"Kinderlebensmittel": So wird um die kleinen Kunden gekämpft

Kinderlebensmittel sind sehr umstritten
Viele Kinderlebensmittel verkaufen sich trotz ihres schlechten Rufes gut. Dahinter steckt eine raffinierte Marketingstrategie.

Mini-Würstchen, Kinderfruchtjoghurts oder Tierkekse: Kinderlebensmittel gibt es inzwischen in allen Supermärkten. Laut dem Forschungsinstitut für Kinderernährung (FKE) in Dortmund gab es im Jahr 1997 80 Kinderlebensmittel auf dem Markt. 2014 waren es schon etwa 400. Und ihr Anteil steigt weiter.

Eine groß angelegte Studie der Universität Duisburg-Essen (UDE), soll nun erforschen, welche Einstellung Erwachsene zu Kinderlebensmitteln haben. Denn obgleich Kinderlebensmittel einen schlechten Ruf genießen, verkaufen sie sich sehr gut. Bisherige Studien zeigen dabei, dass die Emotionalisierung von Eltern und Kindern dabei eine wichtige Rolle spielt.

Kindgerechtes Marketing

Denn die Entscheidung zum Kauf geht heute in vielen Fällen nicht mehr alleine von den Eltern aus. Kinder im Volksschulalter haben häufig schon ihr eigenes Geld zur Verfügung und begleiten ihre Eltern bei deren regelmäßigen Einkäufen in den Supermärkten. Dort legen sie das eine oder andere Produkt selbstständig in den Einkaufswagen. Deshalb versuchen die Lebensmittelhersteller das Produkt, die Verpackung und die Werbung kindgerecht zu gestalten.

Laut der Leiterin Öffentlichkeitsarbeit des deutschen Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde und Autorin des Buches "Marketing für Kinderlebensmittel", Manon Struck-Pacyna, würden dafür die Lebenswelten der Kinder genau analysiert: Welche Serien- und Zeichentrickfiguren sind gerade besonders beliebt? In welcher Altersgruppe sind welche Hobbies vertreten (beispielsweise finden Jüngere häufig Märchen und Zirkus toll, Ältere eher Sport und Musik)? Durch die Verknüpfung der Produkte mit den Lebenswelten der Kinder würde eine psychologische Wirkung bei den Kleinen hervorgerufen. Diese würden vermittelt bekommen, dass ein bestimmtes Produkt genau für sie gemacht wäre.

Vor allem Zucker und Fett

Eine große Rolle spielt auch die Wirkung von Farben. So gilt es als bewiesen, dass bunte, herausstechende Farben bei Kindern besser ankommen. Nebenbei soll den Eltern beim Kauf von Kinderlebensmitteln das Gefühl gegeben werden, ihrem Kind etwas Gutes zu tun

Die Lebensmittelkonzerne verkaufen die Produkte werbewirksam mit Slogans wie "Kalzium stärkt die Knochen" oder "Folsäure trägt zur Verringerung der Müdigkeit bei". Laut Konsumentenschützern würden viele Kinderlebensmittel aber lediglich mit Vitaminen und Mineralstoffen versetzt werden, um den Eltern eine gesundheitsfördernde Wirkung der angebotenen Waren zu suggerieren. Dabei wären die Hauptbestandteile in den meisten Fällen Zucker und Fett.

„Kinderlebensmittel“ – eine Wortkreation

Der Begriff "Kinderlebensmittel" ist an sich schon ein Kunstprodukt: Für entsprechende Produkte gibt es weder auf EU-Ebene noch in den österreichischen Gesetzen eine Regelung. Nur spezielle Lebensmittel für Säuglinge und Kleinkinder, wie etwa Säuglingsmilchnahrung oder Babybreie, sind gesetzlich reglementiert.

Laut FKE kann ein Produkt als Kinderlebensmittel definiert werden, wenn es mit der Aufschrift "für Kinder" oder "für Kids" wirbt, die Verpackung auffällig gestaltet ist (z.B. Comicfiguren etc.), Beigaben wie Aufkleber, Sammelbilder oder Spielfiguren zum Kauf motivieren und die Werbung des Herstellers speziell an Kinder gerichtet ist.

Nicht empfehlenswert

Produkte, die diese Kriterien erfüllen, finden sich im Lebensmittelbereich sehr häufig im Bereich Süßigkeiten, Milchprodukte, Frühstückssnacks und Brotaufstriche, aber auch bei Wurst, Käse, Backwaren oder Convenience-Produkten. Lebensmittel dieser Kategorien, die mit "speziell für Kinder" angepriesen werden, werden von den Konsumentenschützern regelmäßig scharf kritisiert. So hat etwa die Arbeiterkammer Steiermark nach dem Vorliegen einer Studie unter dem Namen "Kinderlebensmittel unter der Lupe" nur 16 Produkte zu mäßigem Konsum und 36 Produkte zu sparsamem Konsum empfohlen. Keines der insgesamt 52 Produkte konnte für reichlichen Konsum empfohlen werden. Auch laut dem Verein für Konsumenteninformation (VKI) komme bei Lebensmitteln dieser Kategorie "Gesundheit hauptsächlich in den Werbetexten vor".

Ausgewogene Ernährung ist ausreichend

Dabei sind Kinderlebensmittel grundsätzlich nicht nötig für Kinder. "Grundsätzlich kann und sollte der Bedarf an Nähr- und Mineralstoffen über eine ausgewogene und abwechslungsreiche Mischkost abgedeckt werden“, heißt es im Magazin Konsument. Durch die Produktaufmachung und Werbung von Kinderlebensmitteln dürften sich Eltern täuschen lassen. Helfen kann bewussten Einkaufen mit Blick auf die Zutatenlisten und Nährwertkennzeichnungen der Lebensmittel.

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