Wieder die EU schuld: Zeit der Piefke ist vorbei

Axel Halbhuber über das durchwachsene Verhältnis der Österreicher zu den Deutschen und warum Urlaub in Deutschland ein Highlight sein kann
Axel Halbhuber

Axel Halbhuber

Bevor kommende Woche die Euro beginnt (und wir daher wieder annehmen, dass ganz Deutschland nur aus Fußballstadien besteht, was nur beinahe stimmt), wollen wir uns noch schnell der Vielfalt des Nordnachbarn widmen. Als Urlaubsland war uns Deutschland ja lange ziemlich suspekt, man fuhr aus beruflichen Gründen in die Berlins und Hamburgs und meinetwegen auch Kölns, man machte mal auf Kultur in der Semperoper oder auf Geschichte in der Ex-DDR und ganz besonders Interessierte verirrten sich an die Nord- oder Ostsee. Das wurde langsam anders und ich fürchte, auch das hat mit Fußball zu tun.

Den ersten Schritt im Abbau der ewig lächerlichen, aber doch ewig aufrechten Rivalität zwischen uns und denen brachte unsere EU-Mitgliedschaft. (Alleine dafür sollte man heute wählen gehen, finde ich!) Langsam wich der stets verbissen formulierte Begriff Piefke dem etwas lieblicher vorgebrachten Deitsch’n, heute fühlt es sich wirklich antiquiert und komisch an, wenn einer Piefke sagt.

Am längsten hielten sich die gut gehegten Ressentiments beim Kicken, bei der 1998er-WM hörte ich noch Bayern im türkischen Urlaubsclub neunzig Minuten lang „Kommeeeruun!!! Kommeeeruun!!!“ skandieren, weil Österreich gegen Kamerun spielte. Auch wir haben zu dieser Zeit zu allen möglichen gehalten, nur nicht zu die Deitsch’n. Die Dinge änderten sich – wie eh schon oft besprochen – mit der Weltmeisterschaft 2006, dem deitsch’n Sommermärchen. Weil sie bei dieser Heim-WM nicht gewonnen haben, aber dennoch gefeiert, fiel das Klischee vom verbissenen Planungsbesserwisser und alle hatten einander noch ein bisserl lieber.

Also fahren wir Ösis jetzt auch lieber auf Urlaub nach Deutschland. Die Städte sind nicht mehr nur Business, sondern hipper Citytrip, die Fachwerkstraßen und Rheinkreuzfahrten werden entdeckt, die Ostsee wird zur Strandurlaubsalternative – erstaunlich, was man zum Beispiel in Mecklenburg-Vorpommern erleben kann, von Sommerurlaub bis winterliche Naturphänomene. Man muss, siehe Route der Industriekultur, wirklich eines sagen: der Nordnachbar kann Vielfalt. Ich meine, hallo: Industriedenkmäler!? Wer so was als Highlights abseits des Erwartbaren inszeniert, macht schon was richtig.

So, und jetzt wählen und sich auf Fußball freuen.

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