Als Wien das Zentrum des globalen Mädchenhandels war

Bordellchefin Regine Riehl (Maria Hofstätter) steht wegen Freiheitsberaubung vor Gericht.
Doku über Frauenhandel um 1900 in ORF2: "Aufstand im Bordell".

Frühling in Wien, 1902: Die 16-jährige Wiener Arbeitertochter Marie König läuft von ihrem prügelnden Vater davon – und direkt in die Arme einer Kupplerin, die sie gegen eine Vermittlungsprovision ins "Maison Riehl", dem damals bekanntesten Freudenhaus Wiens in der Grünentorgasse 24 bringt. Statt des versprochenen "selbstbestimmten Lebens in Reichtum" erlebt Marie dort Sklaverei: Die Türen sind verschlossen, psychische und körperliche Gewalt sind an der Tagesordnung. Ihr Vater kassiert von Bordellbesitzerin Riehl eine monatliche Zahlung. Drei Jahre später vertraut sich Marie dem Journalisten Emil Bader an, der die Zustände im „Salon Riehl“ öffentlich macht und die Bordellbetreiberin vor Gericht bringt.

Der als Riehl-Prozess in die Geschichte eingehende Fall, über den auch Karl Kraus berichtet hat, wurde verfilmt und ist heute Abend um 21.05 Uhr in ORF2 zu sehen. Für die "Universum History"-Neuproduktion mit dem Titel "Aufstand im Bordell – Frauenhandel um 1900" wurden einige auf den originalen Prozessakten basierende Szenen nachgestellt – unter anderem mit Maria Hofstätter in der Rolle von Regine Riehl.

Sittenbild

Die von Regisseur Stefan Ludwig umgesetzte Produktion dokumentiert den damals von Wien aus agierenden Mädchenhandel und gibt jenen Akteurinnen eine Stimme, die zu den am meisten diskriminierten und unsichtbarsten Gruppen gehören: den Sexarbeiterinnen.

Der Film zeichnet ein Sittenbild nach, das in Wien um die Jahrhundertwende vorherrschte: Die boomende Monarchie-Metropole ist damals Schauplatz einer riesigen Elends- und Gelegenheitsprostitution, von der die polizeilich tolerierten Bordelle nur die Spitze des Eisbergs ausmachen. Prostitution ist zwar illegal, aber geduldet: Die Mehrheit der Gesellschaft betrachtet sie als „notwendiges Übel“ für die sexuellen Bedürfnisse der Männer. Um den Schutz vor Geschlechtskrankheiten zu gewährleisten, überwacht die Polizei die Prostituierten und zwingt sie zu regelmäßigen ärztlichen Untersuchungen. Feministinnen laufen Sturm gegen dieses System der Doppelmoral. Sie wollen die Prostitution abschaffen, anstatt sie staatlich zu regulieren.

Mutige Frauen

Nach der ZiB2 folgt mit „Die mutigen Frauen von Karachi“ ein weiterer Beitrag zum Thema Frauenrechte, die der ORF im Rahmen des mehrtägigen Programmschwerpunkts zum Weltfrauentag (am 8. März) programmiert hat. In dieser trifft ORF-Reporterin Rosa Lyon vier Frauen, die in Pakistan durch ihren Mut und ihren beharrlichen Willen Berge versetzen und damit anderen Frauen Hoffnung geben.

Abgeschlossen wird der heutige Themenabend in ORF2 mit der preisgekrönten Dokumentation „Das Mädchenhaus“ über den Kampf gegen Kinderheirat in Indien.

 

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