Acht Jahre nach der Eröffnung erstrahlt Wiens erster Vapiano in neuem Look. Entertainment-Experte Christian Mikunda beschreibt das neue Konzept als "3. Ort".
Matteo Thun gilt als Erfinder des Olivenbaums. Mindestens 100 Jahre alt muss er sein. Ein paar Oliven dürfen noch dran hängen. Und genügsam muss er sein, denn Sonne wird er nie wieder in seinem Leben sehen. Österreichs älteste Vapiano-Filiale, jene in der Wiener Theobaldgasse, darf sich seit gestern sogar mit zwei Olivenbäumchen schmücken. Die deutsche Restaurant-Kette verpasste sich eine sanfte Modernisierung ihres Designs. Hellere Farben, mehr Grün, mehr Holz. Hinter dem Design- und Farbkonzept, inklusive des Olivenbäumchens, steht der Mailänder Star-Architekt Thun.
Als vor 12 Jahren in Hamburg der erste Vapiano seine Toren öffnete, hatte niemand eine Erfolgsstory vorhergesagt. Wozu in ein Schnellrestaurant gehen, wenn es an jeder Ecke einen Italiener gibt. Aber das Konzept ging auf: Alleine in Österreich erwirtschaften die zehn Standorte einen Umsatz in der Höhe von 24,2 Millionen Euro im Jahr.
Fast möchte der Gast vergessen, dass es sich hier um Systemgastronomie handelt. Ein Konzept, das sich auf beliebige Standorte multiplizieren lässt. Immer mit dem gleichen Angebot. Wie Mc Donald's. Vapiano selbst hat mit dem Begriff der Systemgastronomie kein Problem, aber "vorne hinaus" sei man "individueller". Soll heißen: Der Gast bastelt sich seine perfekte Pasta oder seine perfekte Pizza selber zusammen, wenn gewünscht. Dieses Stückerl spielt's bei McDonald's nicht.
Chill & Joy
Seit Kurzem gehört auch ein vertikales Kräuterbeet zu den Wiedererkennungsmerkmalen. Das Unternehmen wollte das mediterrane Lebensgefühl stärker einbringen. Für Entertainment-ExperteChristian Mikundaein stimmiges Konzept: "Die Leute hinter Vapiano sind Design-affin. Abeseits des hektischen Alltags verspüren die Menschen eine große Sehnsucht nach Entspannung. Solche Designs wecken das sogenannte Hochgefühl Chill. Aus diesem Grund boomen Lounges im kulinarischen Bereich." Für Mikunda stehen die Olivenbäume und die Basilikum-Töpfe als Referenz für die italienische Slow Food-Bewegung. Slow steckt übrigens auch im Namen Vapiano – übersetzt 'geh langsam'.
Der Marketing-Experte ortet aber noch ein zweites Hochgefühl, nämlich "Joy". An der meterlangen Holztafel über der offenen Schauküche sollen witzige Sprüche zum Schmunzeln einladen. Mikunda erinnert sich an folgenden Spruch zurück "Wenn ein Architekt einen Fehler macht, lässt er Efeu darüber wachsen. Wenn ein Arzt einen Fehler macht, lässt er Erde darauf schütten. Und wenn ein Koch einen Fehler macht, gießt er ein wenig Sauce darüber und sagt, dies sei ein neues Rezept." In Wien darf natürlich ein Nestroy-Spruch nicht fehlen: "Der Mensch ist gut, aber die Leut' sind a Gsindel." Die Botschaft dahinter: Wir nehmen uns selber nicht so ernst, nimm Dir Zeit und lach doch wieder.
Der 3. Ort
Die Zeiten, in denen Fastfood-Restaurants auf unbequeme Sessel vertrauten, um die Gäste möglichst schnell wieder aus dem Lokal zu bringen, sind vorbei. Den Anfang machte Starbucks: Aller Unkenrufe seitens der Wiener Kaffeehäuser zum Trotz setzte Starbucks in Österreich auf kommodeFauteuils. Und drehten diese mitten in der Auslage Richtung Straße.Die Gäste schauen nicht nur für den "Coffee to go" vorbei, sie bleiben sitzen und lesen Zeitungen.
Auch McDonald's, für viele Genuss-Feind Nummer eins, entdeckt die Langsamkeit für sich. Nach der Eröffnung der McCafés plant die US-Fastfood-Kette nun Supermarkt-Regale. "We are the place between office and home: Auf diese Weise entwickelt sich Systemgastronomie zum 3. Ort. Der erste Ort ist die Wohnung, der 2. Ort ist der individuell gestaltete Arbeitsplatz. Diese Orte laden Menschen dazu ein, sich emotional aufzuladen. In Wien haben die Museen übrigens nichts anderes gemacht: Hier geht es nicht nicht nur darum, sich die neueste Ausstellung anzusehen, sondern Gastronomie und coole Merchandising-Shops zu erleben."
Zukunft heißt Eataly
Für den Entertainment-Experten ist das Abenteuer Systemgastronomie noch lange nicht zu Ende, das Konzept der Zukunft heißtEataly. In den USA boomt die Mischung aus Edel-Greißlerei und Bistro. Hier spielen Essen und Einkaufen einen gleichberechtigten Part. Kein Wunsch bleibt offen: Wer nicht gleich eine Reservierung bekommt, kauft einen Rotwein, schenkt sich ein Glas ein und schlendert mit dem Glas in der Hand zwischen die Verkaufsregale durch.
Auch bei Vapiano darf der Gast die Weinflasche kaufen und mitnehmen, das hat sich aber noch nicht herumgesprochen.
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