Vier verschiedene Abstandsregeln für Ferienlager
Die Bundesjugendvertretung (BJV) ist „enttäuscht über den lange angekündigten Leitfaden für Sommerlager, den das Jugendministerium veröffentlicht hat“, heißt es in einer Aussendung der gesetzlichen Interessenvertretung von Kindern und Jugendlichen
„Man hat Jugendorganisationen lange in der Planung für ihre Sommeraktivitäten hingehalten und weitere Details angekündigt. Der aktuelle Leitfaden enthält aber nichts dergleichen, sondern geht an der Realität der Jugendarbeit vorbei und die Zeit wird immer knapper“, so Isabella Steger vom Vorsitz-Team der BJV.
Kritik an unterschiedlichen Abstandsregeln
Besonders kritisiert wird, dass es dem lange versprochenen Leitfaden zufolge bis zu vier verschiedene Abstandsregelungen gibt, die tagtäglich eingehalten werden müssen:
- Beim Essen gelten dieselben Regeln wie im Gastgewerbe – es muss kein Abstand gehalten werden.
- In der Freizeit bzw. bei Programmen ist mindestens 1 Meter Abstand sicherzustellen.
- Für die Schlaflager gelten 1,5 Meter Abstand.
- Bei sportlichen Aktivitäten könnte ein Mindestabstand von 2 Metern erforderlich sein.
Hatten detaillierten Fragenkatalog übermittelt
Auf pädagogische Qualität der Sommeraktivitäten wird aus Sicht der BJV mit diesem Leitfaden keine Rücksicht genommen.
„Die Kinder- und Jugendorganisationen haben bereits vor Wochen einen detaillierten Fragenkatalog übermittelt, der zeigt, wo die Probleme liegen. Im aktuellen Leitfaden ist davon nichts zu lesen“, zeigt sich Steger verärgert.
Die BJV hat sich mit ihrer Expertise wiederholt bei der Regierung eingebracht und war im Austausch mit verschiedenen Ministerien. Leider wurden die Vorschläge zu wenig angenommen. „Es wundert uns daher nicht, dass jetzt viele Fragen unbeantwortet bleiben und der Leitfaden den Jugendorganisationen nicht weiterhilft. Die Jugendorganisationen stehen jetzt weiter vor der großen Frage, wie sie ihre Angebote unter diesen Auflagen gut durchführen können.
Erleichterungen gefordert
Die BJV fordert jetzt Ministerin Aschbacher (u.a. für Jugend zuständig) und ihren für Gesundheit verantwortlichen Kollegen Anschober auf, mit der kommenden Verordnung noch Erleichterungen für die Durchführung von Sommerlagern zu gewährleisten: „Uns allen liegt die Gesundheit der Kinder und Jugendlichen am Herzen. Die aktuell niedrigen Infektionszahlen sprechen jedoch dafür, bei der nächsten Verordnung noch Erleichterungen zu schaffen. Denn Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf unbeschwerte Sommermonate. Die psychischen Belastungen aufgrund der Einschränkungen sind aus kinderrechtlicher Sicht nicht vertretbar“, betont Steger und konkretisiert:
Als Gästegruppen betrachten
„Unser Vorschlag, dass Jugendgruppen als Gästegruppen kategorisiert werden und daher keinen Abstand einhalten müssen, wurde leider bisher nicht aufgegriffen. Auf einem Sommerlager bei dem Kinder und Jugendliche ein bis zwei Wochen miteinander verbringen, sind Abstandsregeln einerseits praktisch schwer einhaltbar und stellen andererseits die BetreuerInnen vor pädagogisch nicht sinnvoll lösbare Herausforderungen. Sommerlager stellen in vielen Fällen eine isolierte Gemeinschaft dar, welche kaum mit Personen außerhalb der Gruppe in Kontakt kommen. Die VeranstalterInnen haben alle Daten der Kinder schnell griffbereit, wodurch die Nachverfolgung der Kontaktpersonen bei einer aus heutiger Sicht ohnehin sehr unwahrscheinlichen Infektion rasch erfolgen kann. All das spricht für eine Aufhebung der Abstandsregeln bei Sommerlagern.“
Absagewelle droht
Sollten die restriktiven Vorgaben bleiben, droht die Absage hunderter Sommerlager und Feriencamps in Österreich, befürchtet die BJV. „Ein geringeres Angebot an Sommeraktivitäten geht letztlich zu Lasten der Kinder und Jugendlichen im Land, die ohnehin in den letzten Monaten eine sehr schwierige Zeit hatten“, bedauert Steger.
Ungewissheiten
Nicht nur Jugendorganisationen, sondern auch viele Eltern sind jetzt in Bedrängnis, weil sie nach wie vor nicht wissen, wie sie die Kinderbetreuung in der Ferienzeit bewerkstelligen sollen. „Dass knapp vier Wochen vor Ferienbeginn immer noch Unsicherheiten für die Kinderbetreuung herrschen, zeigt die geringe Wertschätzung der Regierung für Kinder und Familien und ist einfach inakzeptabel“, so die Sprecherin der Bundesjugendvertretung abschließend.
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