch. Dazu noch Porträts von US-Präsidenten wie Bill Clinton und Barack Obama sowie rare Aufnahmen der kürzlich verstorbenen Queen Elizabeth II: Annie Leibovitz hatte sie alle vor der Kamera, fotografierte unzählige Persönlichkeiten auf ihre ganz eigene Art und Weise und ist damit selbst zum Superstar geworden. Sie gilt als berühmteste und bestbezahlte Fotografin der Welt, viele ihrer Bilder wurden zu teuer verkauften Kunstwerken. Von Leibovitz fotografiert zu werden, gleicht einem Ritterschlag.
Kamera als Freund
Geboren wurde die Fotografin 1949 als Anna-Lou Leibovitz im Bundesstaat Connecticut an der US-Ostküste in eine jüdische Großfamilie hinein. Eigentlich wollte sie Kunstlehrerin werden, doch dann begann sie ein Studium der bildenden Künste in San Francisco und entdeckte dort die Kamera für sich. "Als junger Mensch - und ich weiß, dass das schwer zu glauben ist - war ich sehr scheu, aber mit der Kamera konnte ich überall hingehen, sie war wie ein Freund", erzählte sie später einmal in einem Interview.
Ihre Fotomappe machte 1970 beim Musik-Magazin "Rolling Stone" so Furore, dass sie sofort angestellt wurde. Plötzlich fand sich die junge Fotografin zwischen Star-Reportern wie Tom Wolfe und Hunter S. Thompson wieder. "Ich war ja noch ein Kind, und man musste da wirklich die Klappe halten, wenn man nichts Wichtiges zu sagen hatte. Außerdem musste man einen guten Sinn für Humor haben und natürlich auch lernen, zu trinken und Drogen zu nehmen. Ich habe mein Bestes getan." 13 Jahre blieb sie dem Blatt treu, ehe sie 1983 zur "Vanity Fair" wechselte. Heute arbeitet sie immer noch viel für die "Vanity Fair", aber auch das Modemagazin "Vogue" gehört zu ihren besten Kunden. Ausstellungen und Fotobücher dokumentieren ihr Werk.
Schlagzeilen
Zahlreiche ihrer Arbeiten machten weltweit Schlagzeilen. Die Aktfotos von Demi Moore beispielsweise, auf denen die Schauspielerin hochschwanger mit bloßem Bauch zu sehen ist. Oder die Bilder des nackten John Lennon, der sich im Liegen an eine ganz in schwarz gekleidete Yoko Ono klammert. Fünf Stunden später wurde Lennon erschossen. "Erschütternd" sei das gewesen, erinnerte sich Leibovitz später.
Noch heute knipst die 72-jährige Fotografin die Berühmtesten der Berühmten weltweit - ein nicht immer einfacher Job, wie sie offen zugibt. "Es gibt sicher Menschen, mit denen die Zusammenarbeit schrecklich ist. Aber ich wäre verrückt, da Namen zu nennen. In dieser Branche darfst du nicht indiskret sein."
Lebenskrise
Privat hat Leibovitz schwere Zeiten hinter sich. 2004 starb ihre Lebensgefährtin, die US-Essayistin Susan Sontag, nach 16 gemeinsamen Jahren an Krebs, kurz darauf ihr Vater Samuel. Über all der Trauer hatte Leibovitz den Überblick über ihre Finanzen verloren und Schulden in Millionenhöhe angehäuft. Die Fotografin konnte sich aber aus dieser Lebenskrise herausarbeiten - und hat es wieder nach ganz oben geschafft. Ihr Geheimnis dahinter? "Arbeite hart, verbringe Zeit mit deiner Familie. Ich kann es nicht richtig auf einen Punkt bringen, so dass man es auf ein Kissen sticken könnte. Ich versuche, zum Abendessen zu Hause zu sein, aber ich bin nicht oft genug da. Manchmal fühle ich mich, als ob ich mich immer noch durchwurschtele und alles falsch mache, aber ich mache es auf meine Art und Weise."
Bisheriges Lebenswerk als Bildband
Annie Leibovitz hat nun für den Taschen Verlag eine Auswahl an Arbeiten zusammengestellt, das mittlerweile vier Jahrzehnte umspannt. Der Bogen reicht von ihren frühen Reportagen für den "Rolling Stone" über die aufwendig inszenierten Porträt- und Coverfotos für Magazine wie "Vanity Fair" und "Vogue". Das anfangs in einem streng limitierten Sumo-Version veröffentlichte Buch ist nun auch in einer unlimitierten Ausgabe erhältlich. Die Fotografin blickt darin auf ein über 40-jähriges Schaffen zurück, das gleichzeitig auch das politische und kulturelle Weltgeschehen dokumentiert. „Das Buch ist sehr persönlich und erzählt seine Geschichte mit den Mitteln der Popkultur. Es ist nicht chronologisch geordnet, und es ist keine Retrospektive. Es ist eher so etwas wie eine Achterbahnfahrt“, wird Leibovitz in einer Presseaussendung vom Verlag zitiert.
INFOS: Annie Leibovitz, 556 Seiten, XXL-Format, 125 Euro. Taschen Verlag. Ab 30. Oktober 2022 verfügbar. Vorbestellungen unter www.taschen.com
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