Paaradox: Wir haben einen Vogel, Teil 2

Paaradox: Wir haben einen Vogel, Teil 2
Während sie den Stein der Weisen sucht, gerät er in einen ornithologischen Schwebezustand – den Leserinnen und Lesern sei’s gedankt.
Gabriele Kuhn

Gabriele Kuhn

Michael Hufnagl

Michael Hufnagl

Sie

Schon super: Kaum oute ich den Mann nebenan als Natur- und Vogelbeobachter und er mich als Frau mit einem Herz für Steine, erreichen uns viele gute Tipps von Leserinnen und Lesern. Was das für den Vogel des Herrn Hufnagl bedeutet, lesen Sie am besten drüben. Aber auch ich bin nun im Besitz des Steins der Weisen – in Form einer Liste, die mir per Mail zugestellt wurde. Ihr Titel: „Mineralien einfach bestimmen.“

So soll ich mir die Strichfarbe des Gesteins zu Gemüte führen, weiters die „Spaltbarkeit des Glanzes“, allenfalls wäre auch an eine Analyse der chemischen Zusammensetzung zu denken. Was im privaten Rahmen mit dem „Flammenfärbungstest“ funktionieren würde, bei entsprechenden Vorsichtsmaßnahmen.

Außerdem könnte das entschlossene Zertrümmern der Stücke zu Einsichten führen – weil ich von den Brucheigenschaften auf die Art des Gesteins schließen könne. Das brauche ich dafür: Bunsenbrenner, Säure, Hammer und eine Lupe.

Den Bunsenbrenner, bitte!

Nun, da stelle ich mir vor, wie ich Herrn Schatzi anrufe und bitte, er möge mir doch bitte einen schnuckeligen Bunsenbrenner irgendwo auf dem Weg von der Arbeit nach Hause mitnehmen und, wenn’s geht, auch gleich einen schicken Steinhammer.

Ein Himmelreich für sein Gesicht! Und dann visualisiere ich, wie ich – nur so, rein hobbymäßig – Steine zertrümmere, während er in aller Ruhe El Clásico schauen mag. Daher, liebe Mineraliensammler: Ich will das alles gar nicht.

Für mich haben Steine und Mineralien eine einzige Bedeutung: Sie schauen schön aus – und haben Geschichten. Zum Beispiel von romantischen Sonnenuntergängen an einem griechischen Strand aus der Zeit des Prähufnaglikums. Hach! Ich würde sie Ihnen ja gerne erzählen, aber der da drüben mag es nicht, wenn ich mich an Kostas, Kalamari und Kiesel erinnere. Verständlich: Ich möchte ja auch nicht, dass er davon schwärmt, wie mega die le-gen-däre Vogelbeobachtung mit Birte am Wattenmeer war.

gabriele.kuhn@kurier.at / facebook.com/GabrieleKuhn60

Er

Wer weiß, wie alles enden wird? Möglicherweise so, dass sich meine Frau mit zunehmendem Alter jeden Abend zurückzieht, um Magnetite, Granite und Kalzite unter dem Mikroskop zu betrachten, mit dem Härtetestbesteck (wie ich dieses Wort liebe) zu hantieren und mit Hilfe von hydrostatischen Waagen Orientierung in der Welt der Steine zu finden.

Gelegentlich beginnt sie dann Sätze (Wusstest du, dass Feldspat und Glimmer ...,), die ich vollende (... damals mühsamer Stoff für den Geo-Test waren, ja, weiß ich).  Weil ich nämlich nicht gestört werden will, wenn ich mich im Ohrensessel der Frage Wer piept denn da? widme  und  mein Buch  „Zen und die Kunst der Vogelbeobachtung“ lese.

Birdwatching

Unsere letzte Kolumne könnte diesbezüglich ein Wendepunkt gewesen sein. Die vielen Reaktionen der Leserschaft waren so hinreißend, dass ich in eine Art ornithologischen  Schwebezustand verfiel. Dabei hatte ich lediglich frohlockt, wie sehr ich das Tirilieren im Wald als Indiz für den sehnsüchtig erwarteten Frühling genoss.

Und schon wurde ich überhäuft mit Lektüre-Tipps,  App-Empfehlungen sowie allerlei Hinweisen auf Birdwatching-Ausflüge und spezielle Kurse, die Auf Gefiedersehen oder  Kain und Schnabel heißen. Das erzählte ich dankbar und stolz der Liebsten, aber die sagte nur: Wohnst du noch, oder fliegst du schon? Vermutlich hätte sie bestenfalls eine Abhandlung über den Stein-Adler aus der Reserve gelockt, mit den minneartig überbrachten Grüßen eines Michi von der Vogelweide hingegen war gnä Kuhn nicht zu überzeugen.

Dabei hatte Leser Ronald K. seine Nachricht an mich – von Beobachter zu Beobachter quasi – mit den Worten beendet: „Mit binokularen Grüßen.“ Nachdem er mir das Angebot seiner Expertise in Kombination mit einem Umtrunk gemacht hatte. Was bedeuten könnte, dass ich im Sommer irgendwann vielleicht meiner Frau ihre Steinzeit gönne und mich mit den Worten verabschiede: „Schatzi, ich geh’ einen zwitschern.“

michael.hufnagl@kurier.at / facebook.com/michael.hufnagl9

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