Kurzes Posting – und viele Gedichte sind gekommen
Erfinder der LockdownLyrik-Bewerbe ist der Berliner Fabian Leonhard. Gemeinsam mit sechs anderen jungen Literatur-Interessierten mit obendrein sozialem Anspruch gründete er im November 2020 – also in down ge-lock-ten Zeiten den Trabanten Verlag. Wie’s dazu kam, das erzählt er dem Kinder-KURIER am Telefon.
„Ich schreib selber seit drei Jahren Gedichte, hab dann im Herbst meinen ersten Band veröffentlicht – und 3000 Exemplare in acht Wochen verkauft.“ Das ist für einen Lyrikband ganz schön viel- und weit mehr als erwartet.
Im Jänner diesen Jahres schrieb der Verlags-Mitgründer und Dichter auf Instagram ein kurzes Posting, in dem er die Community bat, Gedichte zu schreiben, wie und was jeder und jedem zum Lockdown einfällt. Er versprach, diese dann zu teilen. Mehr war da anfangs nicht. „Schon am ersten Tag sind 200 Gedichte gekommen“, wovon sich der Initiator überwältigt zeigte.
Das Verlags-Team beschloss dann spontan, „das Ding größer zu machen, wir haben einen eigenen Account und eine Website angelegt und es entstand die Idee, aus den besten 100 Texten – in einer Mischung aus unterschiedlichen Perspektiven und Stilrichtungen - ein Buch zu drucken und von Anfang an war klar, wir wollen einen Teil der Einnahmen einer sozialen Einrichtung zukommen lassen, wir haben uns eine Obdachlosenhilfe, die Berliner Stadtmission, ausgesucht.“
Innerhalb von drei Wochen langten 1400 Gedichte ein, darunter auch welche von Kindern und Jugendlichen. So kamen wir auf die Idee, ein komplett eigenes Buch mit deren Texten zu machen, aber dafür auch einen eigenen Bewerb zu starten.
Der junge Verlag ist zwar auf Lyrik spezialisiert, da diese aber im deutschsprachigen Raum eher ein zartes Pflänzchen sind, der Verlag aber auch ökonomisch überleben will, soll auch anderes publiziert werden. Die starke Resonanz seiner Initiative lässt Fabian Leonhard hoffen, dass der Lockdown vielleicht auch Gedichten zu mehr Wachstum verhelfen könnte. „Wo die Menschen mehr Zeit haben, diese meist kurze literarische Form zu lesen, aber eben auch zu schreiben.“
Der studierte Germanist und Historiker – da schreibt er gerade seine Masterarbeit über die Geschichte des Kapitalismus – hatte in der Studienzeit begonnen, Kurzgeschichten zu schreiben. „Mit einem Kommilitonen habe ich mich regelmäßig donnerstags getroffen, wir haben uns gegenseitig unsere Texte gezeigt und darüber ausgetauscht.“
Später begann er dann mit den Gedichten. Und im November folgte dann eben die Verlagsgründung. „Wir sind ein gemischtes Team, die einen schreiben, andere kümmern sich um Finanzen oder Marketing. Wir wollen aber alle Bücher machen, nicht nur um Geld zu verdienen, sondern auch einen Teil des Gewinns spenden. Von Anfang an war allen klar, wer die Gesellschaft verändern will muss auch als Unternehmen zwar Geld verdienen aber nicht um jeden Preis, sondern auch soziale Dinge machen.“
Dass die Verlagsgründung in einer doch eher – naja, um’s harmlos auszudrücken, nicht gerade einfachen Zeit erfolgte? „Da gab’s keine Skepsis, weil sich die ersten beiden Gedichtbände so gut verkauften. Vielleicht ist die Lyrik ja kein Verlierer von Corona. Nicht wenige Menschen beginnen in dieser Zeit, wo sie auf sich selber zurückgeworfen sind, ja nachzudenken, Gedichte zu lesen und wie sich gezeigt ja auch zu schreiben.“
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