Amazon greift nach Bestseller-Autoren: Neue Front im Kampf ums Buch
Es gab zuletzt aus dem Buchhandel allerlei gute Nachrichten - aber es dräut bereits neues Ungemach, das das Gefüge von Autoren, Verlagen und Buchhandlungen nachhaltig aus dem Gleichgewicht bringen könnte.
Zuerst zum Guten: In Österreich wuchs man, nach langjähriger Durststrecke, 2019 um 1,6 Prozent. Besonders stark wuchs der Markt dort, wo es drauf ankommt, bei den Kinder- und Jugendbüchern.
Die von vielen (zu Unrecht) gefürchteten eBooks blieben ein Nischenprodukt.
Und das Wildern von Amazon bei Kunden und Marktanteil des stationären Buchhandels schien schön langsam an Grenzen zu stoßen: Man verlor zwar weiter Kunden an den Onlineriesen, die verbliebene Kundschaft aber lud den Kauf im Buchgeschäft mit kulturpolitischer Ernsthaftigkeit auf. Und die Buchhandlungen selbst begannen zu ernten, was sie mit mehr Kundenfreundlichkeit und Beratung, mit originelleren Angeboten und Varianten im Sortiment gesät hatten.
Es ist immer noch keineswegs leicht für Buchhandlungen und Verlage. Der Weltuntergang, der in Sachen Buch so gerne ausgerufen wird, scheint aber vorerst einmal abgeblasen.
Gegenspieler
Aber es droht bereits neues Ungemach. Denn Amazon als großer Gegenspieler macht nun in den USA eine weitere Front auf, die noch weiter ins Kerngeschäft der Buchverwertungskette reicht als bisher: Laut Wall Street Journal tritt Amazon nun erstmals als direkter Partner von Bestsellerautoren auf.
Schon lange hat sich Amazon als Plattform für Autoren positioniert, die weder Verlage noch Buchhandlungen an ihrer Seite hatten. Amazons Eigenverlag verhalf ursprünglich jener Art Literatur zu Lesern, die die Inhaltshürden des Verlagswesens zumeist nicht überspringt.
Das hat dementsprechend den Buchhandlungen und den Verlagen wenig(e) Sorgen bereitet. Wo Autoren von dieser Plattform aus wirklich erfolgreich wurden und ihre Bücher regulär veröffentlichten, schnitt der Handel dann ohnehin mit.Nun aber greift Amazon nach dem, was wirklich Geld bringt: Bestseller-Autoren wie Dean Koontz und Patricia Cornwell publizieren ihre aktuellen Bücher direkt über Amazon. Amazon hat die Werke als One-Stop-Shop erworben, veröffentlicht und vermarktet. „Amazon bot den komplettesten Marketing-Plan“, sagt Cornwell laut Wall Street Journal.
Die Details sind unbekannt. Aber es wird den Autoren wohl mehr von den Einnahmen bleiben. Denn Amazon schöpft nur das Obers ab.
Traditionelle Verlage entwickeln Autoren und müssen über Erfolge auch zahlreiche Misserfolge anderer Bücher mitfinanzieren. Das erspart sich Amazon: Das digitale Selbstpublikationsgeschäft für die unbekannten Autoren ist für Amazon kaum mit Kosten verbunden – aber mit Chancen auf Gewinn, sollte ein Autor erfolgreich werden.
Verlage hingegen investieren viel Geld in Autoren, um deren Bücher zu drucken und in die Läden zu bringen. Nur mit ganz wenigen dieser Autoren verdienen Verlage letztendlich Geld – mit den Bestsellern. Wenn Amazon aber genau diese Autoren wegkauft, schöpft der Internetriese jene Gewinne ab, die die Verlage durch ihre Investition ermöglicht haben. Und die Buchbranche – eigentlich die Literatur als Ganzes – sieht sich mal wieder vor neuen Herausforderungen.
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