Kralicek geht essen: Die Sportkantine

Während Sport ohne Essen nicht leben kann, kommt Essen ganz gut ohne Sport aus – nur, dass das dann dick macht.
Wolfgang Kralicek

Wolfgang Kralicek

Essen ist ein denkbar unsportlicher Vorgang, und von Sport wird man nicht satt. Sport und Essen sind ein denkbar ungleiches Paar, ihr Beziehungsstatus ist die Dauerkrise. Während Sport ohne Essen nicht leben kann, kommt Essen ganz gut ohne Sport aus – nur, dass das dann dick macht. Dazu kommt: Essen und Sport sind Gegensätze, die einander anziehen. Sichtbares Zeichen dafür ist die Sportkantine.

Die klassische Sportkantine trifft man auf Sportplätzen in der Vorstadt oder auf dem Land an. In der Basisversion gibt’s neben Bier und Spritzer nur Wurstsemmeln, Chips und Mannerschnitten; etwas anspruchsvollere Varianten haben auch warme Speisen (Würstel) im Angebot, wenn man Glück hat, wird gegrillt. Es gibt aber auch Kantinen, die eigentlich keine Kantinen mehr sind, sondern richtige Gasthäuser, die kaum Wünsche offenlassen – außer vielleicht den nach ausgewogener, eventuell sogar fleischloser Kost.

Das nämlich haben die meisten Sportkantinen gemeinsam: Die Küche ist eher traditionell, Cholesterin wird hier größer geschrieben als Vitamin. In einer Ottakringer Tennishalle gab’s ein Restaurant, das sich – kein Witz! – „Fitnessteller“ nannte. Ich habe dort nie jemanden etwas essen gesehen, und inzwischen gibt es das Lokal nicht mehr. Warum ist das Essen in der Sportkantine oft so ungesund? Das hat vermutlich mit dem „moralischen Konto“ zu tun, das wir unterbewusst führen. Eine wissenschaftliche Studie hat ergeben, dass Menschen, die Bio-Produkte kaufen, unmittelbar danach unmoralischer handeln – weil ihnen der bewusste Einkauf das Gefühl gibt, sich das „leisten“ zu können. Ähnlich könnte es auch mit den Sportlerinnen und Sportlern sein, die sich nach einem anstrengenden Match oder einer schweißtreibenden Fitnesseinheit mit einem kühlen Bier oder einem herzhaften Fleischlaberl „belohnen“.

Andere Frage: Gibt es einen Zusammenhang zwischen Sportart und Sportkantine? Es wäre ein interessantes Experiment, den Probanden Fotos von Sportkantinen vorzulegen und sie dann einer Sportart zuordnen zu lassen. Ist etwa das Essen im Tennisclub feiner als auf dem Fußballplatz? Sollte man meinen, aber da kann man sich täuschen. Auf dem Sportplatz zeigt der Mensch sich, wie er wirklich ist – und zwar unabhängig davon, welchen Sport er macht. Danach lässt er sich auch in der Sportkantine gerne gehen. Wann, wenn nicht jetzt? Nie isst man sein Schnitzel reueloser als nach dem Work-out. Fitnessteller sollen Unsportliche bestellen. Die Sportkantine ist ein Widerspruch in sich, das macht ihren herben Charme aus.

Und wie passen VIP-Clubs in den großen Fußballstadien in dieses Bild, wo am warmen Buffet von Haubenköchen zubereitete Speisen locken und statt Bier aus dem Plastikbecher erlesene Weine aus der Bouteille gereicht werden? Gar nicht. Aber so ein VIP-Club hat nun wirklich nichts mehr mit Sport zu tun.

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